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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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am schönsten war? Wie du dich auf der Streckbank hin und her gewälzt hast wie ein sabbernder Krüppel. Deine Verzweiflung, weil du nicht wusstest, wer dir das alles eingebrockt hat. Fast bin ich ein wenig beleidigt, dass du meine Stimme nicht mehr erkannt hast. Wo wir doch so viel gemeinsam erlebt haben.« Er schnalzte mit der Zunge. »Schade, dass du immer wieder vor mir wegläufst. Zuerst in der Fragstatt, und dann auch noch im Dirnenhaus. Wir hätten uns die Mädchen teilen sollen. So wie früher.«
    » Er ist der dritte Fragherr!«, sagte Philipp Teuber. »Ich wollt es dir schon die ganze Zeit sagen. Karl Gessner sitzt als Regensburger Floßmeister im Äußeren Rat! Die Dicke Thea weiß von ihren Kunden aus dem Rathaus, dass er alles dafür getan hat, um bei deiner Tortur dabei zu sein.«
    Gessner nickte und baumelte mit den Beinen über der Fensterbrüstung. »War gar nicht so einfach. Diese fetten Patrizier verteidigen ihre Pfründe auf Teufel komm raus. Aber letztendlich haben sie doch eingewilligt. Schließlich hab ich bei den einfachen Leuten einigen Einfluss.«
    »Ichhätt’s mir denken können, als mir der Simon von diesen Freien erzählt hat und dass du ihr Oberhaupt bist«, knurrte Kuisl. »Leute aufwiegeln, das hast du schon immer gekonnt! Und dann diese Geschichte mit dem Stein der Weisen. So einen Schafscheiß kannst auch nur du dir ausdenken!«
    Karl Gessner zuckte mit den Schultern. »Ich musste diesen neunmalklugen Medicus eben ablenken. Sonst hätte er noch erfahren, was es wirklich mit dem Pulver auf sich hat. Er ist mir auf den Leim gegangen und wird von nun an brav alles berichten, was er rausfindet.« Er lächelte. »Der kleine Quacksalber ist halt doch nicht so schlau, wie er selbst von sich denkt.«
    »Was hast du mit diesem Pulver zu schaffen?«, fragte Kuisl.
    »Nichts, was uns zwei etwas angeht, Jakob.«
    Plötzlich sprang Karl Gessner aus dem Fensterloch in die Tiefe und landete auf einem von Efeu überwachsenen Grabhügel. Sein sehniger Körper spannte sich wie der einer Katze, mühelos federte er sich ab. Mit kraftvollen Schritten näherte er sich den zwei Henkern, die ihn abwartend musterten.
    »Aber weil du nun mal gefragt hast, will ich dir auch eine Antwort geben«, fuhr er fort. »Das Pulver ist ein Gift. Ein Gift für eine ganze Stadt.«
    Kuisls Blick verharrte auf dem Schwertknauf, der hinter dem Rücken des Floßmeisters auf und ab wippte. Es war der Griff eines Katzbalgers, mit schlangenförmiger Parierstange und breiter, stumpf zulaufender Klinge. Im Zweikampf war dieses Schwert eine bei Landsknechten begehrte Waffe, die verheerende Wunden schlagen konnte.
    Vor allem wenn der Gegner nur einen rostigen Degen hat , dachte Kuisl.
    Gessnergriff über die Schulter, zog den Katzbalger und betrachtete sein Spiegelbild in dem polierten Eisen.
    »Ein einflussreicher Mann brauchte meine Hilfe«, sagte er leise. »Ich habe ihn bei einer meiner Schmuggelfahrten auf der Donau kennengelernt. Er war sehr erfreut darüber, dass ich als Oberhaupt der Freien über eine kleine heimliche Armee verfüge.« Gessner lächelte und fuhr mit dem Daumen über die Schneide des Katzbalgers. »Seit Jahren arbeite ich daran, diesen feisten Patriziern und blasierten Adligen das Rückgrat zu brechen. Was in den großen Bauernkriegen vor hundert Jahren begann, wird nun endlich vollendet. Ein neues Zeitalter beginnt! Wenn das hier vorbei ist, werde ich reicher und mächtiger sein als der ganze Regensburger Stadtrat zusammen.«
    Gessner ließ den Katzbalger durch die Luft zischen. Trotz seines Alters von fast fünfzig Jahren wirkte er noch genauso geschmeidig wie ein Jüngling. Seine Augen waren blau, die Zähne fast glänzend weiß.
    Wie früher , dachte Jakob Kuisl. Er hat sich überhaupt nicht verändert. Böse und wahnsinnig wie ein tollwütiger Hund. Nur, dass er jetzt einen anderen Namen trägt …
    »Philipp Lettner!«, flüsterte der Henker. »Ich hab dich damals aufgehängt. An einer alten Eiche, genau hier in Weidenfeld. Du kannst nicht mehr leben. Wer bist du? Ein Geist?«
    Der Mann, der Philipp Lettner hieß, grinste. »Du hast recht, Jakob. Lettner ist tot. Doch an jenem Tag vor fünfundzwanzig Jahren wurde Karl Gessner geboren. Karl wie mein kleiner Bruder, den du neben mir aufgeknüpft hast. Gessner wie ein reicher, fetter Flößer, dem ich ein paar Tage später die Kehle durchgeschnitten habe. Ich hab sein Floß und seine Waren genommen und bin nach Regensburg gegangen.«
    Plötzlichriss er

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