Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
sein Puls beschleunigte sich, Schweißperlen traten ihm auf die Schläfen. Wenn er ihr die Wahrheit sagte, würde sie sofort gehen. Und das wollte er nicht. Noch nicht. Tausende von Fragen jagten ihm noch durch den Kopf.
„Ich bin noch nicht zufrieden mit deiner letzten Antwort“, grummelte er. „Sag mir, ob du die Götter gesehen hast.“
Obwohl sie einige Schritte voneinander entfernt waren, hörte er, wie sie die Zähne zusammenbiss. „Ich weiß nicht, ob ich sie gesehen hab.“
„Denk nach!“, toste er.
Sie zuckte zusammen, und Reyes fauchte ihn böse an.
„Wie soll ich das wissen? Ich glaube nicht an Götter und Göttinnen, ich weiß nicht, wie sie aussehen und wie sie sich anhören.“ Ihr Atem kam stoßweise. „Möglich, dass ich zigmal von ihnen geträumt habe, ohne es zu wissen.“
„Hilf ihr, es herauszufinden“, schnauzte er Reyes an.
Reyes blickte sie an. Sein Blick war unnachgiebig und erinnerte Aeron an die Nacht, in der Reyes ihn gebeten hatte, Danika in die Stadt zu fliegen. Sie hatte partout nicht gewollt und Reyes hatte partout nicht gewollt, dass Aeron sie anrührte, aber trotzdem hatte er auf all diese Befindlichkeiten keine Rücksicht genommen, sondern die Beteiligten stur gezwungen mitzuspielen – im Dienste der gemeinsamen Sache.
So war er schon immer gewesen, stets hatte er die Wünsche und Bedürfnisse seiner Freunde über seine eigenen gestellt und sie entschlossen und unnachgiebig zu erfüllen versucht – auch wenn diesen Freunden seine harsche Vorgehensweise auf die Nerven ging.
„Wenn du Informationen zurückhältst, brechen wir das Gespräch hier ab“, warnte Reyes. Er ließ Danika los, verließ die Zelle, schloss die Tür und wandte sich ihr dann zu: „Aeron wird sein Wort halten. Sag ihm, was er wissen will, und er wird dir von deiner Großmutter erzählen. Was hast du kürzlich gesehen? Beschreibe es. Was hast du gehört? Jedes Detail ist wichtig.“
Sie schluckte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Abermals lief ihr ein Schauer über den Rücken, als sie ihren Blick von Reyes zu Aeron schweifen ließ. „Gab es kürzlich einen … einen Krieg? Ihr wisst schon … dort oben?“
Aerons Kiefer klappte herunter.
Reyes schnappte laut nach Luft. Er trat einen Schritt zurück und musterte Danika eingehend.
Es stimmte also: Sie konnte tatsächlich sehen, was im Himmel vor sich ging. Der Grund für den Todesbefehl gegen sie lag somit eindeutig auf der Hand.
„Ja“, krächzte Reyes. „Es gab einen Krieg.“
„Die Griechen, die gegen Titanen kämpften? Ich glaube, so nannten sie sich.“
„Ja“, antwortete Aeron.
Danikas Wangen hatten jegliche Farbe verloren. „Die Titanen haben gewonnen, und die Griechen wurden eingesperrt, zumindest die meisten von ihnen.“
„Ja.“ Beide, Reyes und Aeron, hatten unwillkürlich geflüstert.
„Die Titanen jagen umher auf der Suche nach irgendwelchen ganz speziellen Waffen. Der König … ich glaube, er war der König … hatte eine Besprechung mit dem neuen Chef der Leibwache. Ich schätze, das ist auch gleichzeitig der Armeechef.“ Sie sprach jetzt mit großer Geschwindigkeit, als fürchte sie, den Faden zu verlieren, wenn sie eine Pause machte. „Sie haben einen Plan. Der Armeechef will auf die Erde kommen, sich hier umschauen und abwarten, um schließlich zuzuschlagen. Ich erinnere mich nicht genau an jede Einzelheit, aber meine Bilder könnten da sicher weiterhelfen. Wenn ich aus meinen Träumen erwache, versuche ich, so schnell wie möglich alles zu vergessen. Ich will mich nicht an die Träume erinnern.“
„Bilder?“, fragte Reyes, und wieder war seine Stimme ein bloßes Krächzen.
Danika nickte, vor ihrem inneren Auge spulten sich düstere Filme ab. „Wenn ich von Himmel und Hölle träume, male ich anschließend auf, was ich gesehen habe, um mein Gedächtnis von all den Visionen zu befreien.“
„Und wo sind diese Bilder jetzt?“, fragte er und schlug mit einer solchen Kraft gegen die Wand hinter sich, dass sie mit erhobenen Händen zwei Schritte zurückwich.
„Ein paar sind in meiner Wohnung in New Mexico, die restlichen dort, wo ich meine Sachen für ein Jahr eingelagert habe.“
Reyes wandte sich jetzt zu Aeron um, grimmig und abwartend.
Auch Danika schaute ihn an. „Ich hab alles gesagt, was ich weiß. Jetzt bist du dran. Erzähl mir von meiner Großmutter.“
Nach allem, was sie ihm verraten hatte, schuldete er ihr die Wahrheit, und deshalb versuchte er auch gar nicht erst,
Weitere Kostenlose Bücher