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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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benutzt, aber …«
    »Es heißt, dieser Kuisl ist ein Werwolf, der sich in der Nacht in ein haariges Untier verwandelt und kleine Kinder frisst«, meldete sich ein anderer. »Fünf Dirnen hat er schon gerissen und ihr Blut gesoffen. Wie sollen wir denn so einen Dämon mit unseren rostigen Degen und Armbrüsten jagen? Wahrscheinlich fliegt er uns auf und davon!«
    DieUmstehenden stimmten ihm lautstark zu. Weiter hinten schienen ein paar Ängstliche kurz davor, den Heimweg anzutreten.
    »Unsinn!« Der Wachtherr stampfte mit seiner Hellebarde auf, um für Ruhe zu sorgen. »Dieser Kuisl ist ein Mensch wie jeder andere auch. Aber er ist ein Mörder, und deshalb werden wir ihn heute einfangen und der Justiz übergeben, verstanden? Das ist eure gottverdammte Pflicht als Bürger dieser Stadt!« Er ließ seinen Blick drohend über die Schar blasser, unrasierter Männer schweifen. »Ihr könnt euch natürlich gerne freikaufen. Aber glaubt mir, ich werde mich beim Schultheiß dafür einsetzen, dass sich die Summe gewaschen hat.«
    So ganz schienen die Bürger noch nicht überzeugt, aber zumindest ließen sie sich jetzt von dem Hauptmann in einzelne Gruppen einteilen.
    »Turmeier und Schwendner, ihr geht rüber ins Ostnerviertel«, begann er mit befehlsgewohnter Stimme. »Poeverlein und Bergmüller, ihr nehmt euch das Wittwangerviertel vor. Die anderen …«
    Magdalena hörte nicht mehr zu. Sie wandte sich an Simon, der ebenso wie sie die Rede des Wachtherren mit offenem Mund belauscht hatte.
    »Allen Heiligen sei Dank, der Vater hat tatsächlich fliehen können!«, flüsterte die Henkerstochter. »Aber jetzt wollen sie ihm auch noch zwei weitere Morde in die Schuhe schieben!«
    Simon runzelte die Stirn. »Und wenn er wirklich …? Ich meine, vielleicht hat sich dieser Bäckermeister ihm in den Weg gestellt …«
    »Und eine Baderin hat er auch noch über die Klinge springen lassen?«, schnaubte Magdalena. »Manchmal glaub ich, du hältst meinen Vater wirklich für ein Monstrum.Kein Wort glaub ich diesem aufgeblasenen Wachmann! Solange mein Vater hier in der Stadt ist, werden die ihn doch für alles Mögliche verantwortlich machen!« Sie dämpfte ihre Stimme wieder. »Wahrscheinlich versteckt er sich irgendwo, in einem Schuppen oder einem verlassenen Garten. Gut möglich, dass er verletzt ist. Wir müssen ihm auf der Stelle helfen!«
    »Und wie willst du das machen?«, fragte Simon leise zurück. »Wir wissen doch genauso wenig wie die Wachen, wo er sich zurzeit aufhält. Willst du vielleicht herumlaufen und laut seinen Namen brüllen?«
    Magdalena dachte kurz nach, dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.
    »Der Gedanke ist gar nicht mal so schlecht«, sagte sie. »Pass auf, ich erklär dir, wie wir’s anstellen.«
    In hastig geflüsterten Sätzen weihte sie Simon in ihren Plan ein.
    Jakob Kuisl lehnte sitzend an der niedrigen verfallenen Mauer und versuchte die drohende Ohnmacht niederzukämpfen. Die frische Luft tat ihm gut, trotzdem spürte er, dass er mit seinen Kräften am Ende war. Die Flucht aus dem Petersturm hatte ihm den Rest gegeben, aber wenigstens hatte er seine Verfolger kurzzeitig abschütteln können. Die Männer waren an ihm vorbeigehastet, ohne ihn zu bemerken. Kuisl hatte ihre Stimmen gehört, auch die des dritten Fragherrn war darunter gewesen. Für einen kurzen Augenblick hatte der Henker mit dem Gedanken gespielt, aufzustehen und ihn allein mit seiner gesunden rechten Hand zu erwürgen; doch Gott sei Dank war er dafür zu schwach gewesen.
    Nun kauerte er in einem zugewachsenen Garten irgendwo in Regensburg und versuchte langsam zur Ruhe zukommen. Noch war nichts verloren, er konnte noch immer zu Philipp Teuber gehen. Wenn nur das verdammte Schwindelgefühl endlich nachlassen würde!
    In diesem Moment ertönten die Sturmglocken, und Jakob Kuisl wusste sofort, dass sie ihm galten. Die Büttel der einzelnen Viertel wurden alarmiert, nicht mehr lange, und sie würden ihn hetzen wie Hunde einen jungen Fuchs. Er versuchte sich aufzurichten, brach aber sofort wieder zusammen. Erst im dritten Anlauf gelang es ihm, halbwegs gerade stehen zu bleiben. Mit letzter Kraft setzte er sich in Bewegung und tat vorsichtig einen Schritt nach dem anderen.
    Kuisl kletterte über die niedrige, von Rosenbüschen eingewachsene Mauer und versuchte sich zu orientieren. Das Peterstor, das nur unweit von ihm hinter den Dächern aufragte, lag im Süden der Stadt. Irgendwo in nördlicher Richtung musste demnach Teubers Haus

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