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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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gereinigt. In diesem Aufzug würde er nun die kommenden Wochen durch Regensburg streifen müssen. Ein Gedanke, der Simon umso mehr zuwider war, als ihm einfiel, wie herausgeputzt der kleine Venezianer gestern Nacht gewesen war. Er konnte nur hoffen, dass die blauen Flecken in seinem Gesicht mittlerweile nachgelassen hatten. In seinem jetzigen Zustand sah er vermutlich aus wie ein kleiner gefährlicher Kneipenschläger.
    Ohne die schnarchende Magdalena zu wecken, verließ erhumpelnd die Kammer und ging nach unten in die leere Wirtsstube, wo er sich aus einem Krug Dünnbier einschenkte. In einer Schüssel entdeckte er noch einen harten Kanten Brot. Zwei Betrunkene dösten auf der Ofenbank, vor einem dampfenden Topf saß eine Gestalt, die Simon erst auf den zweiten Blick erkannte. Es war der Regensburger Floßmeister, den sie gestern kennengelernt hatten.
    Karl Gessner lächelte und winkte Simon, näher zu kommen.
    »Ah, der kleine Quacksalber von der Floßlände! Wusste ich doch, dass wir uns schon bald wiedersehen würden!« Sein Lächeln verschwand plötzlich. »Verzeihung, ich bin taktlos. Ihr habt zurzeit sicher genug Sorgen.« Er schob den Topf mit Linsensuppe in die Mitte, so dass der Medicus sich bedienen konnte.
    »Dieser Doppelmord … er war für uns beide ein schwerer Schlag«, sagte Simon stockend und tunkte sein hartes Brot in die Suppe. »Wir haben gedacht, dass mir der Hofmann vielleicht eine Stelle gibt. Wir … wir wollten hier neu anfangen. Und dann das!« Er schüttelte den Kopf. »Jetzt haben sie auch noch den Vater von Magdalena eingesperrt, weil er’s gewesen sein soll. Das ist einfach lächerlich!«
    »Und? Was habt ihr jetzt vor?«
    Simon schluckte das mittlerweile weiche Brot hinunter, bevor er antwortete. »Wir werden wohl erst mal hier im ›Walfisch‹ bleiben. Es muss eine Möglichkeit geben zu beweisen, dass Magdalenas Vater unschuldig ist. Der Mord im Baderhaus …« Er stockte, weil er nicht wusste, wie viel er dem Floßmeister erzählen sollte. Schließlich sprach er leise weiter. »Ihr kennt Euch doch hier in Regensburg aus. Sagt, habt Ihr keine Ahnung, wer hinter dem Mord stecken könnte? Da stimmt doch was nicht. Das Haus wargestern noch bewacht, ganz so, als ob es ein düsteres Geheimnis hütet. Könnt Ihr uns nicht weiterhelfen?«
    Karl Gessner zuckte mit den Schultern. »Ihr beide wisst sicher, dass das Haus gestern Nacht bis auf die Grundmauern abgebrannt ist. Wenn da also irgendetwas Merkwürdiges war, dann ist davon nichts mehr übrig.«
    »Aber vielleicht ist Euch ja vorher etwas zu Ohren gekommen?«, hakte Simon verzeifelt nach. »Irgendetwas, das Magdalenas Vater entlasten könnte!«
    Mitleidig sah ihn Karl Gessner an. »Tut mir leid, als Floßmeister sitz ich zwar im Äußeren Rat. Aber was den Mord an dem Baderpaar angeht, bin ich machtlos. Da haben andere das Sagen. Ich weiß nur, dass man Eurem Kuisl schon bald den Prozess machen wird.« Er schwieg und stocherte in seiner Suppe herum, doch Simon spürte, dass ihm Gessner noch etwas mitteilen wollte.
    »Die Welt ist nun mal ungerecht«, murmelte der Floßmeister endlich. »Und oft erwischt es auch die Falschen. Aber es ist nicht an euch zu entscheiden, was gut und was richtig ist.«
    Simon sah den anderen stirnrunzelnd an. »Was wollt Ihr damit sagen?«
    Karl Gessner wischte den letzten Rest Suppe mit Brot aus und stand auf. »Seid vernünftig und mischt euch nicht in Sachen ein, die zu groß für euch sind. Noch ist es Zeit, wieder heimzufahren. Einen schönen Tag noch. Und grüß mir dein Mädchen.«
    Er legte eine Kupfermünze auf den Tisch, verbeugte sich leicht und verschwand ohne ein weiteres Wort nach draußen.
    Simon blieb noch eine Weile sitzen und grübelte über Gessners letzte Worte nach. Was hatte der Floßmeister bloß damit gemeint, man solle sich nicht einmischen ? Welches Spiel wurde hier gespielt?
    Schließlichgab der Medicus auf. Wenn es etwas herauszufinden gab, dann sicher nicht hier an einem zerkratzten, einsamen Tisch in einer billigen Kaschemme. Seufzend machte Simon sich auf den Weg ins Freie, wo ihm die Morgensonne in die Augen stach. Er brauchte ein wenig frische Luft, um auf andere Gedanken zu kommen, auch wenn sein Fuß noch schmerzte. Noch einmal gingen ihm die Ereignisse des gestrigen Tages durch den Kopf. Irgendjemand hatte dem Schongauer Henker eine Falle gestellt. Nur wer und warum? Ihr gestriger Einbruch im Baderhaus hatte Simon verraten, dass jemand dort etwas gesucht hatte. Und

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