Die Herren von Buchhorn
und nippte an dem schweren Rotwein. »Er wird schon kommen.«
»Er hat die Spange bei sich! Er könnte überfallen worden sein.«
Salomo lächelte nachsichtig. »Du magst diesen Heißsporn? Gut, ich auch. Aber musst du deshalb herumlaufen wie ein Luchs im Käfig? Lass uns lieber unsere weitere Vorgehensweise besprechen.«
»Verzeiht, ehrwürdiger Abt. Ich gebe zu, ein wenig rastlos zu sein. Ich muss dauernd an die drei Reiter denken.«
»Merkst du nicht, dass du unseren Heiland nervös machst?« Salomo nickte zum Holzkreuz hinüber, das im Dunkeln hinter dem Altar hing und auf den Kirchenraum hinabblickte. »Und mich auch! Hier«, er reichte ihm den Krug, »nimm einen Schluck. Das beruhigt die Nerven.«
Eckhard hielt inne und sah den Abt an, der scheinbar gelassen auf der vordersten Bank saß. »Danke.« Er nahm einen Schluck aus dem kleinen Krug. »Wie hat Wendelgard sich eingelebt?«
Salomos rechter Mundwinkel zuckte. »Sehr gut. Vielleicht ein wenig zu gut. Ich gebe zu, sie macht mir Sorgen. Sie benimmt sich mehr und mehr als Gräfin. Und als Frau. Sie vernachlässigt sogar ihre Gebetsstunden. Und von Ludowig will ich gar nicht sprechen. Er … aber das soll dich jetzt nicht kümmern, mein Freund. Ich bin nur froh, dass Werinher auf ihre Kinder aufpasst. Ich bin noch nicht lange in Buchhorn, aber ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass sich jeder hier nach klaren Verhältnissen sehnt.«
»Wo bleibt der nur? Die Sonne ist längst untergegangen.«
Salomo schmunzelte. »Hast du mir eigentlich zugehört? Wahrscheinlich hat der Junge sich von seinem Schreck auf See noch nicht erholt. Du hast ihn selber als Landratte bezeichnet.«
»Aber eine, die hart im Nehmen ist.«
»Vielleicht hört er sich wegen der Reiter um? Aber ich gebe dir recht, er muss schon einen guten Grund haben, sich so zu verspäten.«
»Ich geh ihn suchen.«
Salomo verkorkte das Gefäß. »Bleib hier!«
Aber Eckhard hörte ihn schon nicht mehr. Er stieß das Kirchenportal auf und trat mit energischen Schritten in die Nacht hinaus. Während seine Augen sich noch an die Dunkelheit gewöhnten, war sein Gehirn schon drei Schritte voraus. Als Erstes würde er den Jungen gründlich zusammenstauchen, weil er den Bischof warten ließ, und dann … Eckhard blieb wie angewurzelt stehen und wich in den Schatten zurück, als ihm ein junges Paar Hand in Hand entgegenkam. Das Haar des Mädchens schimmerte hell im Sternenlicht.
»Gott der Herr! Ich glaube nicht, was ich sehe«, murmelte Eckhard. »Der verdammte junge Hund!« Kopfschüttelnd sah er zu, wie die beiden vor einem Haus stehen blieben. Gerald wollte die Kleine umarmen, doch sie entzog sich ihm. Sie schloss die Tür, und er blieb mit einem dämlichen Grinsen auf der Gasse stehen. Eckhard verdrehte die Augen und wäre beinahe mit einem Betrunkenen zusammengestoßen, der in Richtung des Gasthauses schwankte. Der Mönch wich wortlos aus. Er dachte schon wieder an Salomo und das bevorstehende Gespräch. Seit einiger Zeit hatte er das Gefühl, dass der Bischof Sorgen hatte. Er trank auch mehr als sonst. An dieser Stelle kehrten seine Gedanken zu dem Trunkenbold zurück. Eckhard blieb stehen und bedeckte die Augen mit der Hand.
»Herr Gott, mach, dass ich mich irre!«, flüsterte er inbrünstig und rannte zurück zum Gasthaus.
Schon von Weitem hörte er das Keuchen und Fluchen von Männern, das Stampfen und Schieben eines erbitterten Kampfes. Eckhard rannte schneller. Der offene Platz vor der ›Buche‹ war leer, doch in einer Seitengasse erkannte er die Schatten von drei Männern. Ein vierter wälzte sich stöhnend am Boden. Eckhard stieß ein kurzes Dankgebet aus, als er erkannte, dass der Verletzte nicht Gerald war. Der junge Schmied schlug sich tapfer. Seine Faust traf den einen Angreifer ins Gesicht, doch im gleichen Augenblick stürzte sich der zweite von hinten auf ihn und umschlang seinen Hals mit dem Arm.
»Gerald! Vorsicht!«, brüllte Eckhard und stürzte sich gleichzeitig auf den Mann. Seine Finger krallten sich in das fettige blonde Haar. Gleichzeitig dachte er an Hilberts Worte: »Einer war blond, der andere dunkel.«
Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Verwundete sich auf die Füße kämpfte. In seinem Oberschenkel steckte ein Messer. Er krampfte die Finger um den Griff und zerrte daran. Blut schoss aus der Wunde. Eckhard nahm all seine Kraft zusammen und riss dem Mann den Kopf in den Nacken. Mit einem Grunzen gab der Gerald frei, der sofort auf die Füße sprang. Im
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