Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
Dämon nicht kontrollieren und machte einige … schlimme Dinge, wie du es genannt hast. Aber das ist schon viele Tausend Jahre her, und inzwischen habe ich die Kontrolle. Die anderen auch. Wie ich dir in der Zelle schon gesagt habe: Du hast von uns nichts zu befürchten. Hast du mich verstanden, Rotschopf?“
Rotschopf. Vorhin, während ihrer Panikattacke, hatte er sie anders genannt. Liebling? Nein. Tyson hatte sie immer Liebling genannt. Schätzchen? Nein. Aber nah dran. Mein Schatz? Ja! Ja, das war es. Sie blinzelte überrascht. Und erfreut. Dieser harte Krieger, der einem Menschen, ohne zu zögern, die Kehle durchschneiden konnte, hatte sie als seinen kostbaren Schatz bezeichnet.
Warum also hatte er ihren Kuss nicht erwidert?
„Wir haben unser Flugziel erreicht, Jungs“, ertönte eine unbekannte, vor Erleichterung triefende Stimme durch die Lautsprecher. Der Pilot, nahm sie an und fühlte sich auf einmal schuldig, solchen Ärger verursacht zu haben. „Bereitet euch auf die Landung vor.“
Sabin blieb, wo er war. Wie ein unbezwingbarer Fels zwischen ihren Beinen. „Glaubst du mir, Gwen? Wirst du immer noch freiwillig mit in unser Zuhause kommen?“
„Freiwillig war es nie.“
„Aber du hast nie versucht zu fliehen.“
„Hätte ich einem fremden Land ganz allein trotzen sollen, ohne Proviant?“
Er runzelte die Stirn. „Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie geschickt du bist. Und wir haben dir immer wieder Essen angeboten. Aus irgendeinem Grund will ein Teil von dir bei uns sein, sonst wärst du nicht hier. Du weißt es, und ich weiß es auch.“
Dem hatte sie nichts entgegenzusetzen. Aber … warum? Warum wollte ein Teil von ihr bleiben? Damals oder jetzt?
Du kennst die Antwort auf diese Frage, auch wenn du versucht hast, es zu leugnen. Er. Sabin. Nicht an ihm interessiert? Ha! Sie sah ihn sich genau an und bemerkte die feinen Linien der Anspannung, sah die Fältchen um seine Augen, die spitzen Schatten, die seine Wimpern warfen, den Wangenmuskel, der zuckte. Der unregelmäßige Pulsschlag, der jetzt so laut in ihren Ohren pochte. Vielleicht fühlte er sich genauso zu ihr hingezogen und bekämpfte es bloß – genau wie sie. Der Gedanke machte sie glücklich.
Hatte er eine Frau, die in Budapest auf ihn wartete? Eine Ehefrau?
Gwen ballte die Hände zu Fäusten, und ihre Fingernägel gruben sich tief in ihr Fleisch. Das Glücksgefühl verschwand. Das ist unwichtig. Du solltest ihn nicht begehren.
„Gwen. Wirst du mitkommen?“
Die Art, wie er ihren Namen aussprach, war gleichermaßen ein Schlag und eine Liebkosung. Das irritierte sie, ließ Gwen erzittern. Es gefiel ihr, dass er Wert auf ihre Zusammenarbeit legte, obwohl sie den Verdacht hegte, dass er versuchen würde, ihr seinen Willen aufzuzwingen, wenn sie sich weigerte. „Vielleicht hätte ich wirklich weglaufen sollen.“
„Und wohin? In ein Leben voller Reue? In ein Leben, das von dem Wunsch beherrscht wird, dass du dich doch bloß gegen die gewehrt hättest, die dich verletzt haben? Ich biete dir eine Chance, mir dabei zu helfen, die Jäger zu töten. Und nur damit du es weißt: Sie zu töten wird nicht der einzige Gewinn sein.“
„Wie meinst du das?“
„Ich kann dir dabei helfen, deine Bestie genauso in den Griff zu bekommen wie ich. Ich kann dir helfen, sie für eine gute Sache einzusetzen. Willst du nicht endlich die Kontrolle haben?“
Ihr ganzes Leben lang hatte sie nur drei Dinge gewollt: ihren Vater treffen, sich den Respekt ihrer Familie verdienen und lernen, die Kontrolle über ihre Harpyie zu bekommen. Wenn Sabin sein Versprechen hielt, würde sie nach all diesen Jahren endlich eines dieser drei Dinge erreichen. Vermutlich schoss er über das Ziel hinaus, und das Ganze war zum Scheitern verurteilt, aber es war eine Versuchung, der sie nicht widerstehen konnte.
„Ich werde mit dir gehen“, sagte sie. „Ich werde dir so gut helfen, wie ich nur kann.“
Er sprühte förmlich vor Erleichterung, als er die Augen schloss und lächelte. „Danke.“
Das Lächeln ließ ihn wieder jungenhaft erscheinen. Während sie sich im Anblick seines kantigen und doch weichen Gesichts verlor, ging ein heftiger Ruck durch das Flugzeug. Sabin wurde zurückgeschleudert, sie vorwärts. Zu ihrer Freude – Bestürzung – wurde der Abstand zwischen ihnen nicht größer.
„Unter einer Bedingung“, fügte sie hinzu, als sie sich wieder auf ihre Plätze gesetzt hatten.
Misstrauisch fragte er: „Was?“
„Du musst meine
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