Die Henkerstochter und der schwarze M�nch
etwas?«
Magdalena nickte und blickte noch einmal zu der Öffnung in der Bücherwand. Kalte, modrige Luft blies ihnen entgegen; noch einige Stufen der Wendeltreppe waren zu erkennen, dann herrschte Dunkelheit.
»Und wenn sich dort unten der Leibhaftige herumtreibt«, sagte Benedikta. »Wir müssen trotzdem hinunter. Es gibt keinen anderen Weg hinaus!« Sie zog eine kleine Pistole unterihrem Kleid hervor und begann sie mit Pulver zu stopfen. »Wenigstens hat mir der fromme Abt nicht unter den Rock geschaut. So haben wir immerhin einen Schuss frei.« Sie grinste und zielte mit der geladenen Pistole in Magdalenas Richtung, bevor sie die Waffe wieder unter dem Gewand versteckte.
Simon trat an die Stelle, wo der Geheimgang in die Tiefe führte. »Gibt es dort unten Fackeln? Ich kann nichts erkennen.«
Magdalena stellte sich neben ihn. »Merkwürdig«, murmelte sie. »Eigentlich müsste man von hier wenigstens eine Fackel sehen. Sie sind in regelmäßigen Abständen an der Wand befestigt. Jemand muss sie gelöscht haben ...«
»Oder der Wind hat sie ausgeblasen«, sagte Benedikta und sah sich um. »Wie auch immer, wir sollten auf alle Fälle ein paar von denen mitnehmen.« Sie griff nach ein paar besonders dicken Büchern in ihrer Nähe.
»Was habt Ihr vor?«, rief Simon. »Ihr werdet doch nicht...«
»Diese Pergamentseiten sind Jahrhunderte alt. Sie werden ausgezeichnet brennen«, unterbrach ihn Benedikta. »Wenn man sie unten am Einband anfasst, geben sie hervorragende Fackeln ab.«
Simon zeigte entsetzt auf ein Buch in Benediktas Hand. »Aber das sind die Confessiones von Augustinus! Samt Kommentaren! Es ist eine Sünde, ein solches Buch zu verbrennen!«
Benedikta warf ihm das mehrere hundert Seite dicke Werk zu und klemmte sich vier weitere Bücher unter den linken Arm. »Das sollte reichen. Ihr könnt natürlich auch gerne im Dunkeln herumtappen und Euch hinterrücks die Kehle durchschneiden lassen.« Sie trat auf die Öffnung zu. »Und jetzt folgt mir. Bevor der Abt zurückkommt.«
Mit den nächsten Schritten verschwand sie in der Dunkelheit.
Augustin Bonenmayr war mit den Nerven am Ende. Zum wiederholten Mal nahm er seinen Kneifer von der Nase und putzte ihn hektisch.
»Es muss hier sein! Sucht weiter!« Er zwinkerte mit seinen kleinen Augen, als könnte er so mehr in der Dunkelheit erkennen. »Das Kreuz liegt irgendwo vor unseren Füßen!«
Gemeinsam mit Bruder Nathanael und den beiden Novizen Johannes und Lothar war der Abt sofort von der Bibliothek hinüber in die Johanneskapelle geeilt, um nach einem Hinweis, nach einer geheimen Kammer, nach irgendetwas zu suchen, das sie zum Kreuz Christi führte. Seit einer Stunde klopften sie nun schon die Wände ab und hielten nach Zeichen Ausschau, doch bislang waren sie nur auf kalte, nackte Wände gestoßen. Augustin Bonenmayr sah sich noch einmal nach allen Seiten um, ob sie irgendetwas vergessen hatten.
Die Kapelle war ein kleiner, aus Sandsteinquadern errichteter Raum, an dessen Ostseite ein kleiner Marienaltar stand. Die kreisrunde Form der Kapelle, die ihr von außen das Aussehen eines bulligen Wehrturms gab, sollte an die Grabeskirche in Jerusalem erinnern. Über dem Eingangsportal thronte Christus zwischen Maria und Johannes, neben der Tür kauerten auf Steinplatten zwei lauernde Löwen.
Ansonsten war der Raum kahl. Kahl und leer. Ein leiser Fluch kam über Bonenmayrs Lippen.
Unter seiner Anleitung hatten die Mönche bereits versucht, die Heiligenfiguren zu bewegen und die Platten mit den Löwen auszuhebeln. Sie hatten die Wände auf Geheimtüren abgeklopft und den Boden nach Falltüren abgesucht. Selbst unter der gewölbten Kapellendecke hatten sie nachgesehen.
Mittlerweile fingen sie wieder von vorne an.
Der Abt schrie und schimpfte, er stieß mit den Füßen gegen den Altar, doch es half nichts. Die Johanneskapelle gab ihr Geheimnis nicht preis.
»Das Erbe der Templer im Haus des Täufers im Grab Christi«, flüsterte Bonenmayr erregt. »Die Lösung des Rätsels ist hier! Sie muss hier sein, in der Johanneskapelle! Diese verfluchten Templer ... « Er biss sich auf die Lippen und atmete tief durch.
»Wir brechen den Boden auf«, sagte er schließlich. Bruder Johannes hörte mit dem Abklopfen der Mauern auf und sah seinen Abt mit großen Augen an.
»Aber Hochwürden!«, rief er. »Dies ist ein heiliger Ort!«
»Dieser Ort ist ein Versteck der verdammten Templerbande! «, brüllte Bonenmayr. »Ich lasse mich von diesen Ketzern nicht mehr
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