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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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an, wenn man erhängt wurde? Schwarze Schleier zogen an ihren Augen vorbei. Sie begann, das Bewusstsein zu verlieren.
    Die dritte Möglichkeit...
    In einer plötzlichen Bewegung duckte sie sich, so dass der Gurt über ihren Kopf rutschte. Der Fette fiel ächzend mit der Tasche auf den Haufen Unrat, und sie war frei.
    Ohne auf die Schmerzensschreie und Flüche hinter ihr zu achten, sprang sie auf der anderen Seite von der Mauer und lief nach Atem ringend die angrenzende Straße entlang. Sie rannte durch vereiste Gassen und über glitschige Brücken, rutschte ein paarmal im Schneematsch aus und blieb schließlich keuchend an einer Häuserecke stehen.
    Schluchzend glitt Magdalena an der Wand nach unten und kauerte sich auf dem kalten Boden zusammen. Sie hatte allesverloren. Zwanzig Gulden! Geld, das ihr die Stechlin und ihr Vater anvertraut hatten. Geld, das die Hebamme selbst von einer Patrizierin nur geliehen hatte! Sie konnte nie mehr zurück nach Schongau, die Schmach war zu groß. Nicht einmal die paar Münzen für eine Unterkunft hatte sie noch. Sie war ganz allein.
    Magdalena weinte, bis sie plötzlich das Gefühl hatte, jemand stehe neben ihr.
    Als sie hochsah, lehnte in ein paar Schritt Entfernung ein Junge an der Hauswand. Es war der kleine Taschendieb, der versucht hatte, ihr die Tasche zu stehlen. Er beobachtete sie schweigend, bis Magdalena der Geduldsfaden riss.
    »Was schaust so blöd?«, schrie sie. »Kümmer dich um deinen eigenen Kram und scher dich davon!«
    Der Junge zuckte die Schultern und wandte sich zum Gehen.
    Plötzlich fiel Magdalena etwas ein. Es gab tatsächlich jemanden, der ihr vielleicht helfen konnte. Bei ihm konnte sie wenigstens die Nacht über bleiben, und vielleicht wusste er auch eine Lösung, was das verlorene Geld anging. Magdalena hatte gehofft, dass ihr dieser Gang erspart bliebe, aber so wie es jetzt aussah, war es ihre letzte Chance.
    »Warte!«, rief sie dem Jungen hinterher. Der drehte sich um und sah sie fragend an.
    »Bring mich zu Philipp Hartmann«, flüsterte sie »Zu ... wem?«, fragte der Junge und sah sie ängstlich an. Sein Gesicht erschien im fahlen Licht, das durch ein Fenster auf sie herabschien, plötzlich kreideweiß. »Ich kenne keinen...«
    »Du weißt nur zu gut, wen ich meine.«
    Magdalena stand auf und wischte sich Rotz und Tränen aus dem Gesicht.
    »Zum Augsburger Henker will ich. Und jetzt spute dich, sonst sorg ich dafür, dass er dich vom Roten Tor baumeln lässt. Das schwör ich, so wahr ich Magdalena Kuisl heiße.«

8
     
    U m sechs Uhr am nächsten Morgen machte sich Jakob Kuisl auf den Weg hinauf in die Stadt. So früh waren in dieser Jahreszeit selbst auf der großen Münzgasse nur wenig Menschen unterwegs. Die paar Wein- und Tuchhändler, die ihm begegneten, wechselten bei seinem Anblick die Straßenseite oder schlugen ein Kreuz; es war nie gern gesehen, wenn der Henker vom Lechufer hoch nach Schongau kam. Man duldete ihn zum Töten und zum Abtransport der verendeten Tiere, doch ansonsten war man froh, wenn der Scharfrichter unten im stinkenden Gerberviertel blieb.
    Jakob Kuisl spürte die Blicke der Bürger in seinem Rücken. Es hatte sich offenbar schon herumgesprochen, dass er die Scheller-Bande ausgeräuchert hatte, und auch sein Zwist mit den jungen Patriziern war vermutlich kein Geheimnis mehr. Ohne auf das Getuschel hinter sich zu achten, ging er auf die Fronfeste zu, ein bulliger dreistöckiger Turm mit rußigen Wänden, direkt an der Stadtmauer gelegen. Hier hatten die Wachen gestern Abend die Marodeure eingesperrt. Eingewickelt in einen viel zu dünnen Mantel, stand ein Büttel vor der schweren Holztür. Den Spieß hatte er an die Wand gelehnt, um seine kalten Hände in die Taschen stecken zu können. Erstaunt blickte er den Henker an, der lächelnd auf ihn zutrat.
    »Hier ,Johannes«, sagte Jakob Kuisl und drückte dem verfrorenen Büttel ein paar warme Esskastanien in die Hand, die er bislang unter seinem Mantel verborgen hatte. »Einenlieben Gruß von meiner Frau soll ich dir ausrichten, sie hat extra ein paar Maronen für dich aufgehoben.«
    »Da ... danke schön ... « Der Büttel Johannes nieste und rieb die Kastanien zwischen seinen blauen Fingern. »Aber du bist doch nicht gekommen, um mir was zum Essen zu bringen, oder?« Er sah misstrauisch unter seiner Kaninchenfellkapuze hervor. »Ich kenn dich doch, Kuisl.«
    Der Henker nickte. »Ich hab mit dem Scheller da drin noch eine Rechnung offen. Lass mich kurz rein, ich bin auch

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