Die Herren von Buchhorn
aufgestoßen, und eine dickliche Frau mit Brüsten, die aus dem Ausschnitt quollen, baute sich auf der Schwelle auf. »Und da braucht er ausgerechnet deinen Beistand, Mönch?« Sie lachte meckernd, wobei sie schwarze Zähne entblößte.
»Sei versichert, gute Frau, wir sind nicht des Vergnügens wegen hier. Ich begleite diesen jungen Mann auf seiner Suche nach der Wahrheit.«
»Und die sucht ihr bei mir?« Ihr Tonfall klang amüsiert.
»Er sucht Hilbert.«
Das Lachen rutschte von ihrem Gesicht wie eine Maske. »Den vermaledeiten …« Sie bekreuzigte sich. »Vergib mir, frommer Bruder, ich wollte nicht lästern. Kommt mit!«
Ohne darauf zu achten, ob die beiden Männer ihr folgten, watschelte sie ins Haus. Sofort umgab sie eine Fülle fremder Geräusche und Gerüche, die den jungen Schmied beinahe schwindelig machten. Hinter schweren Vorhängen erklangen Stimmen, Scherzworte und andere, deutlichere Aufforderungen. Gerald spürte, wie sein Körper zu reagieren begann. Er warf dem Mönch einen schuldbewussten Blick zu. Eckhard schien das Lachen und Kosen gar nicht zu bemerken. Mit unbewegtem Gesicht folgte er der dicken Besitzerin. Erst das Platschen und Gluckern von Wasser, das in die hölzernen Badezuber gegossen wurde, entlockte ihm ein Schmunzeln. »Und sie stinken doch«, murmelte er.
Die Frau schnellte so rasch herum, wie man es ihr bei ihrer Fülle gar nicht zutraute. »Willst du …«
Ein Schrei gellte durch das Haus.
Geralds Hand zuckte unbeholfen zu dem Messer, das er unter dem Wams trug. »Was war das, um Gottes willen?«
Johlen und Gelächter folgten dem Schmerzenslaut.
»Ein böser Zahn, den der Medikus gezogen hat«, bemerkte Eckhard. »Hab ich recht?«
»Du kennst dich gut aus, Mönch!«, grinste die Frau und zeigte erneut ihre schwarze Mundhöhle. »Kommt hier hinauf, ihr Herren.« Die Stiege ächzte unter der dreifachen Belastung. Die beiden Männer sahen am Rücken der Wirtin vorbei in einen schmalen, dunklen Gang mit noch schmaleren Türen zu beiden Seiten. »Die Tür ganz hinten, da wohnt Berta. Da werdet ihr dann wohl auch Hilbert finden.«
»Seit wann ist er hier?«
»Ein oder zwei Tage. Er geht immer zu ihr, wenn er gerade Geld hat für … na, Ihr wisst schon.«
»Und wer ist Berta?«
Die Frau bedachte Eckhard mit einem spöttischen Blick. »Ein gottesfürchtiges Mädchen, die ich bei mir aufgenommen habe, damit sie diesen Ort der Erholung und der Ruhe noch schöner macht.«
»Also nicht des Lasters? Das freut mich zu hören.«
»Ihr findet mich unten!« Sie drehte sich schroff um.
Eckhard und Gerald warteten, bis die Treppe nicht mehr stöhnte, dann nickte der Mönch seinem Begleiter zu. Gerald straffte die Schultern und klopfte gegen die Tür. Nichts rührte sich.
»Probier es noch einmal.« Eckhards Stimme klang angespannt.
Gerald gehorchte, aber das Ergebnis war dasselbe.
»Öffne.«
Vorsichtig drückte Gerald gegen die Tür. Sie war nicht verriegelt und gab mit leisem Kreischen nach.
Es war nicht möglich, die Frau auf dem Bett zu übersehen, denn es gab keine weiteren Möbelstücke in der engen Kammer. Sie war jung, stark geschminkt und blickte sie aus weit aufgerissenen Augen an.
Und sie war nackt.
»Heilige Muttergottes!« Eckhards Worte klangen wie ein Fluch. Er stieß Gerald beiseite und ging neben der jungen Frau in die Hocke. Als er sich wieder zu Gerald umdrehte, war sein schmales Gesicht hart und verkniffen. Langsam streckte er die Rechte aus. Sie war blutig.
Gerald begann erst langsam, dann immer heftiger, den Kopf zu schütteln. »Nein!«
»Doch. Sie ist tot. Irgendjemand hat sie erschlagen. Wahrscheinlich mit einem schweren Gegenstand.« Eckhard sah Gerald an. Der junge Mann war kreideweiß. »Was ist? Hast du noch nie eine Leiche gesehen?«
»Doch. Meine Eltern.«
Ein winziges Zucken lief um Eckhards Lippen. »Das hatte ich vergessen. Verzeih. Möchtest du draußen warten?«
»Nein.«
»Gut. Dann sieh dich hier um. Vielleicht findest du etwas, das uns weiterhelfen kann.« Er hob den Arm der jungen Frau und ließ ihn wieder auf das zerknüllte Laken fallen. »Das Mädchen ist noch nicht lange tot. Eine Stunde, vielleicht zwei. Möge der Herr ihrer Seele gnädig sein. Ich frage mich nur, was aus Hilbert geworden ist.«
Gerald hielt inne. »Du glaubst nicht, dass er der Mörder ist?«
Statt einer Antwort hielt der Mönch eine schmuddelige Männerhose hoch. »Wenn er der Täter ist, warum sollte er ohne Hose wegrennen?«
Einen Augenblick lang
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