Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht
Familie. Das bedeutete, dass Ashlyn … nein. Nein! Sie lebte. Es ging ihr gut. „Wohin sind sie gegangen?“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Diesmal war er nicht in der Lage, seine Reaktion zu mäßigen. Er spürte, wie der innere Druck immer größer wurde. „Sagen Sie es mir. Bitte.“
Auf dem gegerbten Gesicht des Mannes spiegelte sich Verwirrung. Er taumelte und wäre fast gestürzt. Husten. „Sie sind die Straße entlanggerannt. Ein großer Mann ist ihnen gefolgt.“ Er zeigte auf irgendetwas und hustete. „Er hätte mich fast umgerannt.“
„In welche Richtung sind sie gelaufen?“, fragte Reyes.
„Norden.“
„Danke“, erwiderte Reyes. „Danke.“
Der alte Mann hustete und fiel zu Boden. Obwohl Maddox nicht noch mehr Zeit verlieren wollte, kniete er sich neben ihn. „Schlaf nur. Wir … segnen dich.“
Der Mensch starb mit einem Lächeln auf den Lippen, wie es Maddox noch nie gelungen war. Ashlyn, rief er in sich hinein. Ich komme und hole dich.
21. KAPITEL
A shlyn erwachte mit einem Japsen. Eiskaltes Wasser tropfte ihr vom Gesicht. Einige Sekunden verstrichen. Das einzige Geräusch, das sie vernahm, war ihr rasselnder Atem. Sie versuchte, sich zu orientieren. Das T- Shirt klebte an ihrer Haut. Es war fast zu Eis gefroren. Zuerst war ihr verwässerter Blick verschwommen, aber dann sah sie den Raum. Dunkle, abgenutzte Steinwände. An einer Seite waren Gitterstäbe, die auf einen schmalen Steinflur blickten. In der Ecke gegenüber hingen Ketten.
Ganz ruhig, keine Panik. Als Nächstes sah sie ein vertrautes, fein gezeichnetes Gesicht. Es hatte mal eine Zeit gegeben, da hätte sie sich gefreut, McIntosh zu sehen. Aber jetzt fühlte sie nur noch Hass.
Er warf den Eimer zur Seite, der jetzt leer war, und setzte sich vor sie auf einen Holzstuhl. Sie bemerkte, dass ihre Arme hinter ihrem Rücken an den Stuhl gefesselt waren und versuchte, sich zu befreien. Das kalte Metall schnitt ihr in die Haut, aber die Handschellen gingen nicht auf.
„Wo bin ich?“, fragte sie.
„Halal Foghaz.“ Seine Stimme klang rauer als gewöhnlich. Kratzig.
Das Gefängnis der Toten.
„Einige der schlimmsten Verbrecher in der Geschichte von Budapest wurden hier gefangen gehalten, bis sie den Aufstand probten und ihre Wärter abschlachteten. Bis vor ein paar Wochen war das Gebäude noch geschlossen.“
Ihre Augen verengten sich zu zwei schmalen Schlitzen.
„Entspann dich“, befahl er. Er war blass und seine Augen waren rot gerändert. „Ich bin nicht der Drache aus deinen Märchen, vor dem du dich als Mädchen so gefürchtet hast.“
Auch die Erinnerung an ihre gemeinsamen Jahre konnte sie nicht erweichen. „Lassen sie mich gehen. Bitte.“ Wassertropfen liefen ihr in den Mund. Tropfen, die mit Staub und wer weiß was noch verdreckt waren. Körner kratzten sie am Gaumen. „Was haben Sie mit den Männern gemacht, den Kriegern? Und wo sind die anderen Frauen?“
„Ich werde deine Fragen bald beantworten, Ashlyn. Aber jetzt möchte ich, dass du erst mal meine beantwortest. Okay?“ Er hustete abermals. Zumindest klang er wieder vernünftig und nicht mehr so verrückt und fanatisch wie auf der Burg.
Sie zitterte vor Kälte. „Okay.“ Mehr konnte sie nicht sagen, denn plötzlich brachen die Stimmen über sie herein. Sie erstarrte.
Sie meinte, McIntosh seufzen und murmeln zu hören: „Wie ich sehe, bist du gerade nicht in der Verfassung, Fragen zu beantworten. Ich komme wieder, wenn die Stimmen schweigen.“ Sie meinte, Schritte und eine Gittertür zuknallen zu hören. Und dann hörte sie nur noch die Stimmen.
Es waren so viele, so unglaublich viele. Gefangene, Totschläger, Mörder, Diebe. Vergewaltiger. Oh Gott. Ein Mann vergewaltigte einen anderen, und das Opfer schrie vor Schmerz und Erniedrigung.
„Maddox“, wimmerte sie. Weil ihre Hände mit den kalten Handschellen zusammengekettet waren, konnte sie sich nicht mal die Ohren zuhalten. Es war so laut, so laut, so laut. „Maddox.“ Vor ihrem geistigen Auge erschien sein Bild. Stark. Entschlossen. Seine violetten Augen waren sanft, seine Lippen weich vom Küssen. Die dunklen Haare fielen ihm in die Stirn.
Ich bin hier, sagte er lautlos. Ich bin hier. Ich werde dich immer beschützen.
Sogleich wurden die Stimmen langsamer und leiser. Sie verschwanden nicht vollständig, waren aber längst nicht mehr so lähmend. Sie blinzelte überrascht. Wie war das möglich? Das war noch nie passiert. War Maddox in der Nähe?
Sein Gesicht
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