Die Herren von Buchhorn
…?«
Mechthild wurde ernst. »Nein. Aber ich glaube, dass wir einiges zu bereden haben.« Sie stieß den Fensterladen auf. »Siehst du den roten Streifen über dem Pfänder? Es wird ein schöner Tag.«
Er nickte und nahm das Reisebündel seiner Frau. Sie tasteten sich durch den dunklen Flur die schmale Stiege hinab und zurück in den Hof. Fridrun erwartete sie bereits mit einem Bündel mit Käse und Brot. Sogar ein Stück Braten hatte sie eingepackt, das sie mit einem strahlenden Lächeln überreichte. Gerald fühlte, wie er wieder rot wurde. »Ich bin im Stall«, murmelte er und machte, dass er fortkam.
Die beiden Frauen blieben zurück.
Fridrun schlang die Arme um den Körper und fröstelte. »Ich hoffe, Ihr denkt nicht …« Sie schwieg verlegen.
Mechthild lachte. »Mach dir da keine Sorgen, Mädchen. Du hast gestern gut und vernünftig gehandelt, als du mich geholt hast. Ich danke dir.« Sie betrachtete Fridrun von Kopf bis Fuß. Die Magd hatte ein breites Becken und ansehnliche Brüste. »Wenn mein Sohn …« Sie machte eine winzige Pause und musterte Fridrun scharf. Als diese rasch auf ihre Hände sah, lächelte sie unmerklich. »Wenn er kommt, sag, wir sind nach St. Gallen unterwegs. Er soll uns einholen.«
»Gern, Herrin!«
»Mechthild! Bist du so weit?«
»Ja, Gerald, ich komme.«
Die Frauen wechselten einen Gruß, dann eilte Mechthild zum Karren, der schemenhaft in der Morgendämmerung auf sie wartete. Gerald saß bereits auf dem Kutschbock.
Über der Siedlung wurde es allmählich hell.
»Sie ist nett«, sagte sie, als sie sich von ihrem Mann auf den Bock helfen ließ. »Und sie mag unseren Sohn.«
»Hüh!« Gerald schnalzte mit der Zunge. »Der Knecht wollte doch tatsächlich noch eine Vergütung für die Hirse für Wildfang.«
»Ach Mann! Sei nicht immer so knausrig.«
»Einer muss das Geld zusammenhalten.«
Sie verzog das Gesicht. »Ja, und das bist nicht du!«
Er brummte und lenkte Wildfang zur Uferstraße hin. Plötzlich zügelte er den alten Hengst, worauf dieser unwillig schnaubte. »Die Spange!«
Sie griff in ihr Bündel und holte das Schmuckstück hervor. »Einer muss ja an alles denken.«
Jetzt lachte er. »Ja, und das bin nicht ich.«
Er trieb Wildfang zu leichtem Trab an, und sie verließen die Stadt, als die ersten Sonnenstrahlen den Pfänder in sanftes Rot tauchten.
Mechthild begann, ein Lied zu summen.
Das hatte er schon lange nicht mehr gehört. Etwas schuldbewusst dachte er an ihren Sohn und den Verlauf des letzten Abends. Er drehte sich noch einmal um, als könnte der Junge ihnen tatsächlich folgen. Aber nur ein einsamer Reiter galoppierte durch die frische Morgenluft. Er achtete nicht weiter auf ihn, sondern sah auf den Weg, der über einen kleinen Holzsteg führte. Unter dem Steg floss die Ache hindurch, die in den Bergen entsprang und bei Bregenz in den Bodensee mündete. Das Wasser schimmerte in leisem Blau, und die Morgensonne ließ seine Wellen golden und rosafarben aufglitzern.
»Es ist schön, einmal von zu Hause weg zu sein, oder, Gerald?«
Er schenkte ihr einen zärtlichen Blick. »Ja, nur wir zwei, hm?«
Sie fuhren am See entlang, bis sie den Rhein erreichten, an dem sie flussaufwärts geleitet wurden zu einer alten Steinbrücke, von der es hieß, die Römer hätten sie gebaut. Danach stieg der Weg immer mehr an, und Wildfangs rasselnder Atem zwang sie zu einer langsameren Gangart.
Plötzlich hörten sie hinter sich Hufschlag. Sie drehten sich um, und Gerald erkannte den Reiter, der ihm schon hinter Bregenz aufgefallen war.
»Gott zum Gruß, Freund«, rief der Mann von seiner prächtigen Fuchsstute herab.
»Gott zum Gruß.« Gerald betrachtete ihn. Er trug ein warmes Wams und einen Hut, aus dem eine Feder ragte. »Jägersmann?«
»Wohin des Wegs?«
Gerald zögerte, aber da antwortete Mechthild schon: »Nach St. Gallen, Herr Jagdaufseher.«
»Dann trennen sich unsere Wege. Ich will nach Rorscahun. Gute Reise.« Er trieb seine Fersen in die Flanken seines Pferdes und stob davon.
»Ein freundlicher Mensch.«
Gerald zuckte mit den Schultern und trieb Wildfang noch einmal an, bis sie die Gabelung erreichten, wo der Weg nach Rorscahun abzweigte.
»Jetzt sind es noch ein paar Stunden bis St. Gallen!«, bemerkte Mechthild mit einem Blick in das bergige Gelände. »Was wollen wir der Gräfin …« Sie unterbrach sich mit einem Aufschrei. Ein zerlumpter Mann trat aus dem Schatten eines Felsens. »Heilige Muttergottes, Ihr habt mich erschreckt. Ihr
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