Die Herrin der Kathedrale
solche Qualen bei der Vereinigung durchstehen musste?
»Hast du heute noch nichts gegessen?«, fragte Erna, als sie Utas Magen knurren hörte, und erhob sich erneut, um einen halben Laib Brot und ein Messer zu holen. »Obwohl …«, sie überlegte, »wir haben doch heute schon geschmorten Hasen zum Frühmahl bereitet.«
»Der Hase lag zwar auf meinem Brot, aber ich hatte keinen Hunger«, druckste Uta herum und bemerkte nicht, wie das Paar einen vielsagenden Blick austauschte.
»Gräfin, ich muss noch mal zum Nachbarn rüber«, sagte Arnold dann und stand auf. »Er wollte mir zeigen, wie ich das eine oder andere Schmiedewerkzeug zum Zerteilen großer Fleischstücke nutzen kann.«
Uta nickte kurz, sah Arnolds glutrotes Haar aufleuchten und wandte sich abrupt wieder Erna zu.
»Entschuldigt mich daher.« Arnold strich seiner Frau über den Leib und verließ die alte Schmiede mit einer Verbeugung.
»Katrina?«, fragte Erna. »Weißt du, wie eine Blume aussieht?«
Das Mädchen blickte Erna mit großen Augen an. Es schien eine Weile zu überlegen und nickte dann.
»Das ist wunderbar. So jemanden wie dich habe ich gesucht.« Erna ergriff eine Schale mit roter Flüssigkeit sowie einige andere Utensilien und ging mit Katrina ins Obergeschoss. »Diese Wiege hat Arnold für unser Kind gebaut«, erklärte sie in der zweiten Kammer. »Die Wiege sieht zwar schon sehr gut aus, aber mir fehlen noch Blumen darauf.« Erna gab dem Mädchen einen Pinsel, stellte die Farbschale vor ihm ab und zeigte auf die Außenwände des Kinderbetts. »Hier ringsherum wollen wir sie haben.«
Katrina legte den Kopf zur Seite. »Blumen«, sagte sie dann, tauchte den Pinsel in die Schale und begann zu malen.
Als Erna wieder bei Uta war, hatte die das Brot längst geschnitten. »Nun erzähl schon!«, drängte Erna und beobachtete aufmerksam, mit welchem Hunger die Freundin aß.
»Es ist alles so anders hier«, begann Uta und blickte von ihrem Brot auf. Das Talglicht warf kleine Lichtpunkte auf Ernas Nasenspitze.
Auch Erna biss hungrig in den saftigen Brotkanten. »Aber du hast Veränderungen doch immer gemocht«, erinnerte sich die Magd und reichte Uta eine zweite Scheibe Brot.
Die griff zu, hielt dann aber inne, um Erna nach kurzem Schweigen zu gestehen: »Es ist seine körperliche Nähe, die so schmerzt.«
Erna fuhr entsetzt hoch. »Schlägt er dich etwa?«
Uta schüttelte den Kopf. »Aber wenn er in mich eindringt, schmerzt es ähnlich furchtbar«, fuhr sie im Flüsterton fort.
»Ist das bei dir und Arnold auch so? Ich meine, tut es dir weh, wenn er bei dir liegt?«
Erna überlegte. »Manchmal zwickt es ein bisschen«, entgegnete sie schließlich und schaute die Treppe hinauf. »Und manchmal, wenn er länger nicht bei mir war und sich heftiger bewegt, brennt es am Morgen danach zwischen den Beinen. Aber wirklich weh tut es nicht.«
Uta biss in die zweite Brotscheibe und grübelte.
»Der Graf und du, ihr braucht vielleicht einfach Zeit, um zueinanderzufinden«, sagte Erna.
Uta schaute auf. »Du meinst, die Zeit vermag alle Wunden zu heilen? Ich soll also nur abwarten?«
Erna dachte angestrengt nach. »Als wir nach Rom gezogen sind«, sie reichte Uta einen Becher Dünnbier über den Tisch, »waren da immer diese Huren, die sich bei den Berittenen aufhielten.«
»Ich soll Huren zu Ekkehard schicken?« Uta war irritiert.
»Aber nicht doch, nein!« Erna schüttelte heftig den Kopf.
»Die Huren erzählten von einem Kraut, das Herrgottsdank oder, nein warte, Herrgottsgnade heißt. Sie tranken es aufgebrüht, weil es ihre Krämpfe während und nach der Vereinigung zu mildern vermochte.«
»Du meinst, ich könnte das auch verwenden?«, fragte Uta hoffnungsvoll und bedauerte diese Frauen im nächsten Moment unsäglich.
Erna presste die Hand vor den Mund. »Vielleicht«, fuhr sie im Flüsterton fort. »Aber frage zuerst einmal eine Kräuterkundige wegen der genauen Wirkung. Einige der Huren schienen mir ein wenig merkwürdig zu sein, fast als wären sie nicht ganz bei Verstand.«
»Dann werde ich bei den Heilkundigen im Moritzkloster nachfragen«, entschied Uta. Das Moritzkloster lag nur wenige Schritte von der neuen Burg entfernt. In ihm wirkten jene Benediktinerinnen, die den angeblich besten Honigwein in der Mark Meißen kelterten.
»Und weißt du, was noch hilft?«, fragte Erna.
Uta schüttelte den Kopf.
»Ich mache das manchmal, wenn Arnold länger braucht.« Erna kicherte. »Dann träume ich mich einfach weg. In eine große
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