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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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klang ernst, als er mit Simon sprach.
    »Was können wir tun?«
    Simon hatte Mühe, ihm in die Augen zu sehen. »Ich will ehrlich mit Euch sein, Schreevogl«, sagte er. »Ich kann ihr Wickel machen und einen Tee, aber das ist auch schon alles. Ansonsten können wir nur warten und beten.«
    »Heiliger Primus, heiliger Felicianus, helft uns bei Not und Krankheit!« Maria Schreevogls Stimme bekam etwas Schrilles. Sie zog eine Kette mit Heiligenamuletten hervor und legte sie Clara um den Hals.
    »Das wird sie auch nicht gesund machen, Weib«, sagte Jakob Schreevogl. »Koch lieber einen Tee mit Lindenblüten. Ich glaube, die Köchin hat noch welche in der Küche.«
    Maria Schreevogl eilte klagend nach draußen, und Simon beugte sich wieder über Clara.
    »Ich werde ihre Brust mit einer Salbe einreiben«, sagte er. »Ein Rezept des Henkers. Bergminze, Rosmarin und Gänsefett. Das wird wenigstens den Husten lindern.«
    Er machte Claras Brust frei und fing an, sie mit der Salbe einzustreichen. Die Kette mit den Heiligenbildern ließ er an ihrem Platz, schaden konnte sie in keinem Fall.
    Während er Clara einrieb, fiel Simons Blick auf die einzelnen Anhänger an der Kette, silberne Münzen, auf denen jeweils eine Figur und ein Name eingraviert waren. Wie in der Altenstadter Basilika waren auf den Amuletten verschiedene Schutzheilige abgebildet. Die heilige Barbara, der heilige Quirin, der heilige Georg und natürlich die heilige Walburga,die Schutzpatronin der Kranken und Wöchnerinnen. Aber auch eher unbekannte waren darunter. Simon las den Namen des heiligen Ignatius, der über die Kinder wachte und bei schweren Geburten half. Außerdem gab es noch den heiligen Primus und den heiligen Felicianus, zu denen Maria Schreevogl vorher gebetet hatte.
    Plötzlich hörten Simons Hände auf, sich zu bewegen. Er rieb nicht mehr Claras Brust ein, sondern griff nach den beiden Amuletten an der Kette vor ihm und starrte auf die Namen.
    Heiliger Primus, heiliger Felicianus …
    Kalt wie Eisklumpen lagen die Amulette in seiner Hand. Wie hatten sie nur so blind sein können?
    Mit belegter Stimme wendete er sich an Jakob Schreevogl. »Könnten wir uns einen Augenblick in Euere Bibliothek zurückziehen?«
    Der Patrizier zog die Augenbrauen hoch. »Glaubt Ihr, dort auf eine Arznei gegen die Krankheit zu stoßen? Ich muss Euch enttäuschen. Mein Sortiment an medizinischen Büchern ist leider begrenzt.«
    Simon schüttelte den Kopf. »Ich suche eher ein Heiligenbrevier.«
    »Ein Heiligenbrevier?« Jakob Schreevogl sah ihn erstaunt an. »Ich glaube, meine Frau hat so etwas. Aber warum …«
    »Lasst uns in die Bibliothek gehen«, sagte Simon. »Hier können wir im Moment ohnehin nichts mehr tun. Sollten meine Überlegungen stimmen, dann kaufe ich Clara schon bald die beste Medizin im ganzen Pfaffenwinkel. Und Euch einen in Blattgold gefassten Paracelsus. Darauf habt Ihr mein Wort.«
     
    Jakob Kuisl trat einen schweren Gang an, fast kam er sich vor wie ein armer Sünder auf dem Weg zum Schafott. Der gestrige Kaffee hatte ihn zwar über den schlimmsten Kater hinweggeholfen, trotzdem fühlte sein Kopf sich noch immeran wie ein mit Steinen gefüllter Mehlsack. Aber es waren nicht die Kopfschmerzen, die ihn am meisten zu schaffen machten. Es war sein gebrochener Eid.
    Als der Büttel Johannes sah, in welcher Stimmung sich Kuisl befand, machte er freiwillig Platz und ließ den Henker in die Fronfeste.
    »Ein Haufen Arbeit, was?«, rief er ihm hinterher. »Wird ein blutiges Schauspiel, das Rädern am Samstag. Ich hoff, die Leut kriegen was zu sehen! Brich ihm jeden Knochen, ja, Henker? Ich hab zwei Heller gewettet, dass der Scheller noch am nächsten Tag schreit.«
    Jakob Kuisl ignorierte ihn und stapfte direkt auf die Zelle des Räuberhauptmanns und seiner Bande zu. Ein kurzer Blick genügte ihm, um festzustellen, dass im Gegensatz zum letzten Mal Decken, Wasser und frisches Brot vorhanden waren. Auch der kranke Junge machte heute einen besseren Eindruck, die Medizin schien geholfen zu haben.
    Hans Scheller stand mit verschränkten Armen direkt hinter den Gitterstäben. Als sich der Scharfrichter näherte, spuckte der Räuberhauptmann ihm mitten ins Gesicht.
    »Galgen, hä?«, knurrte er. »Eine saubere, schnelle Sach, pah! Von wegen! Schön langsam wird’s gehen, ein Schlag nach dem anderen. Und dir hab ich vertraut, einem dreckigen Henker!«
    Jakob Kuisl wischte sich langsam die Spucke aus dem Gesicht. »Es tut mir leid, das kannst du mir glauben

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