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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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zu hören.
    Aribo trank einen weiteren Schluck, während sein Blick nachdenklich aus dem Fenster glitt.
    Es klopfte erneut.
    »Was gibt es?«, schrie er ungehalten und wandte den Kopf.
    In eine einfache, knielange Kutte gekleidet, betrat Wipo die Arbeitskammer. Beim Anblick des Erzbischofs schienen sich seine Augen tiefer in die Höhlen zurückziehen zu wollen.
    »Ein Schreiben aus dem Erzbistum Magdeburg, Euer Exzellenz«, rechtfertigte Wipo seine Störung und verharrte an der Tür.
    Aribos Mundwinkel zuckten kaum merklich. »Was will Humfried von uns? Seine Probleme mit den Weltlichen seines Erzbistums soll er gefälligst alleine klären!«
    »Euer Exzellenz, das Schreiben ist aus Naumburg«, entgegnete Wipo höflich. »Bischof Hildeward sendet uns eine Abschrift der päpstlichen Urkunde, die die Verlegung des Bischofssitzes von Zeitz nach Naumburg bestätigt.«
    Dann ist es wohl nicht mehr rückgängig zu machen!, ging es Aribo durch den Kopf. Die neue Kathedrale würde tatsächlich im Magdeburger Erzbistum gebaut werden. Bereits während der Kaiserreise nach Italien hatte er von dem Ansinnen des Meißener Markgrafen erfahren, eine Kathedrale bauen und dafür die Verlegung des Bischofssitzes von Zeitz nach Naumburg beim Papst erwirken zu wollen. Als nicht ungefährlich für ihn selbst, hatte Aribo dem Ansinnen damals keine weitere Beachtung geschenkt. Wie irrsinnig Hermann von Naumburg doch war, das Erbe seiner Familie für die Finanzierung eines Gotteshauses zu verschwenden. »Legt die Urkunde auf meinen Tisch, Hofkaplan«, wies er Wipo an. »Ich werde sie später in Augenschein nehmen.«
    Wipo tat, wie ihm befohlen. »Bischof Hildeward hat noch ein Begleitschreiben beigelegt, Eurer Exzellenz«, fügte er hinzu, als er bemerkte, wie der Erzbischof das Schreiben aus den Augenwinkeln heraus fixierte.
    »Nun lest schon vor und lasst Euch nicht erst bitten!«, forderte Aribo, obwohl er sich seiner Abendruhe beraubt fühlte.
    »Um die Kraft und den Glauben der Kämpfer zu stärken«, begann Wipo einige sichere Schritte vom erzbischöflichen Stuhl entfernt zu lesen, »beschloss Kaiser Konrad II . in Naumburg eine Kathedrale errichten zu lassen. Das Bauwerk soll in nur zehn Jahren mit dem Willen und der Unterstützung Gottes entstehen und der Ostgrenze dauerhaften Frieden schenken«, fuhr er fort und lächelte bei dem Gedanken an Uta von Ballenstedt, die dieses Wunderwerk entstehen sehen würde. Gleich morgen wollte er ihr einen Brief schreiben, nahm er sich vor und blickte geistesabwesend auf.
    »Und weiter?«, schnaubte Aribo.
    »Unsere Kathedrale wird durch den Schleier der heiligen Plantilla getragen, dessen Verwahrung mir übertragen wurde«, las Wipo. »Von einer Symbolkirche des Friedens sprechen die Gläubigen und von der Kathedrale der Kämpfer.« Verblüfft strich sich Wipo mit der Hand über den Schädel und las erst weiter, als der Erzbischof ihn erneut ermahnte.
    »Damit ist es dem Kaiser gelungen, Exzellenz, die Kämpfer zu stärken und die Ostgrenze unseres Reiches zu sichern. Mit der beiliegenden Abschrift der Urkunde komme ich meiner untertänigsten Pflicht nach, Eure erzbischöfliche Exzellenz über das Vorgehen in unserem Bistum zu informieren. Mit Gottes Segen mag dieser Bau die Menschen unseres Reiches noch näher an die Kirche tragen«, endete Wipo und rollte das Schreiben Hildewards wieder zusammen.
    Nach einem Moment der Stille befahl Aribo von Mainz: »Ihr könnt gehen! Und vertröstet die Geistlichen vor meiner Tür auf morgen. Ich habe im Moment Wichtigeres zu erledigen!« Mit einer Verneigung verließ Wipo die Arbeitskammer. Nachdem das Stimmengewirr vor seiner Tür verklungen war, trat Aribo, den Weinbecher in der Hand, erneut vor das pergamentlose Fenster. Er schaute auf die vom Mond beschienenen Umrisse der Kathedralruine und fuhr nachdenklich mit dem Handrücken über die Kreuzstiche seines Palliums. Die neue Kathedrale würde in diesem unbedeutenden Naumburg gebaut, eine Stadt, die er dem Kaiser nur deshalb empfohlen hatte, damit von dort das östliche Grenzgebiet des Reiches gesichert werden konnte. Dass mit dieser Symbolkirche das Ansehen der Stadt jedoch wachsen und Pilgereinnahmen sowie Handels- und Marktgelder sich vervielfachen und ins Säckel des Magdeburger Erzbistums wandern würden, hatte er keineswegs beabsichtigt. Sollte der römische Adel, der eigentliche Lenker der päpstlichen Macht, das unbedeutende Erzbistum Magdeburg etwa sogar deshalb stärken, um sich seiner, des

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