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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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derselben –, erhob sich nun im Licht einer einzigen Straßenfackel ein schäbiger, strohgedeckter Holz-und-Lehm-Bau. Putz bröckelte aus den Gefachen zwischen den modernden Pfosten und Riegeln. Die Fensterläden hingen schief und ächzten in den Angeln, wenn ein Lufthauch sie bewegte. Die Butzenscheiben der Fenster waren stumpf und verwittert. Und quer durch das holzgeschnitzte Wappen neben der Tür, das die Rose und das Stundenglas der Historiker zeigte, Sinnbild für die Blüte, die aus dem Studium des Vergangenen erwächst, ging ein Riss. Ja, hätte Kim nicht die Inschrift gekannt, er hätte sie kaum mehr lesen können. So aber wusste er, was die Worte über dem Schild bedeuteten: COLLEGIVM HISTORICVM war da zu lesen. Und darunter das Motto: Verba volant, acta manent. Worte vergehen, Taten bleiben.
    Nach dem, was er in den letzten Tagen erlebt hatte, hatte Kim so seine Zweifel.
    Fabian pochte mit dem Knauf seines Schwertes gegen die Tür. »Magister Queribus, macht auf. Ich bin’s, Fabianus Alexis!«
    Eine Weile geschah nichts, dann hörte man ein Trappeln von Schritten, und in der verwitterten Tür öffnete sich ein kleiner Laden. Ein Gesicht tauchte darin auf; im Licht der einzigen Fackel, welche den Vorplatz erhellte, waren nur eine spitze Nase und zwei funkelnde Mausäuglein zu erkennen.
    »Wer … wie … was?«
    Fabian riss die Fackel aus der Halterung und hielt sie sich vors Gesicht. »Fabianus, Euer Schüler. Erkennt Ihr mich nicht?«
    Man hörte ein Scharren, das Knirschen eines Riegels, dann öffnete sich mit einem Ächzen die Tür. Drinnen stand ein verschrecktes, verhutzeltes Männchen, kaum größer als ein Ffolksmann, in die schäbige Robe eines Magisters gekleidet, und sah ihnen mit einer Mischung aus Furcht und Erleichterung entgegen.
    »Fabianus! Dich schickt der heilige Vater … ich meine … wer auch immer. Der Himmel …!« Dann sah der Gelehrte, wer sich hinter Fabian auf der Gasse drängte, und seine Augen wurden größer. »Aber … wer ist das?«
    Fabian schob die Tür auf – polternd ging ein Schemel zu Boden, auf den sich der kleine Magister offensichtlich gestellt hatte, um durch die Luke zu spähen – und trat über die Schwelle. Die anderen drängten nach.
    »Nein«, stammelte der Magister, »das geht doch nicht.« Dann sah er Gilfalas und Ithúriël. »Thai na Eloai metannias … eh, metannieth, wollte ich sagen. … So hoher Besuch, welche Ehre. Aber …«, sein Blick fiel auf Kim und Aldo, der den Esel am Zügel führte, »Kinder und Tiere haben hier keinen Zutritt … und Bolgs auch nicht! Interdictum. Non sit!«
    » Ich bin kein Kind«, sagte Kim entrüstet, um in bestem akademischen Duktus hinzuzufügen: »Cimberonus Vitus, Baccalaureus Artium Civisque Universitatis Altae …« Altae Thurionis, hatte er sagen wollen. Aber an dieser Universität hier hatte er nie studiert.
    »Dies ist Herr Kimberon von Aldswick«, klärte Fabian die Situation, »ein Historiker wie Ihr, und sein Adlatus Alderon. Gilfalas, König von Elbland, und seine Schwester, die Prinzessin Ithúriël, habt Ihr bereits begrüßt. Und der Bolg bleibt hier – und der Esel auch.«
    Die Mausaugen des Magisters gingen verstört von einem zum anderen und blieben schließlich auf Fabian haften.
    »Fabianus, du musst mir helfen. Dieser … dieser Verrückte. Er zerstört mir die ganze Bibliothek!«
    Aus den Kellergewölben hörte man ein Krachen, gefolgt von einem kehligen, unverständlichen Fluch.
    Der Magister rang verzweifelt die Hände. »Er hat sich da unten eingenistet, im Archiv … und er macht alles kaputt …«
    Eine steile Falte stand auf Fabians Stirn. »Im Archiv, sagt Ihr? Das sollten wir uns ansehen. Kim, du kommst mit, Gilfalas ebenso. Und Gorbaz – für den Fall, dass wir jemanden brauchen …« Er ließ den Satz unvollendet. »Die anderen behalten die Tür im Auge.«
    Eine ausgetretene hölzerne Stiege führte in die Kellergewölbe hinab. Fabian ging voran; Kim folgte dichtauf. Er hatte seinen Dolch gezogen. Gilfalas’ Tritt war nicht zu hören, aber hinter ihm ächzten die Treppenstufen unter Gorbaz’ Gewicht.
    Die Tür zum Archiv war nur angelehnt. Irgendetwas rumorte dahinter. Wieder fiel etwas polternd zu Boden.
    »Kim, du bist kleiner«, flüsterte Fabian. »Kannst du durch den Türspalt linsen?«
    Vorsichtig schob Kim den Kopf um die Ecke – und riss ihn sofort wieder zurück, als ein mit aller Kraft geschleuderter Foliant ihn nur um Haaresbreite verfehlte.
    »Kommt rein«, dröhnte

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