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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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ein paar Sätze wert. Aber Mr. Norman, Präsident der Bank of England, der als Professor Skinner reiste, war ein großes Thema für die Presse. Man witterte Geheimnisvolles, phantasierte von internationalen Verschwörungen.
Wir halten die Überschrift »Montagu C. Norman kommt unter seinem eigenen Namen in New York an« für eine Bedrohung einer etablierten amerikanischen Institution. … Wie lange müssen wir die Machenschaften der internationalen Bankiers noch ertragen?
    Obwohl Norman die Bühne der internationalen Finanzen nicht mehr dominierte, bemerkten die meisten seiner Kollegen, dass der Umgang mit ihm nun wesentlich einfacher war. Der Grund dafür wurde am 20. Januar 1933 bekannt. Die Presse deckte auf, dass er im Standesamt in Chelsea eine Heiratslizenz beantragt hatte. Zur größten Verwunderung ganz Londons wurde er, der 61 Jahre alt war, am nächsten Tag mit der 33-jährigen Priscilla Worsthorne getraut. Sie stammte aus einer alten, römisch-katholischen Adelsfamilie und war früher mit einem reichen, trägen belgischen Emigranten verheiratet, Alexander Koch de Gooreynd, der den anglisierten Namen Worsthorne angenommen hatte. Sie hatten zwei gemeinsame Söhne, waren aber nun geschieden. Norman hatte auf eine bescheidene, private Hochzeitsfeier gehofft. Stattdessen war das Standesamt in Chelsea von Reportern umzingelt, und das frisch verheiratete Paar musste sich durch die Hintertür auf dem Umweg durch ein Armenhaus aus dem Staub machen. Um den Paparazzi aus dem Weg zu gehen, kletterten sie am Nachmittag über eine Gartenmauer von Thorpe Lodge.
    In der Woche, als Roosevelt den Dollar vom Goldstandard befreite, befand sich Norman auf einer verspäteten Hochzeitsreise am Mittelmeer. Bei seiner Rückkehr nach London in der folgenden Woche konnte ihm niemand sagen, was da vor sich ging. Selbst Harrison konnte ihm nur einen kleinen Hinweis geben, als er Norman am Telefon sagte, er sei von der Abwertung des Dollars vollkommen überrascht worden. Er selbst müsse sich hinsichtlich der Informationen über die Währungspolitik auf Zeitungsmeldungen verlassen, die, soweit er wusste, von den »Launen« der Experten im Weißen Haus bestimmt wurden. Da der Präsident die Dinge selbst in die Hand genommen hatte, war die Fed »völlig im Unklaren, was unsere Politik ist oder sein wird.« Derweil war Meyer aus dem Board der Fed zurückgetreten, das nun kaum noch funktionierte, und die Morgans unterstützten die Inflationspolitik des Präsidenten.
    Norman wusste nicht recht, wie er reagieren sollte. So sehr er sich nach der Sicherheit des Goldstandards sehnte, musste er doch zugeben, dass der Abschied vom Gold in Großbritannien gut funktioniert hatte. Das Land hatte vom 30-prozentigen Wechselkursverlust des Pfunds enorm profitiert. Die sinkende Währung hatte die inländische Wirtschaft vom weltweiten Chaos Ende 1931 und 1932 isoliert. Während die Preise 1932 im Rest der Welt um zehn Prozent gefallen waren, stiegen sie in Großbritannien um einige Prozentpunkte. Zudem hatte Norman die Zinsen auf zwei Prozent senken können, seit es keinen Zwang mehr gab, das Pfund am Gold zu orientieren. Die Kombination aus dem Ende der Deflation, dem billigen Geld im Inland und dem billigeren Pfund im Ausland, das die Wettbewerbsfähigkeit britischer Produkte auf den Weltmärkten stärkte, führte zu einer Wiederbelebung der Wirtschaft. Daher war Großbritannien das erste der wichtigen Länder, das sich aus der Depression löste.
    Norman machte allerdings einen Unterschied zwischen der Situation Großbritanniens, das durch seine schwache internationale Stellung zum Abschied vom Goldstandard gezwungen wurde und der Situation der USA, die mit ihren enormen Goldreserven die Führungsrolle in der Weltwirtschaft spielen konnten. Er fürchtete, dass die USA diese Position nun aufgaben, dass die Abwertung des Dollars ein erster räuberischer Schritt zu einem voll ausgeprägten Währungskrieg sein könnte, in dem die einzelnen Länder versuchen würden, ihre Währungen zu schwächen, um einander Marktanteile abzujagen, und dass die Welt vor einer Periode der geldwirtschaftlichen Anarchie stehen könnte.
    Norman war zwar besorgt, was die Wechselkursentwicklung des Dollars für Großbritannien bedeuten könnte, aber zumindest teilte er Roosevelts Überzeugung, dass sinkende Preise die Ursache der Depression gewesen waren. Clément Moret, der Gouverneur der Banque de France, sah die Welt völlig anders. Für Frankreich, die letzte Großmacht,

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