Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
und knurrten wie Tiere. Aeron stach und schnitt Reyes wiederholt in den Hals und brüllte, dass sein Kopf gleich rollen würde. An zwei Stellen sprudelte bereits das Blut hervor.
Und dabei war Reyes bereits geschwächt, denn sie hatte ihn nur wenige Minuten zuvor geritzt. Um Himmels willen. Ihr Messer. Das brauchte sie jetzt. Wo zum Teufel war ihr Messer?
Hektisch blickte sie sich um. Da, auf dem Boden. So nah und doch so fern. Das letzte Mal, in einer ähnlichen Situation, hatte Aeron sie zusammengeschlagen, und sie war reglos auf dem Boden liegen geblieben. Reyes hatte sie schließlich gerettet, dafür aber einiges an Schlägen kassiert. Doch diesmal würde sie nicht tatenlos zusehen. Und schon gar nicht wegrennen. Sie würde eingreifen. Genau dafür hatte sie trainiert.
„Sie gehört mir“, knurrte Reyes.
„Sie gehört den Göttern“, schnauzte Aeron zurück. Er wirbelte herum, und die messerscharfe Spitze seiner Flügel schnitt Reyes in die Wange.
Reyes’ Kopf schlug zur Seite. Als er sich wieder aufrichtete, lächelte er. „Nicht mehr. Wie bist du aus dem Verlies herausgekommen?“
„Kronos. ‚Jetzt ist es an der Zeit zu handeln‘, sagte er. Und wenn die Götter etwas verlangen, dann gehorche ich.“
Legion spähte aus dem Schatten unter Aerons Flügel hervor. „Du sssolssst nicht verletzzzt werden.“
Aeron streichelte der kleinen Dämonin über den Kopf.
Die Kreatur schnurrte genau so, wie Reyes immer schnurrte, wenn er verletzt wurde. Nur noch ein Stück, dachte Danika, während sie sich vorsichtig ihrem Messer näherte, darauf bedacht, nicht in Aerons Blickfeld zu geraten. Die silberne Klinge schien ihr fast höhnisch zuzublinken.
„Es zahlt sich aus, Freunde zu haben“, bemerkte Aeron düster.
„Ich bin dein Freund.“
„Nein.“
„Aeron, ich liebe dich.“
„Nicht Aeron. Zorn.“
„Du bist Aeron. Mein Bruder aus der Büchse.“
„Und trotzdem hast du mich eingesperrt, obwohl du selbst weißt, wie schrecklich das Leben in Gefangenschaft ist.“
„Du hast mich darum gebeten. Angefleht hast du mich.“
„Du hättest nicht auf mich hören sollen!“
Jetzt bückte sich Danika. Als ihre Finger den Messergriff umschlossen, sah sie Reyes erblassen. Offenbar hatten Aerons Worte ihr Ziel getroffen, hatten Reyes verletzt wie ein Hieb mit dem Schwert. Langsam richtete sie sich wieder auf.
Reyes hatte ganz klar sie über seinen Freund gestellt, er hatte sich für sie entschieden – das wurde ihr jetzt bewusst, und sie begriff zum ersten Mal, wie schwer ihm diese Entscheidung gefallen sein musste. Diese zwei Männer hatten gemeinsam die Feuer der Hölle überstanden. Im wörtlichen Sinne!
„Ich hab getan, was ich tun musste, um dich vor dir selbst zu beschützen“, knurrte Reyes.
„Nein, du hast getan, was du tun musstest, um sie zu beschützen!“, schrie Aeron und schlug sich mit der Faust auf den Oberschenkel. Seine Nasenflügel bebten, und er ballte die Fäuste, bereit für einen nächsten Schlag. „Mein Freund.“
Reyes war nackt und unbewaffnet und traute sich wahrscheinlich nicht, sich dem Bett zu nähern, wo das andere Messer lag. Wahrscheinlich wollte er Aerons Aufmerksamkeit nicht auf Danika lenken. Schon wieder beschützte er sie und brachte sich dadurch selbst in Gefahr.
Danika fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah, wie Reyes sich Zentimeter für Zentimeter rückwärts bewegte. Sie fing an zu zittern und hätte am liebsten laut aufgeschrien und Reyes ihr Messer zugeworfen, damit er wenigstens eine Waffe zu seiner Verteidigung hätte. Aber was, wenn ihr Aufschrei ihn aus seiner Konzentration riss? Was, wenn Aeron die Ablenkung nutzte, um über ihn herzufallen und ihm die Kehle durchzuschneiden?
Sie hatte schon öfter miterlebt, wie Reyes’ Wunden verheilten und sich sein Körper erholte, aber sie wusste, dass er eine Enthauptung nicht überleben würde.
Legion stützte ihre geschuppten Ellbogen auf Aerons Schultern und blickte Danika beschwörend an. „Halt sssie auf, geh dazzzwischen. Aeron nicht sssoll Schmerzzzen haben.“ Geschuppte Hände zausten dem Krieger durchs Haar. „Ruhig, mein Freund, ganzzz ruhig.“
„Ich versuch’s“, flüsterte Danika. Mit gezücktem Messer, angriffsbereit, schlich sie sich langsam heran, immer im Schatten. Ziel auf den Hals.
„Ich bin der Dämon des Zorns.“ Je länger Aeron sprach, desto vielschichtiger wurde seine Stimme, tief und rau, trällernd und trotzdem barsch. „Du hast mir viel Leid zugefügt
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