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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Mühle. Eine Mühle, die abseits der Stadt liegt und wo man ungestört seiner Arbeit nachgehen kann. Die Mühle auf dem Wöhrd!«
    »Hmmm, nicht dumm.« Silvio betrachtete ihn interessiert.»Aber hätte es nicht auch eine Mühle außerhalb sein können? In einem der Vororte, sagen wir?«
    »Die Säcke haben Euch verraten.« Trotz seiner misslichen Lage musste Simon beinahe lächeln, als er sah, wie der Venezianer sich auf die Lippen biss. »Ich war vor einiger Zeit schon einmal hier. Im Keller des Baders standen die gleichen Leinensäcke wie in der Mühle. Grauweiß, verzurrt mit schwarzen Bändern. Erst heute früh ist es mir wieder eingefallen. Was habt Ihr mit dem Wöhrd-Müller gemacht? Ihn bestochen oder umgebracht?«
    Silvio zuckte mit den Schultern. »Das war nicht notwendig. Er ist einer von uns, in unserer gottgesegneten Bruderschaft hat jeder seine Aufgabe.« Er zählte mit den Fingern auf. »Der Bader Hofmann war für die Zucht des reinen Mutterkorns zuständig, ein paar treue Bauern bauen es an, der Wöhrd-Müller mahlt das Korn, und der Bäcker rührt damit seinen Teig an. Jeder weiß bei uns, wo er hingehört.«
    »Nur leider haben der Bader Hofmann und der Bäckermeister Haberger plötzlich Gewissensbisse bekommen«, erwiderte Simon trotzig. »Also mussten sie beseitigt werden.«
    Silvio verzog angewidert den Mund. »Traurige, aber leider unvermeidliche Vorsichtsmaßnahmen. Die Sache ist zu wichtig, Zauderer sind da fehl am Platz.« Der venezianische Gesandte beugte sich zu Magdalena hinunter und streichelte ihr übers Haar. »Das Einzige, was uns jetzt noch fehlt, ist jemand, der das Mutterkorn am eigenen Leib erprobt. Zunächst haben wir es nur an Ratten und Katzen ausprobiert.« Er lächelte. »Allerdings mit sehr zufriedenstellendem Ergebnis. Die Tiere fingen an zu zucken und im Kreis zu tanzen, doch einige starben bedauerlicherweise. Später habe ich dann einige Mädchen gefunden,die sich bereiterklärten, der Wissenschaft zu Diensten zu sein.«
    Magdalena zuckte zusammen. »Die verschwundenen Dirnen«, keuchte sie. »Das wart Ihr! Ihr habt ihnen Mutterkorn gegeben, bis sie daran verreckt sind! Vermutlich habt Ihr sie unten im Keller Eures Hauses eingesperrt und dort gemästet wie Vieh.«
    Silvio Contarini runzelte die Stirn. »Was für ein hässliches Wort. Ganz ehrlich, ich wollte sie nicht umbringen. Uns genügt der Wahnsinn, den Massenmord überlassen wir den Heerführern. Aber die Dosis war leider noch zu hoch. Ich bin allerdings sicher, dass wir das mittlerweile in den Griff bekommen haben.« Er strich Magdalena über die Haare. »Ein letztes Experiment. Dann sind wir am Ziel.«
    Simon fielen die merkwürdigen Käfige ein, die sie unten in der Alchimistenküche gefunden hatten. Die Erdkübel im Hinterhof, das Kräuterbuch oben in der Apothekerkammer … Hofmanns Haus war ein einziges großes Labor gewesen! Ob der Bader auch von den Experimenten an den Dirnen gewusst hatte? Vielleicht war das der Grund gewesen, warum Andreas Hofmann nicht mehr hatte mitmachen wollen.
    »Bockfüßiger Teufel, du! Du bist doch narrisch!« Magdalena spuckte Silvio ins Gesicht, so dass der Speichel sein aufgetragenes Rouge verschmierte. »Eine ganze Stadt willst du vergiften! Männer, Frauen, Kinder! Wer bist du? Ein religiöser Eiferer? Ein kriecherischer Papist, der nicht damit leben kann, dass Regensburg protestantisch ist? Oder hast du etwa selbst schon vom Mutterkorn probiert?«
    »Die Zeit des Adels und der Patrizier ist vorüber«, begann der Gesandte salbungsvoll und wischte sich mit seinemSpitzentaschentuch die Spucke von der Wange. »Nun beginnt die Zeit der freien, arbeitenden Menschen. Die Zeit der Handwerker und Bauern.« Er hob die Stimme, so dass ihn auch seine weiter entfernt stehenden Männer hören konnten. »Für das Jahr 1666 haben die Propheten die Wiederkehr Christi verkündet. Wir wollen dem Heiland einen würdigen Empfang bereiten. Wenn die Stadt dem Wahnsinn verfällt, werden wir Freien in Regensburg die Herrschaft übernehmen. Schon bald …« Doch Simon ließ ihn nicht ausreden.
    »Hört auf mit diesem Schmarren!«, zischte er. »Wiederkehr Christi! Freie, arbeitende Menschen! Das glaubt Euch doch eh keiner! Ihr seid doch selbst einer von diesen blasierten Adligen, die die Freien vom Erdboden tilgen wollen. Von wegen! Eure Pläne sind ganz andere, Silvio Contarini.« Mit schmalen, zu einem Lächeln verzogenen Lippen musterte er den Venezianer, dessen Gesicht plötzlich merkwürdig

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