Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
Vom Netzwerk:
alles hinter mir gelassen habe, aber wenn ich hier bin, sind sie plötzlich alle wieder bei mir, meine Kinder, Udalrich …«
    »Du willst einen Mann! Ist es das? Hinter all deinen Tränen, deinen Gebeten – du sehnst dich nach einem Mann!«
    Wendelgard begegnete Agnes’ anklagendem Blick. »Und du? Hast du dich nie danach gesehnt, einfach eine Frau zu sein?«
    »Nein!«
    »Ich weiß nicht, ob ich dich beneiden soll. Oder ob ich dir glauben kann.« Sie wagte einen Blick auf das Gesicht ihrer Begleiterin. Es war blass und sah in diesem Licht wie das strenge, bezaubernde Antlitz einer christlichen Märtyrerin aus.
    Sie schwiegen. Als es an der Tür klopfte, schraken beide zusammen. Wendelgards Augen leuchteten auf. »Vielleicht ist es endlich Werinhers Bote«, raunte sie. »Ja?«
    »Ich bin’s.« Die Tür wurde einen Spalt geöffnet, und Ludowigs Gesicht tauchte auf. Er lächelte breit. »Die Köchin hat das Abendessen zubereitet.«
    Wendelgard zupfte den Schleier tiefer. »Wir kommen sofort!«
     
    Eine müde flackernde Fackel erhellte ihnen den Weg über die enge Wendeltreppe, die zu den unteren Räumen führte.
    »Ich muss noch mit der Köchin sprechen«, sagte Wendelgard. »Sag Ludowig, ich komme gleich.«
    Agnes nickte und ging weiter, während Wendelgard die Küche betrat. Einen Augenblick lang stand sie unbemerkt in der Tür. »Gudrun.«
    Die Köchin drehte sich vom Feuer weg und versank in einen tiefen Knicks. »Herrin, welche Freude.«
    Wendelgard hob abwehrend die Hand. »Nicht mehr Herrin, Gudrun. Ich bin jetzt einfach nur noch Wendelgard.«
    Das Gesicht der Köchin verzog sich in missbilligende Falten, aber sie schwieg.
    »Wie ist es dir ergangen?«
    »Gut. Werinher sorgt gut für uns.«
    Plötzlich musste Wendelgard wieder an ihre Kinder denken. »Das ist schön«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Ich hoffe, du hast die Speisen karg gehalten.«
    »Wie Ihr es gewünscht habt. Wie gestern, wie vorgestern. Hirsebrei und sonst nichts, Herrin.«
    »Wendelgard.«
    Die Frau schüttelte heftig den Kopf und wischte sich die Hände ab. »Nein, Herrin, das kann ich nicht. Ihr seid meine Herrin gewesen, so wie der Graf mein Herr. Es ist nicht recht, Euch anders zu nennen. Da kann niemand was daran ändern. Auch nicht diese Nonne, die ständig ihre Nase in meine Töpfe steckt. Haltet Ihr Euch lieber an den Junker. Herrin, Ihr seid eine junge Frau, und er hat Euch schon einmal gewollt. Ihr habt nach Werinher gefragt. Er ist ein guter Mann. Niemand leidet Not, und der Verwalter, den er hier eingesetzt hat, macht seine Sache gut, aber es ist nicht gut, wenn die Kinder von der Mutter getrennt sind. Sie brauchen eine Mutter und einen Vater.«
    »Gudrun! Du willst doch nicht andeuten, dass ich meinem Gelübde untreu werden soll? Beiden Gelübden.«
    Die Köchin schnaubte. »Der Herr ist tot, und Ihr seid nicht zur Nonne geboren. Und das ist meine Meinung, und niemand bringt mich davon ab! Ich hab für den Junker ein Hühnchen geschlachtet. Es reicht, wenn Ihr ausseht wie ein Gespenst. Tüchtig auffüttern sollte man Euch. Und das ist meine Meinung.«
    Wendelgard lächelte, während sie fühlte, dass ihre Augen feucht wurden. »Wie haben sich meine Kinder gemacht?«
    »Prächtig! Nicht dass sie nicht ihre Mutter jeden Tag vermissen würden!«
    »Ich weiß«, seufzte Wendelgard. »Aber es ist zu spät, das noch zu ändern. Ich habe mein Leben Gott geweiht. Ich bin nur hier, weil ich die Erlaubnis erhalten habe, am Trauergottesdienst für Gerald und Mechthild teilzunehmen.«
    Gudrun bekreuzigte sich. »Die armen Leute. Als ich es gehört hab, hab ich es nicht glauben können. Ich glaub, es gab keinen treueren Kerl als Gerald. Ob sein Sohn hierbleiben wird?« Die Köchin warf ihrer Herrin einen forschenden Blick zu.
    »Ich weiß es nicht. Er ist ein seltsamer junger Mann.«
    »Er ist ein Rebell. Vielleicht weiß er nicht, ob er willkommen sein wird.«
    »Wendelgard!«
    Die junge Frau drehte sich zur Tür. »Ja, ich komme.«
    Sie ging in den Speisesaal, wo Ludowig und Agnes auf sie warteten. Das tiefe Schweigen, das sie begrüßte, streifte sie mit einem Hauch von Kälte. Sie zwang sich zu einem kleinen Lächeln und nahm am Kopfende der Tafel Platz. Das Essen verlief mit Banalitäten, die sich um die Führung eines Gutes und den Bauernzins drehten, für dessen Erhöhung sich Ludowig starkmachte.
    Endlich schob Wendelgard ihren halb ausgelöffelten Brei zurück und sah Ludowig in die Augen. »Ist dein Bote wirklich bei

Weitere Kostenlose Bücher