Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
wecken und seine Männer in Gefahr bringen. Und das würde Sabin nicht zulassen. Sie waren ihm viel zu wichtig. Er brauchte sie.
Er musste auf Abstand gehen. Also ließ er die Arme fallen und machte einen Schritt zur Seite. „Nicht anfassen.“ Die Worte waren nur ein Krächzen und klangen härter, als er beabsichtigt hatte. Sie wurde blass. „Jetzt komm. Lass uns von hier verschwinden.“
4. KAPITEL
D ie Frau würde ihn umbringen, und das nicht etwa, weil sie stärker und bösartiger war als er. Das war sie zweifelsohne. Er hatte noch keinem Menschen die Kehle herausgebissen, und dass Gwen es getan hatte, imponierte ihm mächtig. Sie hatte es geschafft, die Herren der Unterwelt wie Marshmellow-Männchen dastehen zu lassen.
Zwei ganze Tage waren vergangen, seit Sabin und seine Leute sie aus der Pyramide gerettet hatten. Und erst beim Anblick der Sonne hatte Gwen zufrieden gewirkt. Bis dahin hatte sie sich nicht entspannt. Oder gegessen. Die Energieriegel, auf die sie so scharf gewesen war, hatte sie nur sehnsüchtig angesehen, bevor sie den Kopf geschüttelt und sich weggedreht hatte. Sie benutzte nicht mal die tragbare Dusche, die Lucien auf Sabins Bitte hin für sie besorgt hatte.
Sie traute ihnen nicht. Offensichtlich wollte sie nicht das Risiko eingehen, vergiftet zu werden, wollte sich nicht der Verletzlichkeit des Schlafes oder der Nacktheit aussetzen. Und das war verständlich. Aber, verdammt noch mal, in ihm brodelte das Verlangen, sie zu all diesen Dingen zu zwingen. Zu ihrem Besten. Ohne das Dreckszeug, das in ihre Zelle gepumpt worden war, musste sie den Hunger bis in jede Faser ihres Körpers spüren. Sie musste erschöpft sein, und schmutzig wie sie war – von den letzten zwei Tagen sowie von der gesamten Zeit ihrer Gefangenschaft, was seltsam war, weil die anderen Frauen sauber waren –, konnte sie sich unmöglich wohlfühlen. Dennoch, sie zu zwingen war keine Option. Sabin wollte seine Luftröhre gern noch ein bisschen behalten.
Das Einzige, das sie von ihm angenommen hatte, war Kleidung. Seine Kleidung. Ein Camouflage-T-Shirt und eine Tarnhose. Die Sachen schlackerten an ihrem Körper, obwohl sie Ärmel, Hosenbund und Beine umgekrempelt hatte. Und trotzdem fand er, dass er noch keine schönere Frau gesehen hatte. Die wilden rostbraunen Locken, die Geh-mit-mir-ins-Bett-Lippen – das alles machte sie zur Sünde schlechthin. Und zu wissen, dass der Stoff, den sie trug, schon seinen Körper berührt hatte …
Ich muss mein selbst auferlegtes Zölibat beenden. Und zwar bald.
Sobald sie in Buda ankämen, würde er genau das tun. Sich eine Frau suchen, die nichts als ein bisschen Spaß wollte, und, nun ja, ihr diesen Spaß bereiten. Niemand würde verletzt werden, weil er nicht bei der Frau bleiben würde. Aber vielleicht bekam er so einen klaren Kopf und wusste dann endlich, wie er mit Gwen umgehen sollte.
Was ihn außerdem beschäftigte, war die Tatsache, dass Gwen sich in die Ecke seines Zeltes gesetzt hatte und ihn anstarrte – egal, wer hereinkam. Ihn. Als stellte er jetzt die größte Bedrohung für sie dar. Gut, er hatte sie vor zwei Tagen in der Höhle angefahren, als er ihr gesagt hatte, dass sie ihn nicht anfassen sollte. Aber er hatte auch dafür gesorgt, dass sie auf dem Weg durch die Wüste zu ihrem Lager auf den Beinen geblieben war. Er war bei ihr geblieben und hatte sie beschützt, während die anderen Krieger zurück in die Pyramide gegangen waren, um nachzusehen, ob sie bei der ersten Begehung etwas übersehen hatten. Hatte er diese tötenden Blicke wirklich verdient?
Vielleicht…
Halt’s Maul, Zweifel! Ich lege keinen Wert auf deine Meinung.
Keine Ahnung, warum dich interessiert, was sie denkt. Du hast Frauen doch noch nie gutgetan, hab ich recht? Schon komisch, dass ich dich ausgerechnet jetzt an Darla erinnern muss.
Auf dem sandigen Boden hockend, knallte Sabin den Deckel seiner Waffenkiste kräftig zu, schloss sie ab und wandte sich dann der Tasche mit Essen zu, die Paris in seinem Auftrag gebracht hatte.
Darla, Darla, Darla, sang der Dämon.
„Wie gesagt, halt endlich dein verdammtes Maul, du dreckiges Stück Scheiße! Ich hab die Schnauze voll von dir.“
Gwen, die immer noch in der gegenüberliegenden Ecke saß, zuckte zusammen. „Aber ich habe doch gar nichts gesagt.“
Er hatte lange Zeit mit Sterblichen zusammengelebt und gelernt, nur in Gedanken mit Zweifel zu kommunizieren. Dass er das jetzt – in Anwesenheit dieser schreckhaften und doch
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