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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Füßen. Er streckte die Hand aus und berührte sie, um das Gefühl zu haben, etwas Reales unter den Fingern zu spüren. »Warum hat er so etwas getan?«
    »Weil er die Macht dazu hatte. Weil er ein Exempel statuieren wollte. Ich vermute, weil er ein General war, und er hatte genug Männer auf dem Feld sterben sehen, um zu wissen, dass es nur wenige Dinge gibt, die man einem Mann antun kann, die der Krieg nicht noch schlimmer anrichten könnte. Das ist die Wahrheit. Ich hatte vergessen...« Der Römer setzte sich langsam auf und blickte um sich. »Hörst du auch ein Pferd?«
    Bán hörte tatsächlich Hufschlag, irgendwo in der Ferne. Gemeinsam drehten sie sich in die Richtung um, aus der das Geräusch kam. Sekunden später tauchte silhouettenhaft eine Gestalt aus dem Wald auf, und obwohl sie noch zu weit entfernt war, um sie genau erkennen zu können, zeigten ein Banner von rotem Haar und das halsbrecherische Tempo doch so deutlich, dass diese Person Breaca war, als ob sie ihr Gesicht gesehen hätten. Der Römer erhob sich und beobachtete, wie sie näher kam. »Es ist deine Schwester«, sagte er. »Sie hat sich wieder dein graubraunes Hengstfohlen geliehen.« Er sprach betont unbekümmert, als ob die Wahl ihres Pferdes der interessanteste Punkt an ihrem Erscheinen wäre. Breaca erreichte die Ecke des Walls und ließ dem Graubraunen die Zügel. Der Hengst war der Halbbruder des Stutenfohlens, das Bán an Amminios hatte abtreten müssen. Er war zwar nicht ganz so gut wie sie, aber fast. Er galoppierte beinahe so schnell wie die graue Stute.
    »Sie ist sehr verärgert«, bemerkte der Römer. Er stand vollkommen reglos da.
    »Sie ist unglücklich. Das muss aber nicht zwangsläufig etwas mit dir zu tun haben.«
    »Und darum sind ihr auch Airmid und dein Vater gefolgt?«
    Bán blickte wieder zu den Bäumen hinüber. Airmid stand mit Luain mac Calma auf dem Feldweg. Sein Vater war nicht dabei. Das war eine Verwechslung gewesen, wie sie im letzten Monat oftmals jenen unterlaufen war, die mit seiner Familie nicht vertraut waren. Doch heute hatte das keine Bedeutung. »Das ist Luain, der Träumer. Er hatte Neuigkeiten aus Mona mitgebracht, die Breaca nicht hatte hören wollen. Und er wird sie nun ganz formell vor dem Rat vorgetragen haben, um die Zustimmung der Ältesten einzuholen.«
    Der Römer nickte geistesabwesend. »Würde deine Schwester die Versammlung vor der Abstimmung verlassen?«
    »Nein. Nach einer Abstimmung würden sie nur noch das Ergebnis diskutieren.« Bán wurde wieder übel. Unten bei den Bäumen leuchtete plötzlich etwas Goldenes im Licht der Spätnachmittagssonne auf, und Airmid drehte sich danach um, als ob jemand ihren Namen gerufen hätte. »Caradoc ist da«, sagte er.
    »Dann wird er Neuigkeiten mitbringen.« Der Römer setzte sich wieder hin. Bán blieb stehen und hob den Arm. Luain mac Calma sah es und winkte, während er in eine bestimmte Richtung zeigte. Caradoc kam zwischen den Bäumen hervor und begann den Abhang in Richtung des Eibenstamms hinaufzugehen, der den Eingang zu dem tiefer gelegenen Feld versperrte. Er rannte zwar nicht, ging aber sehr schnell; er würde nicht mehr lange brauchen, um sie zu erreichen. Die rote Stute stupste Bán sanft mit dem Maul an, doch er streckte nicht die Hand nach ihr aus, so wie er es sonst getan hätte.
    Caradoc sprang mit einer geschmeidigen Bewegung über den Baumstamm hinweg. Hail erkannte ihn und trabte freudig wedelnd den Abhang hinunter, um ihn zu begrüßen; auch der junge Krieger hatte also einen Weg gefunden, um sich mit den Hunden gut zu stellen.
    »Ich glaube...« Bán hielt inne. Was er dachte, war jetzt nicht von Bedeutung. Die Aufmerksamkeit des Römers war voll und ganz auf den Krieger konzentriert, der den Hügel heraufmarschiert kam. Corvus’ Haut, zuvor noch braun, war jetzt aschfahl, und von seinen Schläfen rann ungehindert der Schweiß herab. Seine Hände waren fest um seine Knie geschlossen. Bán versuchte zu schlucken, musste aber feststellen, dass sein Mund viel zu trocken dazu war. Seine Sinne erweiterten sich auf überwältigende Weise. Das Hämmern seines Herzens pulsierte auf beinahe betäubende Art in seinen Ohren. Die Stute grätschte die Beine, um zu urinieren, und der sonst so angenehm würzige, erdene Geruch ließ ihn diesmal würgen. Seine Haut prickelte, und er hatte das Gefühl, dass sich überall dort, wo seine Tunika ihn berührte, wunde, juckende Stellen bildeten. In dieser Welt, die plötzlich verrückt geworden war,

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