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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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dumpfem Klatschen auf die Toten.
    »Mein Sohn … Mein Sohn!«
    »Wie?« Gerald fuhr herum und blickte in die fragenden Augen des Pfaffen.
    »Ganz Buchhorn trauert mit dir, mein Sohn. Sieh nur, sogar der Junker von Bregenz erweist deinen Eltern die letzte Ehre. Und die Gräfin … die Klausnerin Wendelgard hat selber die Nachricht an mich geschickt.«
    Gerald schüttelte heftig den Kopf. »Ehre? Das ist keine Ehre. Meine Eltern sind tot, und niemand hat ein Interesse daran, ihren Tod zu sühnen!«
    »Sühne kommt allein von Gott! Du sprichst von der irdischen Gerechtigkeit.«
    »Dann eben Gerechtigkeit.«
    Der Pfaffe legte Gerald die Hand auf die Schulter und drückte sie. »Ruh dich aus. Morgen hast du viel zu tun. Die Schmiede deines Vaters braucht dich. Komm heim, Gerald.«
    »Vielleicht.« Gerald blickte zu Wendelgard, die sich Ludowig zugewandt hatte und mit ernstem Gesicht seinen Worten lauschte. Ein paar Mal schüttelte sie heftig den Kopf, aber die meiste Zeit hielt sie den Blick auf ihre gefalteten Hände gesenkt. »Was mag in ihr vorgehen?«
    Die Augen des Pfaffen folgten Geralds Blick. »In der früheren Gräfin? Ich erkenne sie nicht wieder. Sie hat sich sehr verändert. Sag, wer ist diese Nonne neben ihr?«
    »Ich weiß nur, dass sie Agnes heißt. Warum fragt Ihr?«
    »Sie erinnert mich an jemanden, aber ich weiß nicht, an wen. Ich werde wohl alt. Es ist jedenfalls schön, dass du heimgefunden hast, Gerald, auch wenn die Umstände alles andere als schön sind. Gottes Wege sind unergründlich.«
    »Das ist wahr. Bei Wegen fällt mir etwas ein: Ist irgendjemand neu am Ort?« Er betrachtete seine Hände. »Eine Frau?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »In der ›Buche‹ vielleicht?«
    Der Pfaffe schüttelte den Kopf. »Ich halte mich nicht in der Schänke auf. Dort regiert die Sünde.« Er lächelte milde. »Ich beziehe meinen Wein vom Winzer. Du verstehst?«
    »Das Abendmahl muss christlich eingenommen werden.«
    »Du sagst es. Was die Frau angeht, so wirst du wohl selber nachsehen müssen. Da kannst du auch gleich dein Pferd abholen.«
    Gerald nickte. Zu mehr fehlte ihm die Kraft.

6
     
    »Hier schlägt kein Herz mehr«, seufzte Wendelgard und strich mit den Fingerspitzen über das dunkle Holz der Truhe, die die Reste ihrer Aussteuer beherbergte. Zwei Tage war es her, dass sie ihre alte Heimat wieder betreten hatte. Jetzt stand sie in der Kemenate des buchhornschen Stammsitzes und schlang die Arme um den Körper. Sie hatte die Zimmer nicht so groß und so zugig in Erinnerung. Zwei Tage hatten nicht ausgereicht, um sie an die Stille zu gewöhnen. Manchmal glaubte sie immer noch, jeden Augenblick Udalrichs Stimme zu hören, die zärtlich ihren Namen rief.
    »Trostlos wie immer.«
    Wendelgard sah Agnes, die mit verschränkten Armen am Fenster lehnte, unwillig an. »Du weißt nicht, wie es früher war«, rief sie. Ihr Blick streichelte das Mobiliar.
    »Und wie war es früher?«
    »Voller Leben. Aber jetzt liegt der Schatten von Mord und Tod über meinem armen Buchhorn. Udalrich und meine Kinder …« Sie biss sich auf die Lippen.
    »Udalrich ist tot.« Agnes’ Stimme klang kühl, aber nicht unfreundlich. »Und was deine Kinder angeht, so ist es vielleicht besser so. Du hast dich für dein Leben an Wiboradas Seite entschieden, nicht wahr?«
    »Ja, schon.«
    »Wenn du deine Kinder jetzt sehen würdest, würde es dich nur noch weiter vom rechten Weg abbringen.« Agnes streckte den Arm aus und berührte Wendelgards Handrücken. Die fuhr leicht zusammen. »Wendelgard, du möchtest doch nicht zurück, oder?«
    »Natürlich nicht.« Ihr Blick schweifte an Agnes vorbei aus dem Fenster. Von hier aus konnte sie Buchhorn nicht sehen. Nur die Ausläufer des Bodensees, die sich wie Silber durch den Waldrand schlängelten, schimmerten in der Ferne. »Aber ich bin doch auch eine Mutter. Was kann es schaden?«
    »Du hast selbst gesagt, dass es richtig ist!«
    »Ja, schon.« Wendelgard zog ihre Unterlippe zwischen die Zähne und nagte dran. »Aber das war vorgestern. Warum weigert sich Werinher, mir meine Kinder zu bringen?«
    »Beruhige dich!«
    »Ich bin die Ruhe selbst, Agnes. Ludowig hat den Boten gestern ausgesandt. So weit ist Werinhers Burg nicht entfernt. Warum macht er Ausflüchte? Es sind meine Kinder!«
    »Der Bote kann nichts dafür.«
    »Natürlich nicht.« Wendelgards kleine Faust trommelte ungeduldig auf den Tisch. Als sie Agnes’ hochgezogene Augenbrauen sah, ließ sie den Arm sinken. »Ich weiß, dass ich

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