Die Herren der Unterwelt 01 - Schwarze Nacht
lange gedauert. Hast du gesehen, was für Angst sie hatte?“
„Ja.“ Maddox wusste nicht, was er sonst sagen sollte. Verglichen mit Ashlyns Schmerzen kam ihm Danikas Angst geradezu lächerlich vor.
Reyes rieb sich das Kinn und hinterließ eine dunkelrote Spur auf der Haut. „Was hast du gesagt? Wasser und Kaffee?“
„Ja.“
Offensichtlich dankbar für die Ablenkung, verließ Reyes schnellen Schrittes den Raum. Anscheinend war Maddox nicht der Einzige in der Burg, der plötzlich Frauenprobleme hatte.
Kurze Zeit später kam Reyes mit den verlangten Dingen zurück und stellte sie auf einem Tablett auf eine Ecke des Bettes. Danach ging er wieder. Maddox ging davon aus, dass er nicht wiederkäme. Er schüttelte mitfühlend den Kopf. Wenn Reyes für Danika nur halb so viel fühlte wie Maddox für Ashlyn, war er für eine Welt voller Schmerz auserkoren, jedoch nicht für die Art Schmerz, nach der er sich sehnte. Er beugte sich über Ashlyn und griff nach dem Glas mit lauwarmem Wasser. Dann legte er ihr eine Hand unter den Nacken, hob ihren Kopf an und setzte ihr das Glas an die Lippen.
„Trink“, forderte er sie auf.
Störrisch presste sie die Lippen aufeinander und schüttelte leicht den Kopf.
„Trink“, insistierte er.
„Nein. Es würde nur wehtun, im …“
Er kippte ihr das Wasser in den Mund. Sie spuckte und hustete, schluckte jedoch das meiste. Mehrere Tropfen rannen ihr das Kinn hinab. Er warf das leere Glas auf den Boden, wo es mit einem dumpfen Aufprall liegenblieb.
Ashlyn starrte ihn vorwurfsvoll an. „Ich habe gesagt, es geht mir besser, aber das heißt nicht, dass ich mich spitze fühle. Mein Magen ist immer noch ziemlich empfindlich.“
Er verzog den Mund und runzelte die Stirn. Es war nicht einfach, sich um einen Menschen zu kümmern, so viel stand fest. Trotzdem entschuldigte er sich nicht dafür, sie zum Trinken gezwungen zu haben. Sie bekäme, was sie brauchte. Ob sie wollte oder nicht.
Er nahm die Tasse mit Kaffee und legte die Stirn in noch tiefere Falten, als er feststellte, dass er kalt war. Na ja. Es musste reichen. „Trink“, befahl er wieder. Aus unerfindlichen Gründen war sie ihm wichtig. Sie bedeutete ihm etwas.
Sie würde ihm nicht entkommen. Selbst der Tod würde daran nichts ändern können.
Ashlyn tat so, als hätte sie ihn nicht gehört, wodurch die nächste Reaktion umso unerwarteter kam. In Sekunden-schnelle schoss ihre Hand hervor und schlug ihm die Tasse aus der Hand. Obwohl die Bewegung schwach war, landete das Keramikstück auf dem Boden, wo es zerschellte und einen schwarzen Koffeinbach zurückließ.
Ihre Wangen waren rosig. „Nein.“ Sie sprach diese eine Silbe genüsslich aus.
„Das war unnötig“, tadelte er sie, während er ihr die feuchten Haarsträhnen aus den Schläfen strich und die Berührung mit ihrer seidig weichen Haut genoss.
„Mir egal.“
„Okay. Kein Kaffee.“ Er starrte die Frau an, die seine Welt aus den Angeln gehoben hatte. „Willst du immer noch, dass ich dich gehen lasse?“ Maddox war unfähig, die Worte zurückzuhalten. Eigentlich hatte er das Thema nicht anschneiden wollen, da er ohnehin vorhatte, sie auf Teufel komm raus bei sich zu behalten, aber er verspürte das Bedürfnis – das dämliche Bedürfnis –, ihr alles zu geben, was sie wollte.
Sie wendete den Blick von ihm ab und schaute über seine Schulter und an der Wand vorbei. Ihr Gesicht sah sonderbar angestrengt aus. Mehrere Minuten vergingen. Quälende Minuten.
Er boxte ins Kissen. „Es ist eine Ja-oder-nein-Frage, Ashlyn.“
„Ich weiß es nicht, okay?“, erwiderte sie leise. „Ich liebe die Stille und allmählich fange ich an, dich zu mögen. Ich bin dir dankbar, dass du dich um mich kümmerst.“ Sie machte eine kurze Pause. „Aber …“
Aber sie hatte immer noch Angst. „Ich habe dir gesagt, dass ich unsterblich bin“, erklärte er. „Und ich habe dir gesagt, dass ich besessen bin. Das Einzige, was du sonst noch wissen musst, ist, dass ich dich beschützen werde, solange du hier bist.“ Sogar vor mir selbst.
Welche Veränderung die letzten Stunden doch in ihm bewirkt hatten. Gestern – sogar heute Morgen – hatte er noch gedacht, er würde ihren Körper nehmen, sie ausfragen und sie dann umbringen. Dennoch hatte er seitdem alles Mögliche unternommen, um ihr das Leben zu retten. Und er war sich nicht mehr sicher, welche Fragen er ihr überhaupt stellten wollte.
„Wirst du die andere Frau auch beschützen?“, erkundigte sie sich. „Die
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