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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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mit jedem Herzschlag unsicherer werden ließ. »Wendelgard, Kind«, sagte sie schließlich. Ihr Tonfall war nicht unfreundlich, aber sehr ernst. »Ich bin enttäuscht von dir!« Sie hob die Hand, als Wendelgard auffahren wollte. »Ich bin enttäuscht, weil du versuchst, mit den Wünschen der Toten meine Entscheidungen zu manipulieren. Dabei würde meine Zustimmung zu deiner Bitte nur deinem Seelenheil schaden. Lerne, die Weltlichkeit in deinem Herzen zu bekämpfen. Reiße auch die sündige Liebe zu deinem Gemahl heraus, ein für alle Mal.«
    »Aber habe ich nicht eine Verantwortung für Gerald und seine Frau?«
    »Diese Verantwortung hast du freiwillig aufgegeben, als du dich mir angeschlossen hast.«
    Wendelgard kaute an ihrer Unterlippe herum. Ein Anflug von Trotz funkelte unvermutet in ihren blauen Augen auf. »Bischof Salomo würde mir diesen Wunsch nicht versagen. Schließlich ist er nicht nur Bischof von Konstanz, sondern auch Abt von St. Gallen. Und er war ein Freund meines Mannes. Er würde mir auch nie raten, Udalrich zu vergessen und … und …« Ihre Stimme erstarb. Sie senkte den Blick.
    »Geh in dich, Kind«, befahl Wiborada ruhig.
     
    Während des gemeinsamen Abendgebetes rezitierte Wiborada zum ersten Mal seit langer Zeit keinen Psalm, sondern stimmte ein Totengebet für Gerald und Mechthild an. Sie endete mit den Worten: »Die Schuldigen zu fassen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen, ist Sache der weltlichen Macht. Sie zu beerdigen, ist die Aufgabe ihres Sohnes. Also vernimm meine Entscheidung, Wendelgard. In wenigen Wochen jährt sich der Todestag deines Mannes zum vierten Mal. Wie jedes Jahr wirst du auch in diesem nach Buchhorn gehen, um Spenden an die Armen zu verteilen. Bis dahin schließt du dich ein und schweigst.«
    »Aber ich … ja.« Wendelgard faltete die Finger krampfhaft und drückte das Kinn auf die Brust. Der dunkle Schleier verbarg ihre Züge fast vollständig. »Darf ich noch eine Bitte äußern?«
    »Sprich!«
    »Ich würde gern den Gottesdienst für Mechthild und Gerald in Buchhorn abhalten. Wenn ich da bin.«
    »Abgelehnt. Darum kümmert sich unser ehrwürdiger Bischof und Abt Salomo höchstpersönlich. Du hast deine Wahl getroffen, als du deine Zelle bezogen hast.«
    »Aber ich …«
    »Kein weiteres Wort!«
    »Doch!«
    Die übrigen Klausnerinnen hielten den Atem an. Agnes hob ruckartig den Kopf und starrte Wendelgard aus ihren klugen, dunklen Augen an. Die achtete nicht auf das Entsetzen ihrer Gefährtinnen. Mit geröteten Wangen beugte sie sich vor.
    »Bitte, versteht doch! Diese beiden Menschen dienten meinem Mann und mir all die Jahre treu und zuverlässig. Ich bin doch für sie verantwortlich.«
    »Bist du nicht!«
    »Aber Wiborada!«
    »Schweig!«
    »Ja, Ehrwürdige.« Wendelgard presste die Lippen zusammen und senkte den Blick.
    In der Nacht kehrten ihre Albträume mit nie geahnter Heftigkeit wieder. Immer wieder sah sie blutige Leiber und hörte die Todesschreie ihres Mannes, in die sich das wilde Gestammel der sterbenden Mechthild mischte. Ihre klagenden Schreie und ihr dumpfes Stöhnen gellten abwechselnd durch die kleine Klause.
    Als um Mitternacht die Klosterglocke herüberschallte und auch die Inklusinnen zum Gebet mahnte, war sie beinahe dankbar, sich von ihrem Lager quälen und vor dem Altar niederknien zu dürfen. Doch auch hier suchten die Erinnerungen und die verbotenen Wünsche sie heim.
    Der Wunsch, dass Bischof Salomo ihre Bitte erfüllen würde.
    Und Erinnerungen an Mechthilds freundliche Art, ihr Lachen, ihre schlichte Güte, an Geralds Raubeinigkeit, hinter der sich ein fürsorglicher Mann verbarg.
    Sie erinnerte sich auch vage, dass es Streit gegeben hatte, irgendetwas war mit dem jungen Gerald, dem Sohn, gewesen, der daraufhin Buchhorn verlassen hatte. Sie hatte ihren ruhigen, ausgeglichenen Udalrich kaum wiedererkannt, so wütend war er gewesen.
    »All diese Dinge würde ich klären, wenn ich nach Buchhorn gehen dürfte«, seufzte sie und lenkte den Blick aus dem schmalen Fensterchen. »Ich würde endlich für Vergebung sorgen.«
    Sie schwieg und hörte plötzlich, dass ein leichter Frühlingsregen eingesetzt hatte. Nach dem anhaltend trockenen Wetter würden die Bauern das spärliche Nass begrüßen, auch wenn es lange nicht reichte, um die Aussaat zu retten. »Dann werde ich eben um noch mehr Regen beten, Herr«, murmelte sie, ohne die Bitterkeit aus ihrem Herzen verbannen zu können. »Mehr bleibt mir ja nicht zu tun.«
    Die nächsten Tage

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