Die Herren von Buchhorn
Gürtel geb ich ihm umsonst dazu. Es ist ein schönes Stück, das Vollkommenheit verdient. Und er muss gut gewappnet sein bei dem, was ihn erwartet.«
»Was erwartet ihn denn?«, platzte Gerald heraus.
Die klaren, kleinen Augen des Alten huschten über sein Gesicht. »Kein Handel, kein Geld. Jetzt ist es ehrliche Neugier, und die will ich befriedigen. Man hört, dass Ludowig da oben nicht mehr allein ist. Dass er den Krieg gegen Weibertreu endgültig gewinnen will.«
»Du meinst die Gräfin? Sie ist Klausnerin geworden!«
Der alte Mann grinste. »Sie ist ein Weib, und das Weib ist Sünde. Du hast sie gesehen, ist sie nicht immer noch jung und frisch? Sieht der Junker sie nicht immer noch gern an?«
»Schon.« Gerald dachte an Ludowigs letzte Worte. »Er nennt sie Gräfin, nicht Inkluse.«
»Da siehst du!«, rief der Alte und rieb sich die Hände. »Hab ich es doch gewusst.«
Geralds Finger tasteten über die geraden, sauberen Nähte der Scheide. Ohne den Blick zu heben, fragte er leise: »Weißt du … weißt du auch etwas über meine Eltern?«
Der Alte schwieg. Endlich hob Gerald den Kopf und begegnete hellen blauen Augen, die ihn seltsam musterten. »Man spricht davon, dass dein Vater und du euch gehasst habt.«
»Das stimmt nicht! Es gab Streit, das ist wahr, aber …« Seine Schultern sanken herab. »Ich hab ihn geliebt.«
Der Lederer nickte langsam. »Man munkelt, dass zwei Unschuldige für einen Mord gestorben sind, den sie nicht begangen haben. Und man erzählt sich, dass vor ein paar Wochen ein sterbender Mann ins ›Grüne Felchen‹ kam. Dass Blut an seinen Händen klebte, weil er drei Männer erschlug, die ihm aufgelauert hatten. Man sagt, dass es gefährlich ist, Fragen zu stellen. Deinem Vater haben sie den Tod gebracht.«
»Ich hab keine Angst. Ich will Antworten, das bin ich meinen Eltern schuldig! Der sterbende Mann hieß Adalbert, nicht wahr? Was erzählt man sich noch? Wen hat er getötet?«
»Die Männer, die ihn verletzt haben.«
Gerald schnaubte ungeduldig durch die Nase. »Das hab ich mir schon gedacht. Wer waren sie?«
Der Lederer schwieg. Nur seine kleinen Äuglein ruhten noch immer auf Geralds erhitztem Gesicht.
»Kennst du einen Burschen namens Hilbert?«, fragte der junge Schmied endlich.
Ein Lachen blitzte über das dunkle Gesicht. »Ein Mann, der die Frauen und den Wein liebt. Du suchst ihn? Das wird schwer werden. Er ist kein Mann, der gerne still sitzt.«
»Wo finde ich ihn?«
Der Alte lachte und wedelte mit seinen langen, knotigen Fingern. »Mal hier, mal da. Im ›Felchen‹ soll er oft sein. Und …«
Gerald riss die Augen auf.
»Im Badehaus.« Der Alte lächelte belustigt. »Ja, im Badehaus kannst du ihn vielleicht treffen.«
»Danke.« Gerald nestelte die Börse auf. »Hier, für die Scheide. Es ist gute Arbeit.«
»Ich weiß. Komm wieder, wenn du etwas in Erfahrung bringst. Ich hab guten Wein, den ich gerne teile.«
Gerald warf einen Blick in die dunkle Werkstatt, die hinter dem Rücken des Alten gähnte, und die Haare an seinen Unterarm en richteten sich auf. »Ja«, sagte er. »Vielleicht.«
Ludowig erwartete Gerald bereits auf der Straße. Beim Anblick des jungen Mannes schwang er sich auf den Rücken seines Pferdes und streckte die Hand nach der Scheide aus. Ein mürrischer Ausdruck lag auf seinem Gesicht, der sich auch beim Anblick des Werkstücks nicht wesentlich aufhellte. »Endlich! Hast du handeln müssen?«
Gerald dachte an das Gespräch und hätte die Frage beinahe verneint, dann besann er sich aber anders und nickte. Er ahnte, dass es besser war, seinen Atem für den steilen Aufstieg in die Oberstadt aufzusparen.
Am späten Nachmittag erreichten sie endlich Buchhorn. Ludowig hatte auf der Hälfte des Weges einen Boten vorgeschickt, um dem Pfaffen ihre Ankunft anzukündigen. Inzwischen waren sich alle einig, dass es höchste Zeit war, die Toten zu beerdigen.
Gerald fühlte, wie sein Herz schneller schlug, als er die Spitze der hölzernen Leutkirche aufragen sah. Sie war nicht so prächtig wie St. Mangen oder die Galluskirche, auch in Rorscahun oder Bregenz hatte er bedeutendere Bauwerke gesehen, aber in diesem Augenblick wusste Gerald, dass er heimgekehrt war. Er wandte den Kopf nach dem Wagen der beiden Frauen. Wendelgard stand aufrecht da, und ihre Schultern wurden von lautlosen Schluchzern geschüttelt. Aber sie lächelte.
Einer von Ludowigs Gefolgsleuten lenkte sein Pferd an seine Seite. »Du sollst sofort zur Kirche weiterfahren. Der
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