Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
Vom Netzwerk:
möchte Wendelgard sprechen«, sagte er langsam.
    Wiborada warf ihm noch einen scharfen Blick zu, dann wandte sie sich ab. Sekunden später wurde auch das Tuch in Wendelgards Zelle zurückgeschlagen. Ein totenblasses Gesicht mit Augen, die viel zu groß dafür wirkten, blickte in den strömenden Regen. Plötzlich schlug Wendelgard beide Hände vor den Mund und begann zu zittern. »Salomo!«, stammelte sie. »Ehrwürdiger Abt … verzeiht … ich …« Ihre Finger krallten sich Halt suchend um das Fenstersims.
    Einen Augenblick kämpfte auch der Bischof um Fassung. »Wendelgard, ich … ich hätte Euch beinahe nicht wiedererkannt.« Er überspielte den Moment der Verlegenheit mit einer scherzhaften Verbeugung. »Sei gegrüßt, Nichte des neuen Königs. Na«, setzte er lächelnd hinzu, »die Herzöge sind sich da wohl einig.«
    Sie blickte ihn nur stumm an.
    Sein Lächeln verflog. »Die ehrwürdige Wiborada hat mir geschrieben, dass Euch böse Träume plagen.«
    »Ja … ich …« Wendelgard fuhr sich mit beiden Händen über die Wangen, aber die Tränen wollten nicht aufhören, zu fließen.
    Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Also reden wir offen, Wendelgard. Du bist aufsässig, betest, aber ohne rechte Inbrunst …«
    »Das stimmt nicht!«
    Er lachte. »Und in dir schlummert offensichtlich immer noch die Wendelgard, die ich vor Jahren kennenlernen durfte. Wiborada war aber auch so gütig, deine derzeitigen Verfehlungen zu begründen. Ich habe auch von dem Mord an dem Schmied gehört.« Wieder machte der Bischof eine Pause, aber Wendelgard blieb stumm. Auch Wiborada wartete schweigend ab. »Ich habe beschlossen, ihn kraft meiner Amtsgewalt aufzuklären. Und wenn ich Euren Segen habe, ehrwürdige Wiborada, werde ich Wendelgard hier die Erlaubnis geben, sich bis zum Jahrestag von Udalrichs Tod in Buchhorn aufzuhalten, um der Familie beizustehen. Vielleicht können ihr Rat und ihre Kenntnis der Verhältnisse in Buchhorn mir auch nützlich sein.«
    Seine kühlen, grauen Augen richteten sich fragend auf Wiborada. Die nickte kurz. »Ihr habt meinen Segen.«
    Wendelgard stieß einen erstickten Laut aus. »Ihr meint wirklich …«
    Wiborada streckte ihren Arm durch das Fenster und malte das Zeichen des Kreuzes über Wendelgards regennasse Stirn. »Bis zum Tag der Armenspende darfst du dich in Buchhorn aufhalten. Aber vergiss nicht, dass dein Herr dort oben im Himmel wohnt, nicht hier unten auf Erden. Bete, wie du es sollst, und benimm dich, wie du es musst.«
    »Das werde ich … alles … danke, ehrwürdige Wiborada, ich danke dir von ganzem Herzen!«
    »Übertreib es nicht, Kind«, mahnte die Klausnerin milde. »Überschwang ist des Teufels.«
    Wendelgard schniefte leise und nickte.
    Der Bischof war der Szene mit einem leichten Lächeln gefolgt. »Dann ist das geklärt«, sagte er mit einem Ausdruck von Befriedigung. »Ich werde vorerst nicht mit dir nach Buchhorn reisen können, doch ich habe den Junker Ludowig von Bregenz gebeten, dich zu begleiten. Er müsste heute noch hier in St. Gallen eintreffen.«
    Beide Frauen hoben den Kopf.
    »Ludowig ist der junge Mann, der nach dem Tod des Grafen um Wendelgards Hand angehalten hat, nicht wahr?«, fragte Wiborada kühl.
    »Und den sie abgelehnt hat«, sagte der Bischof. »Ich bin sicher, dass er den Seelenfrieden unserer kleinen Inkluse nicht durcheinanderbringen wird. Nicht wahr, Wendelgard?«
    Die schüttelte stumm den Kopf.
    Wiborada biss sich auf die Lippen. »Ich vertraue Eurem Urteil, ehrwürdiger Abt«, sagte sie. »Aber ich möchte vorschlagen, dass meine Vertraute und Dienerin Agnes Wendelgard begleitet. Nur zur Sicherheit.«
    Ein belustigtes Lächeln zuckte um Salomos Mund.
    »Euer Rat ist mir teuer, Wiborada, und es soll geschehen, was Ihr sagt. So, und jetzt gehen wir nach St. Gallen, damit die Gräfin wieder wie …« Er rümpfte leicht die Nase und warf Wendelgard einen vielsagenden Blick zu.
    »… wie eine Gräfin riecht?«, fragte die junge Inkluse kleinlaut.
    »… auftritt.« Der Bischof zwinkerte. Dann faltete er die Hände und verneigte sich. »Ich danke Euch für Euren Rat, ehrwürdige Wiborada. Ihr seid eine Heilige, ich nur ein unwürdiger Mann, der mit Müh und Not und Gottes Gnade aus der Gefangenschaft von Hochverrätern entkommen ist.«
    »Das nagt noch immer an Euch? Aber Ihr seid doch entkommen, und Gott stand auf Eurer Seite.«
    »Amen.« Einen Augenblick blieb der Bischof unschlüssig stehen. Der Regen war zu einem sanften Tröpfeln

Weitere Kostenlose Bücher