Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
mal was von Duschen gehört, Herzchen-Schmerzchen?“
„Ich entschuldige mich für jedes Mal, das ich dir unrecht getan habe, Anya“, beeilte sich Reyes zu sagen. „Du musst mir nur sagen, was ich tun soll, um für meine Sünden zu büßen, und ich werde es tun. Aber bitte hilf mir zuerst. Kronos will mir Danika erst zurückgeben, wenn ich ihm beweisen kann, dass ich sie zu beschützen vermag.“
Götter im Himmel, bin ich ein Liebestrottel. Anya musterte Reyes eingehend. Er hatte abgenommen, vielleicht weil er nichts mehr aß, sondern nur noch mit Ambrosia vermischte Alkoholika in sich hineinkippte, und er hatte offenbar vor Urzeiten aufgehört, zu duschen und seine Wäsche zu wechseln. Darüber hinaus war er blass, und seine ungewaschenen Haare standen wüst zu Berge – vermutlich vom vielen Zerraufen.
Ehrlich gesagt sah er ziemlich kaputt aus.
Aber am meisten fiel ihr auf, dass er – zum ersten Mal überhaupt – nicht mit Schnittwunden übersät war. „Hey, warum ritzt du dich nicht mehr?“
Er schaute an seinen Armen hinunter und hielt sie ins Licht, um sie besser begutachten zu können, so als hätte er selbst gar nicht bemerkt, dass er sich keine Verletzungen mehr zufügte. „Ich leide jeden einzelnen Tag, Minute für Minute. Ich brauche mir nicht mehr wehzutun.“
„Aber was, wenn sie zurückkommt, dein Leiden ein Ende hat und du dich wieder ritzen musst? Würdest du sie immer noch wollen?“
„Ich würde mich freiwillig in Stücke schneiden, wenn ich sie nur wiederhaben könnte.“
„Interessant.“ Sie lehnte sich mit der Hüfte gegen den Waschtisch und schnitt sich auf der marmornen Tischplatte die Fingernägel. Klick, klick, klick. „Offensichtlich hast du mit König Arschgesicht gesprochen. Was genau hat er zu dir gesagt?“
William lehnte sich vor, um besser mithören zu können.
Reyes gab das Gespräch wortgetreu wieder, unbeeindruckt von seinen andächtigen, entzückten Zuhörern.
„Und wie hat er die Nachricht von Danikas Bildern aufgenommen?“
„Mit Wut. Und Angst. Glaube ich. Was, wenn er sie mir nie mehr zurückgibt?“ Plötzlich gaben seine Knie nach, und er sackte zu Boden. Dort blieb er abwartend sitzen. „Verdammt, ich glaube, ich war noch nie so klapprig.“
„Na, in dieser Verfassung wirst du Kronos nichts als Schwäche unter Beweis stellen.“ Anya hob ihre Hand und klopfte sich mit den Fingernägeln gegen das Kinn. „Er hat gesagt, dass Horden von Dämonen hinter Danika her sind. Vielleicht solltest du sie bekämpfen, sie töten.“
„Sie zu bekämpfen würde Jahrhunderte dauern“, gab William zu bedenken.
„Ja, aber Reyes hat doch massenhaft Zeit, er hat eigentlich nichts anderes als Zeit. Herrje“, sie rollte mit den Augen, „jetzt fahr mir doch nicht andauernd in die Parade. Warum machst du das nicht? Wenn du diesen Weg nicht gehen willst …“, fügte sie zu Reyes gewandt hinzu.
„Will ich nicht.“
„Na schön, egal. Dann lasst mich mal schauen. Es muss doch auch noch eine andere Möglichkeit geben. Denk nach, Anya, denk nach. Und du auch, William. Streng ruhig mal deinen dicken Kopf ein bisschen an.“
Schweigen. Stundenlanges Schweigen.
„Du könntest dich ein bisschen mit Kronos prügeln“, schlug William schließlich vor. „Mich zumindest würde das von deiner Stärke überzeugen.“
Anya klatschte vergnügt in die Hände. „Das ist es! Kämpfe mit Kronos und besiege ihn, damit beendest du nicht nur euer kleines Spielchen im Handumdrehen, sondern befreist die Welt auch noch von seiner Garstigkeit.“
Reyes riss die Augen auf. „Du machst Witze. Wie soll ich denn Kronos besiegen?“
Diese Worte dämpften ihre Begeisterung. „Du hast recht. Wahrscheinlich ist das unmöglich. Leider ist er das mächtigste lebende Wesen, während du, na ja … das nicht bist.“
„Aber ich bin ein verliebter Mann.“ In Reyes’ Augen lag jetzt ein wildes, fast irres Leuchten, ein Flackern, das ihr Angst machte. Wenn Reyes sich mit dem König der Götter anlegte, würde Lucien ausflippen. Und sie mochte es nicht, wenn Lucien ausflippte.
„Äh, Reyes, Baby, jetzt lass uns noch mal nach einer vernünftigen Lösung suchen. Irgendetwas …“
Falls Reyes ihr zuhörte, so war ihm das zumindest nicht anzumerken. Er war schwerfällig aufgestanden und humpelte aus dem Zimmer. Anya wünschte, sie hätte ihren vorlauten Mund gehalten.
Nachdem er so viel Essen in sich hineingestopft hatte, wie sein Magen gerade noch aufnehmen konnte, hatte sich Reyes
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