Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
nein, wag es nicht. Bleib bloß ruhig, du kleiner Scheißer. Du bist nicht zu dieser Party eingeladen.
In seinen Ohren ertönte ein Grollen, das er sogleich als Kriegsgeheul erkannte.
Du willst doch die Zweiadrige Rute holen, nicht wahr? Oder möchtest du lieber in die Büchse der Pandora zurück? Wenn ich versage, ist Kaia nämlich unsere einzige Hoffnung. Und wenn sie verliert, werden wir das Artefakt verlieren. Wenn wir das Artefakt verlieren, könnten die Jäger es benutzen, um sich die Büchse zu schnappen und dich wieder einzusperren. Und zwar bis in alle Ewigkeit.
Stille.
Ja. Das hatte er sich gedacht. Es gab nichts, was Niederlage mehr verachtete als seine Erinnerungen an die Büchse, an die Dunkelheit und die Isolation. Was er nicht erwähnte, war, dass Kaia ihn all ihren Hass spüren ließe, wenn er die Rute stahl. Aber irgendwann würde sie ihm vergeben, so wie Juliette ihrem Mann seine düsteren Taten vergeben hatte. Oder nicht?
„Kye“, hörte er Gideon sagen. „Ich stelle dich nur ungern meinem grässlichen Ehemann Scar vor.“ Er deutete auf die dunkelhaarige Sexbombe an seiner Seite. Da Gideon nicht die Wahrheit sprechen konnte, ohne unsägliche Schmerzen zu erleiden, hatte er gelogen. Mit jedem Wort.
„Eigentlich heiße ich Scarlet“, erwiderte seine Frau. Sie war die Hüterin von Albträume , und wenn sie in ihren Träumenjemanden tötete, starb er auch in Wirklichkeit. Sie war groß, schlank und höllisch gemein. „Und nur falls du dich das fragen solltest: Ich habe keinen Penis.“
Warum konnte ich diesen Dämon nicht bekommen? Albträume. Das wäre cool gewesen.
Niederlage brummte missbilligend.
Du bist wirklich eine Nervensäge.
„Ich bin Kaia. Oder auch ‚verdammt Kaia‘, wie Strider mich gern nennt.“
„Stimmt gar nicht“, knurrte Strider. Er nannte sie Baby Doll. Und das war sie auch. Wo zum Teufel blieb überhaupt Sabin? Er musste so schnell wie möglich hier raus.
Kaia ignorierte ihn. „Warst du nicht vor nicht allzu langer Zeit im Kerker der Herren eingesperrt?“, fragte sie Scarlet. „Zu gefährlich, um frei herumzulaufen, nicht vertrauenswürdig, extrem gewaltbereit und so weiter und so fort.“
„Ja. Zum Glück ist es genau das, was den hier so in den Wahnsinn treibt“, antwortete sie und wies mit dem Kinn auf Gideon.
Gideon wackelte mit den dunklen Augenbrauen, woraufhin Kaia ein warmes, heiseres Kichern ausstieß. Und Hölle noch eins – Strider spürte, wie sein Körper darauf reagierte. Einen viel schlechteren Zeitpunkt gab es wohl kaum, um einen Ständer zu präsentieren.
Kaia ist in guten Händen, dachte er. Vor allem, weil Gideons Hände brandneu sind. Die alten waren ihm von den Jägern abgehackt worden, sodass ihm zwei neue hatten wachsen müssen. Zu jenem Zeitpunkt war Strider angesichts der Schmerzen, die sein Freund ertragen musste, ausgeflippt. Mittlerweile konnte er darüber Witze machen. Jedenfalls brauchte er sich keine Sorgen um Kaia zu machen – oder sich weiterhin nach ihr zu verzehren, denn das täte er, wenn er sie noch länger beobachtete –, und deshalb ging er zur Bar. Und bemerkte die Blondine mit den pinkfarbenen Strähnen und den lückenlos tätowierten Armen. Haidee. Mist. Dass sie und Kaia sich im selben Raum aufhielten, war vermutlich keine allzu gute Idee.
Als sie sich mit zwei Flaschen Bier in den Händen umdrehte, nickte sie ihm zur Begrüßung kurz zu. Und sie leuchtete noch immer – jedoch nicht, weil sie schwanger war, so wie er zuerst angenommen hatte. Sonst hätte sie auf keinen Fall Bier getrunken. Sie leuchtete einfach vor lauter Liebe, was seine zweite Annahme bestätigte.
Wieder spürte er kein Stechen in der Brust, als er sie ansah, und nie zuvor hatte er sich mehr darüber gefreut.
„Du solltest nicht hier sein“, sagte er, bevor er beim Barkeeper ein Bier bestellte.
Für einen kurzen Moment sah sie gekränkt aus. Dann war der Ausdruck wieder verschwunden.
„Ich wollte nicht gemein sein“, räumte er ein. „Sondern dich nur beschützen.“
Sie lächelte süß und schüttelte den Kopf. „Mach dir keine Gedanken. Amun ist gerade erst aus dem Himmel zurückgekehrt, und deshalb hätte mich heute nichts von ihm trennen können. Schon gar nicht, wenn er morgen vielleicht schon wieder fort sein wird.“
Wie einsam sie klang. „Wieso morgen?“
„Ich will nicht darüber sprechen“, erwiderte sie grummelnd, und das Lächeln erstarb.
Er hob die Hand, um ihr tröstend den Rücken zu tätscheln,
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