Die Henkerstochter und der schwarze M�nch
geraten. Alles in allem …«
»Ihr habt es die ganze Zeit gewusst!«, unterbrach ihn Simon, der mittlerweile seine Sprache wiedergefunden hatte. »Schon von Anfang an waren wir nur Eure dummen Lakaien, die für Euch den Schatz finden sollten. Ihr habt uns damals absichtlich die Verkaufsurkunde hier im Kloster gezeigt, damit wir selber unsere Schlüsse ziehen!«
Der Abt zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Ich wusste, dass Ihr schlau und neugierig seid, Simon Fronwieser. Ihr habt mit dem Henker den Eingang zur Krypta gefunden, und Ihr habt schon des Öfteren bewiesen, dass Ihr schneller denkt als die meisten; wie ein junger Hund, der einen Knochen sucht, schnüffelt und stöbert Ihr in allen Ecken herum. Ich weiß das zu schätzen.« Bonenmayr lächelte milde, bevor er fortfuhr: »Als Ihr nach Steingaden kamt,habe ich kurz überlegt, Euch die Urkunde zu verweigern. Aber dann dachte ich mir, warum sollte ich ihn nicht nach seinem Knochen graben lassen? Meine Mitbrüder waren immer unbemerkt in Eurer Nähe. Nur der Henker war mir zu gefährlich. Also habe ich dafür gesorgt, dass er mit anderen Dingen beschäftigt war.«
Simon stöhnte. »Ihr also habt den Gerichtsschreiber Lechner beauftragt, Jakob Kuisl auf Räuberjagd zu schicken!«
»Nicht direkt. Aber das Ergebnis lässt doch nichts zu wünschen übrig, nicht wahr?« Der Abt sah befriedigt durch die nun kristallklaren Linsen seines Kneifers. »Die Räuber sind auf dem Schafott, wir haben den Schatz, und die Stadt hat auch noch ein wenig dran verdient.«
Nun hatte sich offenbar auch Benedikta von ihrem Schrecken erholt. »Euer Besuch bei der Beerdigung meines Bruders ... «, sagte sie und sah den Abt zornig an. »Ihr wart nur da, um zu überprüfen, wie weit wir mit der Rätselsuche sind. Mein Bruder hat Euch einen Dreck geschert!«
Der Abt wirkte fast ein wenig traurig. »So ist es nicht. Der Tod Eures Bruders war, wie gesagt, bedauerlich. Ich wollte ihm die letzte Referenz erweisen, er hatte es verdient.« Er lächelte. »Außerdem dachte ich, ich könnte Simon ein wenig von unserem Treiben ablenken, indem ich Koppmeyers Schwester zur Hauptverdächtigen mache.«
Benedikta sprang auf, als wollte sie dem Abt an die Kehle. »Ihr gottverdammter ...!«
Simon zog sie wieder auf den Stuhl, bevor Bruder Nathanael mit erhobenem Dolch einschreiten konnte.
»Die Intrige ist Euch fast gelungen«, stellte der Medicus fest, nachdem er sicher war, dass sich die Händlerin beruhigt hatte. »Tatsächlich habe ich Benedikta eine Weile verdächtigt, ihren Bruder umgebracht zu haben. Wie hätte ich ahnen können, dass der Steingadener Abt dahintersteckt!«
Augustin Bonenmayr schüttelte bedauernd den Kopf.»Der Befehl, den Pfarrer der Lorenzkirche als gefährlichen Mitwisser zu beseitigen, kam aus Augsburg, von ganz oben. Nicht von mir! Als Andreas Koppmeyer bei den Umbauten der Kirche auf die Krypta stieß, schrieb er einen Brief an den Bischof. Erst so erfuhren wir, dass der Schatz wieder aufgetaucht war! Ich hätte vielleicht einen anderen Weg gewählt, aber der Bischof hielt es für das Beste, für absolutes Stillschweigen zu sorgen. Koppmeyer war ein guter Pfarrer, aber leider auch ein Schwätzer. Die Gefahr, dass auch andere dem Geheimnis auf die Spur kommen, war zu groß. Schließlich hatte Koppmeyer auch schon seine Schwester ins Vertrauen gezogen. Wir mussten diesem Treiben ein Ende machen. Versteht doch!«
»Wer steckt hinter alledem?«, fragte Simon mit belegter Stimme. »Der Bischof? Oder sind es auch noch andere?«
Bonenmayr lachte leise. Die Augen hinter den Brillengläsern funkelten wie kleine, kalte Diamanten.
»Wir sind viele. In allen christlichen Ländern, vom einfachen Mönch bis hinauf zum Bischof. Nicht einmal der Papst kennt unsere Namen, und doch sitzen wir bis in den oberen Rängen des Vatikans. Wir kämpfen gegen das sich ausbreitende Ketzertum, und wir retten die Schätze der Christenheit vor ihrer Zerstörung. Viel zu lange schon haben wir zugesehen, wie die Lutheraner, Calvinisten, Zwinglianer, Hussiten und wie sie alle heißen, unsere heiligen Orte entweihen und unsere Reliquien schänden!« Er sprang auf und wanderte an den mit Büchern und Pergamenten vollgestellten Regalen entlang. »Dieses Geschmeiß! Sie berufen sich auf das erste der Zehn Gebote, aber im Grunde sind sie nichts weiter als ein Haufen Verbrecher! Jünger Satans, die geweihtes Gold zu Münzen schmelzen, auf Altären herumtrampeln und die Knochen unserer Heiligen
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