Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
mehr.
Und nun wollte Lucien, der Mann, den sie begehrte, der Mann, den sie geküsst hatte, ihr alles nehmen? Tausende von Gedanken schössen ihr durch den Kopf. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Was fühlte sie? Wut? Verwirrung? Schmerz?
„Warum willst du mir etwas antun?“
„Ich möchte dir kein Leid zufügen, aber ich muss es tun. Offensichtlich bist du zu wild, um frei herumzulaufen.“
Oh, diese Worte taten ihr weh! Dass der Olymp sie klein hielt, daran war sie gewöhnt. Aber aus irgendeinem Grund war es ihr trotz allem wichtig, was Lucien von ihr dachte.
„Wie hast du mich gefunden?“, fragte sie noch einmal.
Lucien ließ sich nicht die geringste Regung anmerken. „Das tut nichts zur Sache.“
„Ich könnte im Handumdrehen verschwinden.“
„Lauf nur fort, ich werde dich finden. Egal, wohin du auch fliehst, ich werde dich immer aufspüren.“
Das klang verlockend, aber es machte ihr auch Angst. „Warum greifst du mich dann nicht an? Warum bringst du es nicht endlich hinter dich, damit du mich nicht noch einmal verfolgen musst?“
Er reckte sein Kinn vorn. „Das werde ich. Aber zuerst werde ich dich aus meinem Kopf vertreiben.“
Anya tat ihr Bestes, um gelassen zu wirken. „Ich weiß nicht, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung sein soll, Süßer. Küsst die kleine Anya so miserabel, dass dich die Erinnerung daran nicht ruhig schlafen lässt?“
Wie konnte es sein, dass sein Anblick sie immer noch so mitnahm? Schlimmer noch, jetzt da sie wusste, wie er schmeckte, wie es sich anfühlte, wenn er seinen Körper an sie presste und seine Hände sie festhielten, schienen alle ihre Gefühle nur noch stärker zu sein.
Sie wollte mehr. Vielleicht sollte ich mal eine Therapie machen.
„Ich bin sicher, dass du weißt, wie gut du küsst.“ In seinen Worten schwang Bitterkeit mit.
„Aus deinem Mund klingt es wie ein Verbrechen.“
„Das ist es auch.“
Anya kniff die Augen zusammen. Sie hatte schon so lange auf der Erde gelebt. Sie war zwar nicht wirklich keusch gewesen, aber sie hatte es auch nicht zu schlimm getrieben. Warum hätte sie das auch tun sollen? Ihr Ruf war ohnehin schon schlecht genug? Sie wusste, wie es war, ungerechtfertigt abgestempelt zu werden.
„Wir können es ganz einfach machen, Anya.“
„Was? Küssen?“
Er schluckte schwer. „Dich töten.“
Lass dir nichts anmerken. Ein guter Krieger setzte immer die Gefühle seines Gegners gegen ihn ein. Lucien war ein verdammt guter Krieger, aber sie auch. „Dann sag mir doch noch mal, warum du mich umbringen möchtest, Darling. Ich habe es schon wieder vergessen.“
Unter seinem Auge zuckte ein Muskel. „Das habe ich dir bereits erklärt. Ich möchte dich nicht töten, aber die Götter haben es mir befohlen.“
Und niemand, noch nicht einmal ein Herr der Unterwelt, durfte sich dem Willen der Götter widersetzen, ohne dass er ernste Konsequenzen zu fürchten hatte. Anya spürte, wie Angst ihr den Magen zusammenzog. Dennoch musste sie zugeben, wie sehr es sie erfreute, dass Lucien nicht übereifrig war.
„Alle Götter oder nur einer?“ Doch sie kannte die Antwort schon.
„Einer. Cronus.“
„So ein Mistkerl von König“, sagte sie, nur um den Gott zu reizen. Ich hoffe, das hast du gehört, du gieriger Feigling.
Lucien zuckte zusammen, was bewies, dass er sich vor dem mächtigen Gott tatsächlich fürchtete. Und zu recht. Als in der Schule die Bedeutung von Gnade erklärt worden war, hatte Cronus gerade geschwänzt.
Sobald der Titan aus seinem himmlischen Gefängnis ausgebrochen war, hatte er ziemlich schnell und brutal die Griechen besiegt und die Überlebenden hinter Gitter gebracht. Deshalb war Anya in den Himmel zurückgekehrt und hatte einige von ihnen befreit. Bei dieser Gelegenheit hatte er sie gefangen und eingesperrt. Er hatte ihr höchstes Gut als Gegenwert für ihre Freiheit verlangt. Bevor er sie dafür bestrafen konnte, dass sie sich weigerte, auf diesen Handel einzugehen, war sie geflohen. Eins zu null für Anya. Doch kurz danach hatte Cronus sie wieder aufgespürt und ihr mit den Lords gedroht. Und jetzt war sie mit Lucien dort, und beide waren kurz davor, einander an die Gurgel zu gehen. Ein Punkt für Cronus.
„Bist du sicher, dass du einem so gemeinen Kerl gehorchen willst?“
Lucien sah ihr direkt in die Augen. Er hatte die Macht, sie zu verführen und ihren Willen zu brechen. „Ich muss, und nichts, was du sagst, wird mich von meinem Plan abbringen.“
Sie hob eine
Weitere Kostenlose Bücher