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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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abgeklungen.
    Wiborada streckte ihre Hand aus und berührte sanft die Rechte des Bischofs. »Ihr seid ein weiser Mann, und Ihr habt meinen Segen, Salomo.«
    »Ich danke Euch. Ihr veranlasst, dass Wendelgard mir heute noch ins Kloster folgt?«
    »Ja, und Agnes. Sie ist eine treue Seele und eine fromme Christin«, setzte sie mahnend hinzu, als sie den Blick des Bischofs auffing.
    »Ich mag sie trotzdem nicht.« Salomo grüßte sie zum Abschied und stapfte durch den tiefer werdenden Morast zum Kloster zurück.

4
     
    Wendelgard murmelte ein leises »Amen« und erhob sich hastig von den Knien, als ein Luftzug von draußen sie streifte. Agnes stand in der Tür. Ihr strenges, schmales Gesicht wurde weicher, als sie Wendelgards gefaltete Hände sah. »Der ehrwürdige Abt ist schon zum Kloster gegangen, wir sollen so bald wie möglich folgen. Bist du bereit?«
    »Oh ja!« Wendelgard sah sich noch einmal um, aber es gab nichts, das sie hätte mitnehmen können. Sie streichelte verstohlen das graue Leinen über ihrem Altar. »Es erscheint mir jedes Jahr wieder wie eine Rückkehr in ein anderes Leben, wenn ich in die alte Heimat reise. Ich kann gar nicht glauben, dass ich diesmal für zwei ganze Wochen zurückkehren soll, nicht nur für den Tag der Armenspeisung. Warst du schon einmal in Buchhorn?«
    Agnes schüttelte den Kopf. »Nein. Wozu auch? Ich habe gehört, da gibt es nichts außer ein paar Kuhställen.«
    »Das stimmt nicht!«
    »Wie gesagt, ich habe es nur gehört.«
    »Es gibt dort eine Kirche, einen Markt und eine ganz hervorragende Schänke. In der ›Buche‹ bekommst du das beste Bier in der Umgebung. Und Buchhorn ist klein, aber wunderschön! Wir haben dort die meiste Zeit selber gewohnt. Mein … verstorbener Mann hatte dort ein Anwesen, fast schon eine kleine Burg, ganz in der Nähe.«
    »Du schwelgst wieder in Erinnerungen!«
    Wendelgard senkte den Kopf, und ihre Augen, die zu leuchten begonnen ha tten, verloren ihren Glanz. »Ja, du hast recht«, sagte sie leise. »Gehen wir.«
    Sie verließen die enge Zelle und traten an Wiboradas Fenster. Die Klausnerin sah ihnen bereits entgegen. Ein seltsamer Ausdruck lag auf ihrem herben Gesicht, als sie die beiden Inklusinnen musterte. »Geht mit Gott, meine Kinder«, sagte sie, während sie ihre knotigen Hände auf die gesenkten Köpfe der beiden jungen Frauen legte. »Bleibt immer auf dem Weg, den der Herr uns vorgegeben hat, weicht nie davon ab. Gebt acht auf euch. Verhaltet euch gottesfürchtig und sittsam. Und jetzt geht zu unseren Brüdern im Gallus-Kloster. Ich bete für euch und hoffe, dass meine Gebete euch sicher zu mir zurückgeleiten. Gott mit euch.«
    » Gott sei mir dir, Wiborada«, antw ortete Agnes.
    »Gott sei mit dir«, wiederholte Wendelgard flüsternd. Sie zögerte, dann griff sie scheu nach Wiboradas Hand und presste sie an ihre Stirn und an ihre Lippen. »Ich gelobe, dass ich unserer Gemeinschaft keine Schande machen werde. Und ich danke dir …« Mit erstickter Stimme wandte sie sich ab. Durch einen Tränenschleier sah sie die hohen Klostermauern, die sie in der Ferne grüßten. Ihr Blick streifte noch einmal die Klausen und die Kirche von St. Mangen, deren Turm in die grauen Wolken zu stechen schien. Dann folgte sie Agnes durch den leichten Nieselregen den Hügel hinunter, während das Gesicht Wiboradas immer kleiner wurde. Als sie sich noch einmal umdrehte, konnte sie es schon nicht mehr erkennen.
     
    In dem verwaschenen Tageslicht kamen die Dächer des Gallus-Klosters Wendelgard vor wie die Rücken kauernder Drachen. Sie bekreuzigte sich rasch und verscheuchte den unchristlichen Gedanken, denn schließlich waren es die Dächer eines Gott geweihten Hauses, das einst der Mönch Gallus gegründet hatte.
    Ihr Herz klopfte schneller. Plötzlich musste sie wieder an Gerald und seine toten Eltern denken. »Agnes«, begann sie langsam, »du hast doch bei Mechthild die Nacht verbracht. Woran …?«
    »Sieh nur: Rauch!«
    Wendelgard unterbrach sich und folgte Agnes’ ausgestrecktem Finger. Über dem Dach eines der Gebäude kräuselte sich ein dünner Rauchfaden und verlor sich in den grauen Wolken. »Ist das auch das Kloster?«
    »Das Gästehaus. Ich nehme an, der Bischof wohnt da.«
    Ein mädchenhaftes Kichern entschlüpfte Wendelgard. »Du meinst, Abt Salomo beheizt seine Unterkunft?«
    Agnes’ Augen wurden kühl. »Sei nicht so vorlaut. Der ehrwürdige Abt ist ein strenger, asketischer Mann, der sich sicher keinem unnötigen Luxus

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