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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Stell dir ganz kleine Tierchen vor, die ...«
    »Kleine Tierchen?« Das Gesicht der Frau wurde noch eine Spur blasser. »In meinem Alois?«
    Simon seufzte. »Vergiss es und begrab ihn einfach.« »Aber der Boden ist gefroren, wir werden warten müssen, bis ...«
    Es klopfte. Simon blickte sich um und sah einen kleinen verdreckten Jungen in der Tür stehen, der ihn mit einer Mischung aus Angst und Respekt ansah.
    »Seid Ihr der Schongauer Medicus? «, fragte er schließlich. Simon nickte. Insgeheim freute er sich über die Anrede, denn für die meisten Bürger war er noch immer nichts weiter als der verwöhnte Sohn des hiesigen Arztes, ein Geck und Schönling, dem das Geld auf der Ingolstädter Universität ausgegangen war.
    »Die ... die Schreevogls schicken mich«, sagte der Junge. »Die Clara hustet und spuckt Rotz und Schleim, soll ich sagen. Ihr möchtet so schnell als möglich vorbeikommen. «
    Simon schloss die Augen zu einem stummen Gebet. »Nicht die Clara«, murmelte er. »Mein Gott, nicht die Clara!«
    Er griff nach seiner Arzttasche und eilte, nachdem er sich mit kurzen Worten von der Bauersfamilie verabschiedet hatte, dem Jungen hinterher. Auf dem Weg zum Marktplatz, wo die Schreevogls wohnten, musste Simon immer wieder an Clara denken. So viel war in den letzten Tagen geschehen, dass er sie ganz vergessen hatte! Üblicherweise stattete er seiner kleinen Freundin mehrmals wöchentlich einen Besuch ab. Und jetzt war sie krank, vielleicht hatte sie auch dieses verfluchte Fieber!
    Maria Schreevogl erwartete ihn bereits unten am Eingangsportal. Wie so oft machte sie einen blassen, aufgeregten Eindruck. Simon hatte nie verstehen können, was der Patrizier an dem bigotten, manchmal etwas hysterischen Weibsbild fand; der Medicus vermutete, dass bei der Heirat auch finanzielle Interessen im Spiel gewesen waren. Maria Schreevogl war eine geborene Püchner und kam damit aus einem alten einflussreichen Schongauer Ratsherrengeschlecht.
    »Sie liegt oben in ihrem Zimmer!«, klagte die Patriziergattin. »Jungfrau Maria und alle Heiligen, lasst es nicht dieses Fieber sein! Nicht bei meiner Clara!«
    Simon eilte die breite Treppe nach oben und betrat das Zimmer des kranken Mädchens. Clara lag hustend in ihremBett, ihr blasses Gesicht schaute unter einer dicken Daunendecke hervor. Neben ihr am Bettrand saß mit besorgtem Blick ihr Stiefvater Jakob Schreevogl.
    »Gut, dass Ihr so schnell kommen konntet, Fronwieser«, sagte er und stand vom Bett auf. »Wollt Ihr etwas trinken, vielleicht einen Kaffee?«
    Simon schüttelte den Kopf und blickte besorgt auf den Patrizier, der ihn mit leeren Augen anstarrte. Der Ratsherr wirkte wie in Trance. Erst gestern Abend war er mit dem Henker von ihrem gemeinsamen Begleitzug für Karl Semer zurückgekommen. Die Nachricht von der Krankheit seiner Tochter hatte ihn sichtlich erschüttert.
    Simon beugte sich zu Clara hinunter.
    »Clara, ich bin’s, der Simon«, flüsterte er. Doch Clara zeigte keine Reaktion, ihre Augen waren geschlossen, ihr Atem ging schnell. Im Schlaf gab sie gelegentlich ein rasselndes Husten von sich. Der Medicus legte ein Ohr auf ihre Brust und horchte auf den Rhythmus ihrer Atemzüge.
    »Wie lange hat sie das schon?«, fragte Simon und versuchte, das Weinen und Wimmern der Ratsherrin zu übertönen, die mit ihm ins Zimmer gekommen war. Ihre Finger betasteten unablässig einen Rosenkranz.
    »Seit gestern erst«, sagte Jakob Schreevogl. »Das Fieber kam am Abend, sehr schnell. Seitdem ist sie nicht mehr ansprechbar. Herrgott, Weib, sei doch endlich still!«
    Die Gebete von Maria Schreevogl verstummten. »Hat sie das Fieber, Simon?«, fragte sie mit überschlagender Stimme. »Ihr wißt es doch! O gütiger Herrgott, hat sie es?« Sie sah den Medicus mit großen Augen an.
    Simon zögerte. Der schnelle Ausbruch der Krankheit, der rasselnde Husten, das hohe Fieber. Alles deutete darauf hin, dass Clara sich tatsächlich mit der Seuche angesteckt hatte. Zum wiederholten Mal verfluchte der Medicus sich, dass er Magdalena nicht hatte bitten können, ihm einige Ingredienzien in Augsburg zu besorgen. Vielleicht hätten die Apothekendort sogar das Jesuitenpulver gehabt! Aber dafür war es jetzt zu spät.
    Als Simon weiter schwieg, war das für die Patrizierin ein Zeichen.
    »Heilige Barbara, ich werde sie verlieren!«, jammerte sie. »Heiliger Quirin, hilf!« Sie fiel auf die Knie und fing wieder an, den Rosenkranz zu beten.
    Ihr Mann versuchte sie zu ignorieren. Seine Stimme

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