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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Wand erblickte, presste sie die Hände ehrfurchtsvoll gegen die Brust. Auf einer Wandzeichnung hinter dem Altar war ein derart leuchtend blauer Sternenhimmel dargestellt, dass man meinen konnte, die neun Stufen, die auf die Wand zuliefen, führten direkt ins Himmelreich. »Es ist wunderschön«, flüsterte Margit der fremden Schwester zu.
    Als auch Schwester Kora, Schwester Erwina und die drei anderen Naumburger Schwestern das riesige Fresko entdeckten, hielten sie entzückt inne und machten unweigerlich das Kreuzzeichen.
    »Ihr seid die Schwestern aus dem Moritzkloster, die heute Nachmittag bei uns eingetroffen sind?«, fragte die fremde Schwester mit dem schlichten Schleier.
    Nur zögerlich lösten die Naumburgerinnen ihre Blicke von der Altarwand, vor der sich gerade die mitgereisten Brüder aus dem Georgskloster erhoben.
    »Ich heiße Alwine«, setzte die Schwester mit gesenkter Stimme nach und gab den Benediktinerinnen ein Zeichen, ihr aus der Stiftskirche zu folgen.
    Als sie den Kreuzgang betraten, wandte Alwine sich den Besucherinnen zu. »Hattet Ihr eine angenehme Reise, Schwestern? Ihr müsst erschöpft sein.« Ihre Worte wurden von einem fernen Glöckchengebimmel begleitet.
    Margit wartete, bis es verklungen war, und nickte dann. Im nächsten Augenblick kam eine ältere Schwester auf sie zugelaufen.
    »Schwester Edda«, mahnte Alwine. »Ihr sollt doch nicht so schnell laufen. Ihr überanstrengt Euer Herz.«
    Die zeitweilige Stiftsoberin keuchte. »Das Mädchen ist vom Schlag erwacht und öffnet die Augen, kommt schnell!« Margit musste bei dem Gedanken, dass es in diesem Kloster auch nicht weniger emsig zuging als in ihrem, ein wenig schmunzeln.
    Alwine entschuldigte sich bei den Naumburgerinnen: »Die Krankenstation verlangt nach mir. Schwester Edda, würdet Ihr unseren Mitschwestern behilflich sein?«
    Edda keuchte noch immer und hielt sich die Brust.
    »Wird Euch schwindelig, sticht es im Herzen?«, wollte Margit besorgt wissen, während sie die alte Frau stützte.
    Edda drückte den Rücken durch und straffte die Schultern.
    »Es ist nichts Ernstes. Nur eine kurze Überanstrengung. Ich will Euch keine Arbeit machen, Schwester.«
    Erleichtert stellte Margit fest, dass das Gesicht der Schwester, die sie am Nachmittag freundlich an der Klosterpforte empfangen hatte, wieder Farbe bekam.
    »Vielen Dank«, sagte Margit dann, »dass Ihr uns für die kommende Nacht Lager gewährt.« Kora und Erwina nickten ebenfalls in Richtung der alten Frau.
    Edda atmete tief durch und lächelte. »Ihr seid die Schwestern, die den Kaiser an der Ostgrenze unterstützen und den Segen des heiligen Schleiers zu den Kämpfern bringen werden. Das wird sie stärken! Kommt, die Äbtissin erwartet Euch«, sagte Edda und führte sie zu einer Zelle am Ende des Kreuzganges, nachdem Margit ihren Naumburger Mitschwestern freie Zeit zur Kontemplation zugesprochen hatte.
    Nach einem »Herein« betrat Margit die Kammer. Äbtissin Adelheid saß hinter ihrem Schreibtisch und legte ein gesiegeltes Pergament beiseite. »Seid gegrüßt, Schwester!«
    Die Angesprochene trat auf die Äbtissin zu und schaute sich um. Die Kammer war ungewöhnlich üppig mit einer Vielzahl von ornamentalen Teppichen, Stoffen und reichem Mobiliar ausgestattet und besaß einen prächtig gehauenen Kamin, in dem es heftig feuerte. Das kleine Gebetsbänkchen an der Wand gegenüber der Tür wirkt hier drinnen schon beinahe deplaziert, dachte Margit, schalt sich aber im gleichen Moment für diesen unwürdigen Gedanken.
    »Ihr seid aus Naumburg, nicht wahr?«, begann Adelheid und erhob sich.
    »Sehr wohl, Äbtissin. Die Stadt der Kämpfer-Kathedrale.« Sofort kamen Margit die Daheimgebliebenen in den Sinn, und sie hoffte aus tiefstem Herzen, dass die Schwestern des Nachbarklosters die Krankenstation zur Zufriedenheit der Patienten unterstützen würden.
    »Ihr sprecht von der neuen Kathedrale?«, fragte Adelheid. Sie hatte bereits von dem steinernen Bauwerk gehört, das es ähnlich dem Herrn selbst vermochte, Menschen zu betören, Kämpfern Mut zu schenken und Gläubige zu beseelen – obwohl es noch gar nicht gebaut war.
    »Ja«, bestätigte Margit.
    Äbtissin Adelheid ergriff ihr Lilienszepter und trat mit zusammengekniffenen Augen vor ihren Besuch. »Stimmt es, dass Uta von Ballenstedt die Burgherrin in Naumburg ist?«, fragte Adelheid mit rauher Stimme und sprach weiter, nachdem sie einen Moment überlegt hatte. »Ihr müsst wissen, dass sie in diesen Mauern erzogen wurde

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