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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Namen The Governor and Company of the Bank of England ihre Geschäfte auf.
    In den ersten 150 Jahren operierte sie wie jede andere Bank auch, obwohl sie viel größer als ihre Wettbewerber war und gewisse Vorrechte genoss. Dazu gehörte vor allem der alleinige Zugang zu Bankgeschäften der Regierung, womit sie den größten Teil ihres Einkommens erzielte. Wie alle anderen Banken im Land gab sie Banknoten heraus und nahm Einlagen von Kunden an, hielt ihre Reserven in Gold und diskontierte Wechsel – kurzfristige Kredite an Kaufleute, die damit Handel und Gütertransport finanzierten.
    Die Bank sah ihre Aufgabe sicher nicht darin, die Währung zu managen. Aber wegen ihrer Größe und ihrer Stabilität erlangte sie im Lauf der Zeit eine hervorgehobene Stellung unter den Banken, und ihre Banknoten wurden zur wichtigsten Papierwährung im Land. Die kleineren Wettbewerber vertrauten ihr ihre Reserven an, und allmählich wurde sie zu einer Bank der Bankiers, zum Wächter und zum Kindermädchen der Londoner City, wobei sie sich den liebevollen Spitznamen »Die alte Dame in der
Threadneedle Street« erwarb. Aber ihr Einfluss wurde niemals so recht formell festgelegt; man war sich nicht wirklich im Klaren über ihre wirkliche Rolle und ihre Verantwortung.
    Ganz ähnlich wie viele britische Institutionen dieser Zeit wurde die Bank wie ein Club geführt. Sie wurde von 26 Direktoren geleitet, die man Court of the Bank of England nannte. Die Mitglieder kamen größtenteils aus einem elitären Kreis von Bankiers und Kaufleuten aus der City. Sie alle hatten die gleichen Schulen besucht, vorzugsweise Eton oder Harrow. Manche hatten sogar in Oxford oder Cambridge studiert. Sie lebten in Kensington oder Knightsbridge, waren Mitglieder der gleichen Clubs, in der Regel White’s oder Boodle’s, und sie trafen sich in ihren hübschen, aber nicht snobistischen Landhäusern in den Regionen rund um London, die man Home Counties nannte. Ihre Töchter heirateten zuweilen einen Mann aus dem Landadel, aber meist heiratete man untereinander. Nur wenige Gesellschaften auf dieser Welt waren derart komfortabel, zuversichtlich und zivilisiert.
    Im Aufsichtsrat waren sämtliche bedeutenden Bankiersfamilien Londons vertreten. Immer gab es da einen Baring, einen Grenfell und einen Goschen. Meist gab es dort auch einen Partner von Brown Shipley und von Anthony Gibbs. Zwar gehörten auch einige Adelige zu dieser Gruppe, aber von den großen Landbesitzern Großbritanniens war dort niemand vertreten – diese Leute gingen lieber in die Politik. Nur einmal gab es einen Juden im Court of the Bank of England. Natürlich handelte es sich dabei um Alfred de Rothschild, der 1868 gewählt wurde und sich 1889 zurückzog.
    Die Direktoren wurden in der Regel mit Ende 30 berufen und auf Lebzeiten ernannt – oder zumindest bis zum Beginn der Senilität. Viele waren mehr als 70 oder 80 Jahre alt, und manche hatten dem Court mehr als ein halbes Jahrhundert lang angehört. Es handelte sich um eine Teilzeitarbeit, die nicht allzu anstrengend war. Man traf sich einmal pro Woche. Außerdem hatte jeder Direktor seine Verpflichtungen im Committee of Daily Waiting: Jeden Tag mussten drei der 26 Direktoren in der Bank anwesend sein. Sie trugen die Verantwortung für die Tresorschlüssel, überwachten die dort gelagerten Wertpapiere und dinierten mit dem Kommandeur der Wachmannschaft, die jede Nacht aus ihrer Kaserne in Knightsbridge marschierte, um die Bank zu schützen. Für diese Pflichten erhielt ein Direktor ein jährliches Honorar im Gegenwert von 2 500 Dollar. Das entsprach dem Einkommen eines Obersten in der Armee oder eines Kanonikus in Westminster.
    Im Court waren nur die Pflichten des Präsidenten und des stellvertretenden Präsidenten Vollzeit-Positionen. Die jeweiligen Amtsträger mussten vorübergehend ihre eigenen Geschäfte aufgeben. Jedes Ratsmitglied erhielt die Chance, für zwei Jahre stellvertretender Präsident und für weitere zwei Jahre Präsident zu werden. Die Bereitschaft dazu wurde auch erwartet. Im 19. und im frühen 20. Jahrhundert Präsident der Bank of England zu sein war daher keine Auszeichnung für besondere Verdienste, sondern nur ein Zeichen für die richtige Herkunft, für Geduld, für Langlebigkeit und den Luxus, ein ausreichend profitables Geschäft mit Partnern zu besitzen, die dazu bereit waren, dem Betreffenden eine vierjährige Auszeit zu gewähren. Am Ende seiner Amtszeit – Amtszeiten wurden selten verlängert, und wenn, dann nur

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