Die Henkerstochter
Grundstück ... «
Johann Lechner fuhr herum und sah ihn zornig an.
»Und du, Fronwieser, hältst dein vorlautes Maul, ja? Dein Techtelmechtel mit dieser Henkersdirne ... « Er sah zu Magdalena hinüber, die schnell den Kopf abwendete. »Dieses verbotene Treiben ist eine Schande, nicht nur für deinen Vater. Es gibt Stimmen im Rat, die euch beide gerne am Schandpfahl sehen würden. Was für ein Bild! Der Henker legt seiner eigenen Tochter die Schandmaske an! Bis jetzt habe ich davon noch Abstand genommen,deinem Vater zuliebe und auch wegen dem Scharfrichter, den ich bislang geschätzt habe.«
Beim Wort Henkersdirne war Jakob Kuisl aufgesprungen, doch Magdalena hielt ihn zurück. »Lass ihn, Vater«, flüsterte sie. »Du stürzt uns noch ins Unglück.«
Johann Lechner blickte über das Gelände und winkte den Wachen zur Rückkehr.
»Ich will euch sagen, was ich glaube«, sprach er, ohne sich umzuwenden. »Ich glaube, dass hier tatsächlich Söldner waren. Ich mag sogar glauben, dass irgendein wirrer Schongauer Patrizier ihnen den Auftrag gab, das Siechenhaus zu zerstören. Weil er fürchtete, dass Reisende sonst die Stadt meiden würden. Aber was ich nicht glaube, ist euer Märchen vom Schatz. Und ich will auch nicht wissen, wer dieser Patrizier ist. Es ist schon genug Staub aufgewirbelt worden. Ab heute werden hier jede Nacht Wachen aufgestellt. Die Bauarbeiten werden weitergehen, wie es der Rat beschlossen hat. Und du, Kuisl ...« Jetzt erst wandte er sich zum Henker um. »Du wirst jetzt mit mir kommen und das tun, für was Gott dich vorgesehen hat. Du wirst die Stechlin weiter torquieren, bis sie die Morde an den Kindern gesteht. Denn das ist das eigentlich Wichtige. Und nicht ein paar lausige Söldner auf einer maroden Baustelle.«
Er wandte sich zum Gehen, als ihn einer der Büttel am Ärmel zupfte. Es war Benedict Cost, der noch diese Nacht in der Feste Wachdienst gehabt hatte. »Herr, die Stechlin ...«, begann er.
Johann Lechner blieb stehen. »Nun, was ist mit ihr?«
»Sie ... sie ist ohnmächtig und schwer verwundet. Sie hat um Mitternacht Zeichen auf den Kerkerboden gemalt, und da hat der Riegg Georg einen Stein nach ihr geworfen, und jetzt macht sie keinen Mucks mehr. Wir haben den altenFronwieser nach ihr geschickt, der soll sie wieder herrichten.«
Johann Lechners Gesicht bekam eine leicht rötliche Färbung. »Und warum erfahre ich davon erst jetzt?«, zischte er.
»Wir ... wir wollten Euch nicht wecken«, stieß Benedict Cost hervor. »Wir dachten, dass kann bis morgen warten. Ich wollt’s Euch eh heut früh sagen ...«
»Bis morgen warten?« Johann Lechner hatte Mühe, seine Stimme ruhig zu halten. »In ein oder zwei Tagen kommt der kurfürstliche Pflegverwalter mit Tross und Equipage, und dann ist hier der Teufel los. Wenn wir bis dahin keine Schuldige präsentieren, wird er sich selber auf die Suche machen. Und dann gnade uns Gott! Er wird nicht nur eine Hexe finden, das könnt ihr mir glauben!«
Abrupt wandte er sich ab und eilte auf die Straße zurück nach Schongau zu. Die Wachen folgten ihm.
»Kuisl! «, rief Johann Lechner schon von der Straße hinüber. »Du kommst mit, und die anderen auch! Wir werden der Stechlin ihr Geständnis rausquetschen. Wenn’s sein muss, bringe ich heute sogar eine Tote zum Sprechen! «
Der Morgennebel löste sich langsam auf.
Als die Letzten die Baustelle verlassen hatten, war von irgendwoher ein leises Weinen zu hören.
Martha Stechlin war immer noch ohnmächtig und nicht vernehmungsfähig. Sie hatte hohes Fieber und murmelte im Schlaf, während Bonifaz Fronwieser mit dem Ohr an ihrer Brust horchte.
»Das Zeichen ... die Kinder ... alles Trug ...« Die Worte kamen in Fetzen aus ihr heraus.
Der alte Medicus schüttelte den Kopf. Unterwürfig saher zu Johann Lechner hinüber, der an der Kerkertür lehnte und die Behandlung mit wachsender Ungeduld beobachtete.
»Und?«, fragte Lechner.
Bonifaz Fronwieser zuckte mit den Schultern. »Es sieht nicht gut aus. Diese Frau hat schweres Fieber. Wahrscheinlich wird sie sterben, ohne vorher noch einmal das Bewusstsein zu erlangen. Ich werde ihr einen Aderlass ... «
Johann Lechner winkte ab. »Lass den Unsinn. Dann stirbt sie uns noch früher weg. Ich kenne euch Quacksalber. Gibt es nicht ein anderes Mittel, mit dem wir sie wenigstens kurz wiederherstellen können? Nach dem Geständnis mag sie meinethalben sterben, aber zuerst brauche ich ihr Geständnis!«
Bonifaz Fronwieser dachte nach. »Es gibt
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