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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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die beiden vermutlich leicht abgeschüttelt. Aber hier in den Straßen und Gassen waren die Männer im Vorteil. Sie wussten, wo eine Reihe abgestellter Fuhrwerke stand, die für Magdalena einen Umweg bedeuteten, sie kannten jede Treppe und jede Stolperschwelle.
    Als Magdalena um die nächste Ecke lief, tauchte vor ihr eine Mauer auf. Vereister Efeu rankte aus zwei Schritt Höhe von der Mauerkrone herunter, ein Haufen stinkender Unrat gammelte in einer Ecke. Links und rechts ragten nackte Hauswände empor. Panisch suchte Magdalena nach einem Ausweg.
    Sie war in eine Sackgasse geraten.
    Hinter ihr tauchten die beiden Männer auf. Grinsend näherten sie sich dem gestellten Wild.
    »Siehst du, Flittchen, jetzt haben wir ja ein Quartier für uns drei gefunden!«, sagte der Mann mit der Augenbinde. Er sah sich um, als musterte er das Zimmer eines Wirtshauses. »Ist vielleicht nicht so gemütlich, aber ich mag’s gerne hart. Du auch?«
    Der Dicke mit dem Knüppel näherte sich ihr von links. »Mach’s dir nicht unnötig schwer«, brummte er. »Wenn du kratzt und beißt, tut’s nur noch mehr weh.«
    »Ach, lass sie doch«, sagte der andere. »Ich liebe es, wenn sie kratzen und beißen.« Er ließ seinen Säbel durch die Luft sausen. »Der Hainmiller hat uns ein hübsches Sümmchen dafür gegeben, dass du ihn nicht so leicht vergisst. Was hast du bloß mit seinem Gesicht angestellt, Mädchen? Ihn schlecht rasiert? Nun, jetzt sollen wir jedenfalls dich rasieren.«
    Der Dicke blickte sie fast mitleidig an. »Eigentlich schade um die hübschen Lippen. Aber was soll’s, bringen wir’s hinter uns.« Er kam auf sie zu.
    Magdalena beobachtete die Männer und wog ihre Chancen ab. Sie war allein, und die Gegend sah nicht so aus, als würde ihr jemand zu Hilfe eilen, wenn sie laut schrie. Im Gegenteil, eher würden die Leute ihre Fensterläden schließen und hoffen, dass das Unglück nicht auch sie ereilte. Beide Schläger waren muskulös und schienen im Straßenkampf erfahren. In der offenen Auseinandersetzung, so viel war Magdalena klar, hatte sie keine Chance.
    Aber vielleicht mit einer List.
    Sie ließ die Arme sinken, als ergäbe sie sich in ihr Schicksal. Den Kopf demütig geneigt, wartete sie darauf, dass die Männer über sie herfielen.
    »Tut mir nichts, ich bitt euch ... «, wimmerte sie.
    »Das hättest du dir früher überlegen sollen, Flittchen«, sagte der Mann mit der Augenklappe und näherte sich mit erhobenem Säbel. »Jetzt ist’s dafür zu …«
    In einer weit ausholenden Bewegung schleuderte Magdalena dem Schläger den ungelöschten Kalk entgegen, den sie bislang in der Tasche ihres Überrocks aufbewahrt hatte. Das Pulver zerstob direkt vor den Augen des Mannes. Er schrie und fuhr sich mit dem Schwertarm über das Gesicht, um den Kalk wegzuwischen. Dabei rieb er ihn nur noch tiefer in die Augen. Kreischend ging er zu Boden.
    »Dreckshure, verdammte! Das wirst du mir büßen!«
    Der Mann robbte jetzt auf Knien auf sie zu und ließ den Säbel ziellos durch die Luft zischen. In der Zwischenzeit näherte sich der Dicke mit dem Knüppel. Magdalena griff noch einmal in ihre Rocktasche, auch wenn sie wusste, dass dort nichts mehr war. Sie holte mit der geballten Faust aus, als wollte sie dem Mann die nächste Ladung ins Gesicht werfen.
    »Was ist, Fettsack?«, zischte sie. »Willst blind werden wie dein Freund?«
    Der Dicke hielt unschlüssig inne und sah zu seinem jammernden Kameraden hinunter.
    Im gleichen Moment tat Magdalena so, als würde sie ihm das Pulver ins Gesicht schleudern. Der Mann duckte sich, und die Henkerstochter nutzte die Schrecksekunde, um zu dem Haufen Unrat zu eilen und sich von dort abzustoßen.
    Ihre Füße versanken in schleimigen, halbgefrorenen Abfällen und Fäkalien. Trotzdem gelang es ihr, die Mauerkrone zu erreichen. Mit beiden Händen hievte sie sich hoch, ihre Finger krallten sich in Eis und Schnee.
    Als sie schon fast den Sims erreicht hatte, zog sie etwas wieder zu Boden. Es war der Dicke, der an ihrer Umhängetasche zerrte. Magdalena spürte, wie der Gurt sich wie ein Galgenstrick um den Hals schnürte und ihr den Atem raubte. Sie hatte nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie gab nach und ließ sich wieder fallen oder der Mann erwürgte sie.
    Es gab natürlich noch die dritte Möglichkeit, sich von der Tasche zu trennen. Aber darüber wollte sie nicht einmal nachdenken.
    Der Gurt zog sich fester und fester. Magdalena musste an die armen Sünder am Galgen denken. Fühlte es sich so

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