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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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vielleicht nötig gewesen war, um Vertrauen zu schaffen, war das nun nicht länger der Fall. Die Einstellungen gegenüber Papiergeld hatten sich weiterentwickelt, und es war in einer hoch entwickelten modernen Volkswirtschaft nicht nötig, dass die Bestände an Edelmetallen die Kreditschaffung regulierten. Die Zentralbanken waren absolut in der Lage, die monetären Angelegenheiten ihrer Länder vernünftig und verantwortlich zu managen, ohne sich an dieses »barbarische Relikt« binden zu müssen.
    Obwohl das Buch eine fachliche Monografie war, konnte der Cambridge-Student in Keynes der Versuchung nicht widerstehen, das Buch mit dem spielerischen Sarkasmus zu würzen, der Die wirtschaftlichen Folgen zu einem solchen Erfolg gemacht hatte. Flapsig widmete er das Buch, »bescheiden und ohne Erlaubnis, den Direktoren und dem Court der Bank of England«, sehr wohl wissend, dass die Mitglieder dieser erhabenen Körperschaft fast alles missbilligen würden, was er zu sagen hatte. Er machte sich über die Selbstgefälligkeit dieser »konservativen Bankiers« lustig, die »dachten, es passe besser zu ihrer Amtstracht und erspare auch einige Denkarbeit, die öffentliche Diskussion über Finanzthemen von der logischen auf eine angeblich moralische Ebene zu verlagern – ein Reich des Denkens, wo persönliche Interessen ohne weitere Debatten über das allgemeine Wohl triumphieren können.« Und er pfefferte das Buch mit jener Art von Bonmots – deren berühmtestes lautet: »Auf lange Sicht sind wir alle tot« – die ihn zu einem so faszinierenden Gesprächspartner machten.
    Was das Buch aber mehr als alles andere zum Klassiker machte war Keynes’ Fähigkeit, unter die Oberfläche monetärer Phänomene zu blicken und einige ihrer tiefer gehenden Wahrheiten und Verbindungen zur Gesellschaft im Allgemeinen aufzudecken. Ein Beispiel: Indem er in einem stilisierten Bild der Volkswirtschaft die Folgen steigender Preise für verschiedene gesellschaftliche Schichten untersuchte – heute würden die Wirtschaftswissenschaftler wohl von einem Modell sprechen –, zeigte er, dass Inflation viel mehr war als einfach nur steigende Preise. Sie war auch ein subtiler Mechanismus zum Transfer von Wohlstand zwischen sozialen Gruppen – weg von Sparern, Gläubigern und Lohnabhängigen und hin zur Regierung, zu Schuldnern und Geschäftsleuten. Auf diese Weise beleuchtete er die Tatsache, dass die Nachkriegsinflation in Ländern wie Frankreich und Deutschland nicht einfach nur das Resultat einer falschen Geldpolitik war. Vielmehr war sie ein Symptom der Meinungsverschiedenheit, die die europäische Gesellschaft seit dem Krieg ruiniert hatte und bei der es darum ging, wie man die akkumulierte finanzielle Belastung aufteilen sollte, die dieser schreckliche Konflikt verursacht hatte.
    Im Gegensatz zu Die wirtschaftlichen Folgen hatte das neue Buch fast keine praktischen Auswirkungen. In einer Zeit, als die Währungen Mitteleuropas völlig zusammengebrochen waren und der Franc dem gefährlich nahe stand, konnte man nur wenige Leute davon überzeugen, das Management nationaler Gelder und Währungswerte dem Finanzministerium, den Politikern oder den Zentralbankiers anzuvertrauen. Es gab zu viele Beispiele – Deutschland, Österreich, Ungarn, zugegebenermaßen einige davon pathologische Extremfälle –, die zeigten, was passieren konnte, wenn die Disziplin des Goldes aufgegeben wurde. Aber die Erfahrungen des nächsten Jahrzehnts sollten dem Buch »die Ergebenheit der halben Welt« einbringen, wie es einer von Keynes’ Biografen ausdrückte.
    Normans Reaktion auf das Buch fiel aus wie erwartet: Er tat es als Schaumschlägerei eines schlauen Dilettanten ab. Er schrieb an Strong: »Für den Moment scheint Mr. Keynes sich selbst übertroffen zu haben, was vielleicht an seinem Versuch liegt, die Position eines finanziellen Mentors dieses und anderer Länder mit der eines hochklassigen Spekulanten zu kombinieren.« Was Norman von Keynes trennte, hatte weniger mit Ökonomie als mit Philosophie und der Sicht auf die Welt zu tun. Für Norman war der Goldstandard nicht nur ein bequemer Mechanismus zur Regulierung der Geldmenge, dessen Effizienz eine empirische Frage war. Für ihn hatte er eine eher existenzielle Bedeutung. Der Goldstandard war eine der Säulen einer freien Gesellschaft, wie die Eigentumsrechte oder die Habeas-Corpus-Akte, die sich in der liberalen westlichen Welt entwickelt hatten, um die Macht der Regierung einzuschränken – in diesem

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