Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
irgendetwas zu beschönigen. Er schaute ihr geradewegs in die Augen und sagte: „Ich denke, ich habe sie getötet.“
13. KAPITEL
Rom. Ein majestätischer Ort mit einer langen Geschichte, fußend auf Reichtum, Gewalt und Lust. Egal wo man in dieser großartigen Stadt stand, das Meer blies einem sein unschuldiges, ruhiges Lied herüber und der Himmel antwortete mit seiner friedlichen Melodie des Dämmerlichtes.
Doch nichts davon konnte Paris beruhigen.
Er stand am Rande des Tempels der Unaussprechlichen, verdeckt von seinen Freunden. Wartend. Der Tempel war unheimlich, Paris hätte schwören können, die Todesschreie von Gefolterten zu hören, die der Wind herüberwehte und über das friedliche Geräusch der Wellen legte. Die ganze Tempelanlage hatte sich erst vor Kurzem aus dem Meer erhoben, wo sie dem menschlichen Auge über Jahrtausende verborgen geblieben war. Jetzt wimmelte es auf dem ganzen Gelände von Arbeitern, die die bröckelnden Gänge reinigten und nach Spuren der Vergangenheit suchten. Sie wussten nicht, dass die Götter planten, den Tempel seiner ursprünglichen Funktion zuzuführen. Schon bald würden die Sterblichen an den Altären ihrer himmlischen Schöpfer wieder beten und Opfer darbringen, so wie sie es früher auch schon getan hatten.
Das Wiedererstehen des Tempels hier und seines Gegenstücks in Griechenland war jedoch nur der erste Schritt. Zumindest glaubte Paris das, der von allen Herren der Unterwelt vermutlich der menschlichste und erdverbundenste war. Seine Freunde würden wahrscheinlich lachen, wenn er ihnen seine Hypothese über ihre neuen Götter, die Titanen, kundtat. Aber Paris war überzeugt, dass sein stetiger intimer Kontakt mit den Menschen ihm half, die spirituelle Welt besser zu verstehen. Dadurch, dass er so viel Zeit mit Menschen verbrachte, kannte er sich mit ihren Gefühlen aus. Mit Gier, Eifersucht und dem Wunsch, geliebt zu werden.
Und es gab ohne Zweifel eine Schnittmenge zwischen den Gefühlen der Menschen und denen der Götter.
Was waren die Titanen denn sonst wenn nicht gierig nach der Macht, die sie ursprünglich einmal besessen hatten? Waren sie etwa nicht rasend eifersüchtig gewesen, als die Griechen die üppige Ernte einfuhren, die sie selbst noch gesät hatten? Und waren sie nicht ganz erpicht auf die Anbetung und Verehrung, die ihnen über Jahrtausende vorenthalten wurden? So viele Wünsche und Bedürfnisse der Titanen waren während ihrer langen Gefangenschaft nicht befriedigt worden, da war es nur natürlich, dass sie jetzt alles auf einmal wollten.
Und trotzdem half Paris diese Erkenntnis nicht weiter. Er konnte daraus nicht ableiten, wie er die Titanen bekämpfen sollte. Sie hatten immense Kräfte und Fähigkeiten, sie konnten sich mit bloßer Gedankenkraft von einem Ort zum anderen beamen, sie kontrollierten das Wetter und beobachteten völlig ungehindert die Welt und ihre Bewohner. Sie konnten mit einer Hand fluchen und mit der anderen segnen. Paris hingegen beherbergte einen Dämon, der fortwährend vögeln wollte. Einen Dämon, der ohne Sex anfing zu schwächeln und in einer Begegnung, die nicht mit Verführung zu tun hatte, keine große Hilfe war.
Wie sollte er mit so einem Dämon einen Kampf gewinnen?
Wenn er jedoch nichts unternahm, liefen seine Freunde Gefahr, für immer ausgelöscht zu werden, während die Jäger, ihre erbittertsten Feinde, womöglich zu Wachen über Frieden und Wohlstand gemacht wurden. Paris fragte sich sogar, ob die Spielsteine für ein solches Szenario nicht vielleicht schon gesetzt waren und womöglich ein einziger leichter Windstoß ausreichte, um das Unwetter auszulösen.
Doch was konnte er dagegen tun?
Die Büchse der Pandora finden, klar. Wenn sie in ihrem Besitz wäre, könnten er und seine Freunde nicht von ihren Dämonen getrennt werden. Denn das würde sie umbringen, jetzt, wo sie miteinander verschmolzen und unzertrennlich geworden waren. Es würde sie umbringen oder in den Wahnsinn treiben.
Paris fühlte sich so verdammt hilflos. Er fühlte, dass er ungehalten und permanent zornig war. Er fühlte sich … leer. Und um all diese negativen Gefühle war obendrein mit heißen Fäden seine Wut gewickelt. Seine Sienna war tot. Er hatte ihren Körper verbrannt und ihre Asche in alle Winde verstreut – eine Bestattung, wie sie einem Krieger geziemte. Sie würde nie wieder zurückkommen.
Aber wem sollte er die Schuld dafür geben? Den Jägern? Den Göttern?
Sich selbst?
Wen sollte er bestrafen? Wen sollte er
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