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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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stellte – eine Bürgermiliz, die nur in Zeiten des Krieges, bei Bränden oder einer anderen großen Gefahr gemeinsam antrat. Sie wurde mit den Glocken der Kirchen zusammengerufen. Als ein weiteres Dutzend Soldaten vom Alten Kornmarkt her über den Domplatz rannte, ahnte der Medicus, dass ein solcher Fall eingetreten war.
    »Wo können die nur hinwollen?«, flüsterte Magdalena und presste sich weiter an die Hauswand, während die Büttel nur wenige Meter von ihnen entfernt nach Süden marschierten. »Die werden doch nicht alle uns suchen, oder?«
    Simon zuckte mit den Schultern. »Glaub ich nicht. Aber ich kann auch kein Feuer entdecken, und ein Krieg ist ja wohl kaum ausgebrochen. Vielleicht wollen sie das Bettlerversteck ausräuchern? Die Richtung stimmt schon mal.«
    »Da ist irgendwas faul«, murmelte Magdalena. Sie nahm Simon an der Hand und zog ihn auf den mittlerweile wieder menschenleeren Platz vor dem Dom. »Komm, wir gehen hinterher und sehen mal nach.«
    »Das ist viel zu gefährlich!«, zischte Simon. »Glaub mir, der Palast des Bischofs ist für uns der einzig sichere Ort. Wir sollten auf dem schnellsten Weg …«
    »Ach was«, unterbrach ihn Magdalena. »Das ganze Leben ist gefährlich. Jetzt komm schon.«
    Seufzend folgte ihr Simon, und der rettende Bischofshof verschwand hinter ihm in der Dunkelheit. Stattdessen bogen sie in die Judengasse ein, an deren Ende der Neupfarrplatzmit seiner schmucklosen protestantischen Kirche lag. Als sie gerade auf den offenen Platz hinaustreten wollten, bemerkten sie eine Gruppe von fast dreißig Stadtbütteln, die wild gestikulierend in der Mitte standen und aufgeregt nach Süden deuteten. Noch immer läuteten schrill die Glocken, etliche Bürger hatten bereits ihre Fensterläden weit geöffnet und begafften von ihren sicheren Logen aus das Spektakel unter ihnen.
    »Ich muss wissen, was die Wachen vorhaben«, flüsterte Magdalena. »Lass uns näher heranschleichen.«
    Simon kannte seine Freundin mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er in einer solchen Situation nicht widersprechen durfte. Es gab eine bestimmte Falte auf ihrer Stirn; wenn die sich kräuselte, war Magdalena nicht mehr zu halten. Daher kniete er sich genau wie sie auf das schmutzige, mit Pferdemist gesprenkelte Steinpflaster, in der Gewissheit, dass nun auch sein letztes Paar Hosen rettungslos verloren war. Im Schutz der Dunkelheit robbten sie bis an den Schein der Fackeln heran.
    Die Männer vor ihnen waren keine ausgebildeten Soldaten, es waren Bürger, die unter ihrem eilig übergezogenen Kürass teilweise noch die Nachthemden und den Schlafrock trugen. Ihre Haare waren verstrubbelt, die Gesichter bleich und verängstigt. In ihren Händen hielten sie Spieße, Degen und Armbrüste, von denen die meisten verrostet waren und aus einem anderen Jahrhundert zu stammen schienen. Es waren Bäcker, Zimmerer, Metzger und einfache Leinweber, und alle sahen aus, als könnten sie sich etwas Schöneres vorstellen, als mitten in der Nacht der Rede eines ihrer Wachtherren zu lauschen.
    »Bürger, hört mir zu«, begann ein bärtiger älterer Mann, der im Gegensatz zu den anderen wenigstens halbwegs kampferprobt wirkte. Mit der rechten Hand umklammerteer eine über zwei Schritt lange Hellebarde, deren Spitze im Fackelschein gefährlich glitzerte. »Wie manche von euch vielleicht wissen, ist das Schongauer Monstrum, der Kehlenschlitzer und Blutsäufer, vergangene Nacht aus seiner Zelle ausgebrochen. Doch damit nicht genug, gestern Mittag hat der Mörder auch noch den Bäckermeister Haberger erwürgt und die Marie Deisch in ihrer eigenen Badstube auf grausigste Art und Weise hingemetzelt …«
    Ängstliches Gemurmel setzte ein, der Wachtherr hob beschwichtigend die linke Hand.
    »Glücklicherweise ist der Mann jetzt entdeckt worden. Er treibt sich irgendwo unten beim Peterstor herum. Mit eurer Hilfe werden wir ihn heute endgültig in die Hölle zurückschicken! Ein dreifaches Hoch auf unsere starke und wehrhafte Stadt!«
    Offenbar hatte der alte Wachtmeister mit Jubelrufen gerechnet, doch die Menge vor ihm blieb seltsam still. Einige flüsterten miteinander, dann hob ein junger Bursche, der seinen fleckigen Landserhelm schief auf dem Kopf trug, zaghaft die Hand.
    »Stimmt es, dass das Monstrum seinen Opfern die Kehle mit den Zähnen durchbeißt und ihr Blut trinkt?«
    Dem alten Hauptmann blieb kurz der Mund offenstehen, mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet. »Äh … soviel ich weiß, hat er ein Messer

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