Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht
Wut in sich.
„Ich will helfen. Ich hatte noch nie eine richtige Familie.“ Wie sie so vor ihm stand und auf ihre Hände hinabblickte, die den Stoff ihres T-Shirts zwirbelten, erschien sie ihm auf einmal verletzlicher als je zuvor. „Bisher habe ich immer nur daneben gestanden. Dabei wollte ich schon immer dazugehören. Bitte lass mich deiner Familie helfen, Maddox.“
Etwas schnürte ihm die Brust zu. Er konnte dieser Frau einfach keinen Wunsch abschlagen. Nicht mal diesen. Er würde die Männer genau im Auge behalten und falls nötig die ganze Zeit hinter ihr stehen, aber er würde sie nicht davon abhalten, zu helfen.
„Geh in mein Zimmer und schnapp dir so viele Handtücher wie du tragen kannst.“ Er hatte stets einen riesigen Handtuchvorrat. „Weißt du, wie du zum Gemeinschaftsraum kommst?“
Sie schüttelte den Kopf, und er gab ihr eine Wegbeschreibung. Als er fertig war, erhellte ein kleines Lächeln ihr Gesicht. „Danke.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund.
Entgegen aller Vernunft vertiefte er den Kuss und drückte sie mit dem Rücken gegen die Wand. In ihrer Gegenwart spürte er immer pures Verlangen. Er saugte ihren Geschmack auf, diese einzigartige Droge, von der er nicht genug kriegen konnte. Sie hob ein Bein und schlang es um seine Taille.
Sogleich übermannte ihn die Leidenschaft. Sein Geschlecht pulsierte, und er hätte ihr am liebsten die Kleider vom Leib gerissen, um ihre entblößten Kurven von Neuem zu erkunden. Um in ihren Körper einzutauchen wie ihre Zunge in seinen Mund, heiß und feucht, mit leidenschaftlichen Bewegungen. Sie stöhnte. Er schluckte das Geräusch herunter. Köstlich.
„Maddox!“, rief Reyes vom anderen Ende des Flurs. „Wird das heute noch mal was?“
Mit unendlichem Bedauern löste er sich von Ashlyn und mied fortan jeglichen Hautkontakt. Das war sicherer. Eine Berührung würde zu einem weiteren Kuss führen. Und dann würde er sie in sein Zimmer zurücktragen, und Freunde – wie Feinde – wären vergessen.
„Das war … schön“, sagte sie und wedelte sich Luft zu.
Mit halb geschlossenen Augen musterte er sie. Ihre Lippen waren rot, geschwollen und feucht. Sie fuhr sich mit der Zunge darüber, als wollte sie die Reste seines Geschmacks auskosten. Er musste wegsehen, doch im nächsten Moment wurde sein Blick wie magisch wieder von ihr angezogen. Ihre Augen strahlten golden und fiebrig. Seinetwegen.
An ihrem Hals hämmerte der Puls. Unwillkürlich streckte er die Hand aus, um sie an der Stelle zu streicheln, hielt sich jedoch gerade noch rechtzeitig zurück. Lieber nicht. Nicht jetzt.
„Maddox“, rief jetzt auch Lucien.
„Kommst du vielleicht bald mal?“, schrie Reyes.
„Die Handtücher“, raunte er Ashlyn zu und machte dann auf dem Absatz kehrt, bevor er Gefahr lief, sich nicht mehr von ihr losreißen zu können.
Dieser Mann raubt mir wirklich den Verstand, dachte Ashlyn, während sie Maddox hinterhersah. Er flog um die Ecke und verschwand aus ihrem Blickfeld. Ihr Herz hämmerte immer noch unregelmäßig.
Mit einem verträumten Lächeln fuhr sie sich mit dem Finger über die kribbelnden Lippen. Gut, dass Maddox gegangen war. Wenn er sie auch nur ein paar Sekunden länger geküsst hätte, hätte sie ihm erlaubt – ach was, ihn angefleht! –, sie auf der Stelle zu nehmen, wo jeder sie hätte sehen können.
Sie hörte einen Mann stöhnen und einen anderen vulgär herumschimpfen und war augenblicklich wieder in der Realität. Sie hatte jetzt keine Zeit für schwärmerische Gedanken an Maddox. Mit einem Ruck setzte sie sich in Bewegung. Die Luft war kühl und etwas feucht, aber belebend. Sie liebte die Buntglasfenster der Burg und die glänzenden Steine, die von Ewigkeit und Vergänglichkeit erzählten.
Sie hätte gern den Ort aufgesucht, an dem die Bombe explodiert war, und sich die Gespräche angehört, die dort geführt worden waren. Du hättest gerne? Darrow, du wirst hingehen. Eigentlich hatte sie ihre Gabe immer verflucht. Sie brachte ihr keinerlei Nutzen, und kein Auftrag war so bedeutungsvoll gewesen, als dass er ihr ständiges Leid gerechtfertigt hätte. Aber für Maddox würde sie nur allzu gern Kontakt zu den Stimmen aufnehmen. Ganz gleich wie oft. Die Vorstellung, dass sich dort draußen Männer versteckten, die nur darauf warteten, ihn zu töten, behagte ihr ganz und gar nicht.
Wenn sie sich aus der Burg schlich, um sich nach Möglichkeiten umzuhören, den Todesfluch zu brechen –
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