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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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heiß wurden. Sie schwieg und senkte den Kopf.
    »Geh in den Garten, Kind, für die gemeinsame Schriftlesung.«
    »Ja!«, hauchte Wendelgard.
    In dem winzigen Gärtchen, in dem die Klausnerinnen ein wenig Kohl und ein paar Blumen zogen, warteten bereits Agnes, Daglinda, Beata und die Neue, Rachhildis, um der Stimme Wiboradas zu lauschen. Wendelgard nickte ihnen flüchtig zu, während ihr Blick wie jeden Morgen an der hohen Steinmauer emporschweifte, die ihre Zellen und den kleinen Garten unüberwindlich einschloss.
    Manchmal schien es ihr wie ein ferner Traum, dass sie diese rosafarbenen Wolken einstmals in den Armen ihres Mannes begrüßt hatte. Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen, doch sie wischte sie hastig fort, als sie Agnes’ Blick auf sich ruhen fühlte. Das strenge Gesicht der jungen Inkluse, die sich fast zur gleichen Zeit wie sie Wiboradas frommer Schar angeschlossen hatte, wurde noch härter. Scheu trat Wendelgard in den Schatten der Mauer, während Agnes sich abwandte und an Wiboradas Fenster trat, um mit der ehrwürdigen Frau ein paar Worte zu wechseln.
    »Pst!«
    Wendelgard drehte sich um, als sich Daglinda an ihre Seite drängte.
    »Was willst du?«
    »Einer der Brüder, die uns das Essen bringen, hat mir etwas über dich gesagt.«
    Wendelgard riss die Augen auf. »Aber wir sollen doch nicht mit den Brüdern reden.«
    Daglindas Mund bildete einen trotzigen Strich. »Ich bin Inkluse, aber ich bin nicht tot. Willst du jetzt wissen, was ich weiß, oder nicht?«
    Wendelgard streifte Agnes abgewandten Rücken mit einem scheuen Blick. »Was ist es?«
    »Es geht um deinen Onkel Heinrich. Die Herzöge wollen ihn zum neuen König machen. König der Sachsen und Franken.«
    Wendelgard schüttelte heftig den Kopf. »Das geht mich nichts mehr an. Ich habe mit dem Weltlichen abgeschlossen!«
    Ein listiges Lächeln huschte um Daglindas Mund. »Er könnte doch, als König, meine ich, aus unserer Gemeinschaft ein neues Kloster machen.«
    Wendelgard sah sie betroffen an. »O nein, ich werde meinem Onkel nicht schreiben. Ich habe ihn nie um etwas gebeten, warum sollte ich jetzt damit anfangen. Seit wann weißt du davon?«
    Daglinda verzog unwillig den Mund. »Seit ein paar Tagen, Wochen, ich weiß nicht. Aber was ist denn schon dabei? Ich meine, du bist die Witwe eines Mannes, der mit Karls des Großen zweiter Ehefrau verwandt ist, und die Nichte des neuen Königs.«
    Wendelgard lächelte wehmütig. »Daglinda«, sagte sie leise, »ich bin nur noch die Klausnerin Wendelgard.«
    »Ich dachte nur … Verzeih!« Daglinda wandte sich schweigend ab.
    »Ruhe!«, zischte in diesem Augenblick Agnes. Gleichzeitig sank sie vor Wiboradas Fenster auf die Knie.
    Die anderen folgten ihrem Beispiel, und Wiborada begann mit melodischer Stimme die Lesung. Wendelgard bezweifelte nicht, dass das Gerücht stimmte, dem zufolge Wiborada einhundertfünfzig Psalmen auswendig kannte.
    Als sie geendet hatte, wollten sich die Frauen erheben, doch Wiborada hob ihre Hand. »Wartet, ich habe noch ein paar Worte an euch zu richten. Ihr habt euch alle zu einem Leben in der Klausur entschlossen. Einige von euch, wie Agnes, Wendelgard oder Beata, sind vor nunmehr fast vier Jahren hierhergekommen, kurz nachdem ich die erste Zelle bezogen hatte. Ihr habt vor Christus, unserem Heiland, und vor Gott, unserem Herrn, ein Gelübde abgelegt, das euch auf ewig bindet. Aber einige von euch sind noch immer nicht fähig, einen sauren Apfel einem süßen vorzuziehen, so sehr sie es auch beteuern.«
    Wendelgard schloss die Augen und senkte den Kopf so tief, dass der dunkle Schleier einen Großteil ihres Gesichtes verbarg.
    Wiborada fuhr mit erhobener Stimme fort: »Aber nur eine von euch hatte einmal, als sie noch dem Weltlichen verhaftet war, einen Gemahl und Kinder. Tritt vor und bereue!«
    Wendelgard stand auf und stellte sich vor Wiborada.
    »Ich muss es ansprechen, Wendelgard«, erklärte Wiborada und sah ihr streng ins Gesicht. »Knie nieder!«
    Wendelgard gehorchte stumm.
    »Fast jede Nacht schreist du, stöhnst, erwachst in Tränen und betest wie keine andere um Erlösung und Vergebung. Ich höre alles. Aber ich bin nicht befugt, über dich zu urteilen. Ich kann dich nur bitten, dein Herz noch einmal gründlich zu prüfen, hier, vor den anderen und im Angesicht Gottes!«
    »Darf ich sprechen?«, fragte Wendelgard mit zitternder Stimme.
    Wiborada machte eine ermutigende Geste.
    »Es sind die Träume, ehrwürdige Ratgeberin. Du bist unser Vorbild, dem

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