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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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verdächtigen.«
    Jakob Kuisl nickte, doch er wirkte noch immer wie versteinert. Gedankenverloren strich er über die Brusttasche in seinem Hemd. »Ist gut«, brummte er nach einer Weile. »Also packt mit an.«
    Gemeinsam hoben sie den fetten Mönch hoch und trugen ihn zurück zum Braukessel, wo er blubbernd in der braunen Brühe versank. Doch immer wieder tauchte sein Kopf an der von dümpelnden Hopfendolden bedeckten Oberflächeauf. Erst als Jakob Kuisl ein paar Getreidesäcke hinterhergeworfen hatte, war von dem Braumeister nichts mehr zu sehen.
    Zufrieden wischte sich Kuisl die nassen Hände an seiner von Blut und Dreck verschmutzten Hose ab, ganz so, als hätte er soeben ein totes Stück Vieh zum Schinder gebracht. Simon schauderte. Er vergaß immer wieder, dass sein zukünftiger Schwiegervater ein Meister des Tötens war. Als Henker hatte er vermutlich mehr Tote gesehen, als Äpfel an einem Baum hingen. Der leere Blick in Kuisls Augen machte Simon Sorgen. Was hatte nur auf dem Stück Papier gestanden, das der Henker so schnell wieder weggepackt hatte?
    Mit einem Mal fiel dem Medicus wieder ein, warum sie eigentlich in dieser Nacht unterwegs gewesen waren.
    »Wir sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden«, flüsterte er. »Am besten sofort. Ich schlage vor, dass wir den Bischofshof verlassen und uns in irgendeiner der Ruinen aus dem Großen Krieg im Westen der Stadt verstecken. Wenn sich die Lage dann ein wenig beruhigt hat, versuchen wir zu fliehen.«
    »Die Wachen des Bischofs werden uns wohl kaum mit einem Bückling hinausspazieren lassen«, knurrte Kuisl teilnahmslos. Sein Gesicht war noch immer blass, in Gedanken schien er an einem anderen Ort zu verweilen.
    Simon grinste. »Ausnahmsweise habe ich mal eine gute Nachricht. Magdalena und ich haben seit gestern den Bischofshof nach möglichen Fluchtwegen ausgekundschaftet. Hinten im Brauhaus sind wir auf eine zugemauerte Tür gestoßen, die offenbar noch aus der Römerzeit stammt.« Er deutete auf den rückwärtigen Bereich des Gewölbes, wo sich die Bierfässer fast bis zur Decke stapelten. »Die Tür grenzt direkt an die große Straße nördlich desBischofshofs. Wir haben bereits ein paar der Steine weggeräumt und einen Luftzug gespürt. Die Pforte scheint tatsächlich ins Freie zu führen.«
    »Zeigt sie mir«, brummte Jakob Kuisl.
    Magdalena und Simon führten ihn in eine Nische des Brauhauses hinter einem Stapel Fässer, wo sich auf dem Wandputz die Umrisse eines kleinen mannshohen Portals abzeichneten. Einige Mauersteine waren bereits herausgebrochen worden, aus dem schwarzen Loch wehte ihnen eine nach Unrat und Fäkalien stinkende Brise entgegen. Nie hätte Simon gedacht, dass er diesen Geruch einmal als angenehm empfinden würde.
    Es war der Geruch der Stadt.
    »Sucht ihr Proviant zusammen«, sagte Kuisl. »Ich werd in der Zwischenzeit schon mal die Steine hier rausbrechen. Stück für Stück, damit keiner was hört.«
    »Ist das nicht ein bisserl viel für dich, Vater?«, fragte Magdalena mitfühlend. »Simon meint, du solltest dich schonen, und …«
    »Wenn ich eine Amme brauche, sag ich dir Bescheid«, knurrte der Henker. »Solang ich noch Knochen brechen kann, drück ich dir auch so eine dünne Mauer ein.«
    Magdalena grinste, ihr Vater schien wirklich auf dem Weg der Besserung.
    »Hab ja nur gefragt«, sagte sie. »Wir sind gleich wieder da. Tu den Steinen nicht zu sehr weh, ja?«
    Gemeinsam mit Simon eilte sie durch das Gewölbe und schlüpfte schließlich links durch einen schmalen Durchlass in die Küche des Braumeisters. Draußen herrschte eine mondhelle Nacht, durch ein kleines Fenster konnte Magdalena eine Wache erkennen, die müde auf ihrem Spieß lehnte. Doch der Büttel war zu weit weg, als dass er sie in der Küche erkennen konnte. Geräucherte Würste undduftende Schinkenkeulen hingen von der Decke. Auf einem Sims am Fenster standen Körbe mit Obst und frisch gebackenem Brot, daneben lehnten handschriftliche Kochbücher und ein altes, zerschlissenes Herbarium.
    »Dieser fette Braumeister hat wirklich was vom Essen verstanden.« Magdalena nickte anerkennend und pflückte sich ein paar Würste vom Haken. »Es tut mir wirklich leid um ihn. Ich bin sicher, er war ein feiner Kerl.«
    Simon seufzte. »Das war er. Ich hab ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn da mit reingezogen habe. Ich hätte ihn niemals …«
    »Für dein schlechtes Gewissen haben wir jetzt keine Zeit«, unterbrach ihn Magdalena flüsternd. »Spar dir deine

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