Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
sie hatte ihn jeden Morgen benutzt, um sich von den tumultartigen Szenen ihrer nächtlichen Träume zu befreien – Träume, die gewalttätiger waren als je zuvor und in denen Dämonen an die zerklüfteten, lichterloh brennenden Wände der Hölle kratzten.
Wenn ihre Bilder fertig waren, riss Reyes die Seiten aus dem Block und faxte sie an Lucien. Sie wusste nicht, ob ihre Bilder ihnen weiterhalfen, denn mit ihr redete ja niemand.
„Ich bin nur das kleine blöde Mädchen, das malen kann“, maulte sie.
Die Badezimmertür öffnete sich, und der Duft von Sandelholz, vermischt mit dem metallischen Geruch nach Blut, wehte zu ihr herüber. Da Reyes das Licht ausgeschaltet hatte, sah sie nur einen Schatten aus dem Bad kommen, während sie selbst, in Mondlicht getaucht, wie auf dem Präsentierteller dasaß. Sie spürte, wie sein intensiver Blick sie von oben bis unten musterte.
Diese Wärme! Oh, wie sie seine Wärme vermisste! Seit sie mit ihm geschlafen hatte, hatte diese geisttötende Kälte sie nicht mehr gequält. Bis jetzt. War es deshalb zu viel verlangt, dass sie mehr von seiner schützenden Wärme wollte? Offensichtlich.
„Machst du dir Sorgen um deine Familie?“, fragte er und ließ sich auf dem Lager nieder, das er sich auf dem Boden eingerichtet hatte.
Sie hatte die Freunde ihrer Großmutter angerufen. Die behaupteten nach wie vor, ihre Großmutter nicht gesehen zu haben, und Danika glaubte ihnen. „Nein. Ihnen geht es gut. Zumindest rede ich mir das ein – aber vielleicht bin ich ja auch verrückt. Natürlich bin ich aufgeregt, sie morgen zu sehen. Übrigens, vielen Dank, dass du endlich wieder ein bisschen zugänglicher bist.“
„Ich bin nicht zugänglich, ich bin einfach nur beruhigt, weil ich hier keine Spur von Jägern sehe.“
„Wie auch immer. Ich finde es trotzdem wohltuend.“
Die Minuten verstrichen, ohne dass Reyes sich bewegte. Nicht ein Laut, nicht einmal ein Atemgeräusch war von seiner Schlafstatt auf dem Fußboden zu vernehmen. Sie hasste dieses Schweigen. Es ließ ihr zu viel Raum zum Grübeln – darüber, was Reyes wohl dachte, was in den kommenden Tagen passieren würde und warum sie sich nach gemeinsamen Nächten mit ihm sehnte, obwohl sie sich doch geschworen hatte, es bei einer zu belassen.
Je intensiver sie Reyes’ Duft wahrnahm, desto mehr begehrte sie ihn, desto stärker pochte ihr Herz, desto schneller pulsierte ihr das Blut durch die Adern. Als sie das Laken nach oben zog, streifte es ihre harten Brustwarzen. Sie stöhnte kaum hörbar. „Bitte.“
„Was?“
„Ich weiß nicht. Erzähl mir etwas über dich, irgendwas.“ Hatte sie ihn je zuvor darum gebeten? Sie konnte sich nicht daran erinnern.
„Ich dachte, du wärst nicht an weiteren Informationen über mich interessiert.“
Oh, yeah. „Ich hab meine Meinung geändert. Ich bin ein Mädchen, und Mädchen dürfen das.“
Nach einer weiteren Schweigeminute sagte er schließlich: „Ich mag dieses Spielchen nicht spielen, Danika.“
Das war etwas, was ihr schon früher an ihm aufgefallen war: Er nannte sie immer nur dann bei ihrem Namen, wenn er Distanz zwischen ihnen herstellen wollte. Und er nannte sie „mein Engel“, wenn er ihr nahe sein wollte. Sie vermisste es, Engel genannt zu werden.
Es war schon so lange her, dass sie miteinander geschlafen hatten. Aber es war so wundervoll gewesen, dass sie mehr wollte und brauchte. Mehr von ihm. Nur von ihm. Sie war süchtig danach, mit ihm zu schlafen. Reyes hatte ihr vertraut, als sie behauptet hatte, nicht mit den Jägern zusammenzuarbeiten, während manch anderer Krieger skeptisch gewesen war. Er hatte sie in Sicherheit gebracht und ihren Körper mit seinem eigenen vor Schüssen geschützt. Und: Er hatte ihr, als er sie ganz langsam und zärtlich zum Orgasmus gebracht hatte, eine Kostprobe des Paradieses gegeben, das sie manchmal malte.
Sie wollte ihn – und diesmal auf die wilde, harte, ungestüme Art. Auch wenn sie vor nicht allzu langer Zeit noch gedacht hatte, dass es sie anwidern würde, jemand anderem Schmerz zuzufügen. Dass sie es gar nicht könnte. Aber jetzt und hier sah das anders aus. Jetzt konnte sie sich nichts Befriedigenderes vorstellen, als die Wünsche eines Mannes, ihres Mannes, zu erfüllen. Diejenige zu sein, die ihn voll und ganz erfüllte, die ihm Lust machte und Erleichterung verschaffte.
Ein paarmal während ihrer Reise hatte sie versucht, das Thema Sex anzusprechen. Sie hatte sogar ihre Hand ausgestreckt und ihm mit den Fingern
Weitere Kostenlose Bücher