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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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an der Gare du Nord von Präsident Moret von der Banque de France empfangen. Am Freitag, dem 10. Juli, aß er in der Banque mit den »Régents« des die Bank verwaltenden Rats zu Mittag. Die beiden mächtigsten von ihnen, François de Wendel und Baron Edmond de Rothschild, die beide ausgesprochen deutschfeindlich eingestellt waren, lehnten die Idee eines Kredits von der Banque ab und sagten Luther, seine einzige Hoffnung sei ein Kredit von der Regierung. An diesem Nachmittag und am Abend fuhr der Reichsbankpräsident von Ministerium zu Ministerium und versäumte einen Zug nach Berlin nach dem anderen. Die französische Regierung teilte ihm mit, sie sei eventuell dazu bereit, einen Kredit von 300 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen – vorausgesetzt, dass Deutschland die Zollunion mit Österreich aufgab, den Bau zweier neuer kleiner Schlachtschiffe aufschob, die Zinsen deutlich erhöhte, um die Kapitalflucht ins Ausland zu stoppen und sich »definitiv einer demokratischen und pazifistischen Politik zuwandte«, indem es öffentliche Demonstrationen nationalistischer Organisationen untersagte.
    Da er nur Präsident der Reichsbank war, war Luther nicht bevollmächtigt, diesen Bedingungen zuzustimmen. Am Samstag, dem 11. Juli, stieg er in Le Bourget in ein Flugzeug nach Berlin. »Seit den Tagen im Juli 1914, als sich der Weltkrieg zusammenbraute, gab es nicht mehr so starke Gerüchte«, schrieb das Magazin Time über dieses Wochenende. Das deutsche Kabinett versammelte sich um 20.00 Uhr und debattierte bis in die frühen Morgenstunden. Jede bedeutende deutsche Zeitung wetterte gegen die »politische Erpressung« durch Frankreich und warnte, dies werde die »Verbitterung des deutschen Volkes« gegen Frankreich nur noch verstärken. Es gab Gerüchte, Reichspräsident Hindenburg werde zurücktreten, falls die Regierung nachgeben sollte. Über den Telegrafen kam das noch verblüffendere Gerücht, die Regierung wolle alle privaten Unternehmen und Banken, das Transportwesen und den Handel verstaatlichen.
    An diesem Sonntag gab das deutsche Kabinett die Ablehnung des französischen Angebots bekannt. Das französische Kabinett, das sich über das lange Wochenende rund um den Nationalfeiertag in alle Winde zerstreut hatte – Laval auf sein Landhaus, Außenminister Brian zum Angeln auf seinen Bauernhof in Cocherel, Finanzminister Flandin an den Strand in der Bretagne –, wurde nach Paris zurückbeordert. Sie hörten einen leidenschaftlichen Appell des deutschen Botschafters Dr. Leopold von Hoesch, die Angelegenheit noch einmal zu überdenken. Wollten sie wirklich eine Revolution in Deutschland auslösen? Obwohl Laval zustimmte, dass »sie einen entscheidenden Punkt in der Geschichte der Welt erreicht hatten«, war er nicht bereit, etwas Neues anzubieten. 48 Paul Einzig erfasste die damalige Meinung vieler Europäer, als er später schrieb: »Auf den Ruinen des Wohlstands, der Prosperität und der Stabilität anderer Nationen hat es Frankreich geschafft, die heiß ersehnte politische und finanzielle Hegemonie über Europa zu etablieren.«
    Der amerikanische Botschafter in Berlin, Frederick Sackett, telegrafierte nach Washington, falls Deutschland nicht sofort 300 Millionen Dollar erhalte, werde es den Staatsbankrott ausrufen und die drei Milliarden Dollar nicht zahlen, die es amerikanischen Banken und Investoren schuldete. George Harrison berief eine Notkonferenz der New Yorker Fed mit dem stellvertretenden Finanzminister Mills sowie Owen Young und Parker Gilbert ein – den beiden Männern, die am meisten über Deutschland wussten. Sie kamen zu dem Urteil, man würde schlechtem Geld gutes Geld hinterherwerfen, weil die USA durch das Kriegsschuldenmoratorium bereits 300 Millionen Dollar beigetragen hatten.
    Am Abend folgte eine weitere lange Kabinettssitzung in Berlin. Zur Überraschung der meisten Anwesenden wurde Schacht eingeladen und saß direkt neben dem Reichskanzler. Durch eine seltsame Fügung des Schicksals sollten die englischen und amerikanischen Ausgaben seines Buchs Das Ende der Reparationen am folgenden Tag in London und New York erscheinen. Das Buch war ein langer Angriff auf die Reparationen, die Schacht als »das Ausbluten Deutschlands« und als »Zerstörung der Kreditwürdigkeit Deutschlands« beschrieb. Vor allem ein bestimmter Auszug wurde in britischen und amerikanischen Zeitungen häufig zitiert: »Nie wurde die Unfähigkeit der ökonomischen Führer der kapitalistischen Welt so eklatant demonstriert

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