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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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die das Signal zur Wachablösung gab. Der Schmerz in seinem Kopf war schier unerträglich. Er schlug die Augen auf und sah verschwommene Schatten in trübem Dämmerlicht, doch selbst das war noch zu viel. Er legte seine Handflächen auf sein Gesicht und suchte gnädiges Vergessen in der Dunkelheit hinter seinen Lidern. Iccius kam in der Finsternis zu ihm und dann Macha. Keiner von beiden sagte ein Wort. Erinnerungen stürmten auf ihn ein; Erinnerungen an Iccius und Braxus, an den Schallkasten unterhalb der Tribünen, an das Hengstfohlen und ihrer beider Flucht in die Freiheit, an seine Gefangennahme und an das, was danach kommen musste und noch weitaus schlimmer war als jeder Kopfschmerz. Er würde jetzt eines ehrlosen Todes sterben. Er zog seine Hände wieder von den Augen und zwang sich, sich umzusehen. Sie hatten ihn weder gefesselt noch entkleidet. Er war also nicht völlig hilflos; und wenn es irgendein Mittel gab, um seinen vorzeitigen Tod herbeizuführen, dann würde er es finden. Was die Götter dachten, würde er danach herausfinden.
    Er hatte sich seinen Gürtel um den Hals geschlungen und stand gerade auf einer Kiste, um nach der Firststange des Zelts zu greifen, als sie ihn fanden. Sie waren zu dritt, zwei Gallier und ein Bataver. Er warf sich mit aller Kraft auf sie und kämpfte wie besessen, stieß mit seinen Fingern in die hellen Augen, grub seine Zähne in welches Körperteil auch immer und versetzte den Männern harte Fußtritte in die ungeschützte Leistengegend. Die ersten Schmerzensschreie ließen den Tribun herbeieilen. Er blieb auf der anderen Seite der Zeltklappe stehen. Sein Schatten fiel vor ihm auf den Boden, und seine Stimme war trocken und schneidend.
    »Civilis, er ist nur ein Junge, kein bewaffneter Mann! Halt ihn ruhig, verdammt noch mal! Wenn du ihn tötest, werde ich dir das Fell abziehen und als Zeltplane benutzen. Rufus, hör auf, den Idioten zu spielen, und nimm ihn in sicheren Gewahrsam!«
    Ihr Stolz würde ihnen nicht erlauben, nach dieser Schimpfkanonade noch weiter zu kämpfen. Civilis, der Bataver, packte Báns Handgelenke und hielt sie hinter seinem Rücken fest. Die anderen beiden Männer wickelten ihn über und über in den Umhang ein, auf dem er erwacht war, so dass er wie in einem Kokon steckte. Einer von ihnen riss ihm den Gürtel weg und schnallte ihn um seinen Körper, um die Umhüllung festzuhalten. Ein anderer trat ihm die Beine unter dem Körper weg und legte ihn flach auf den Boden.
    »Gott, müsst ihr denn unbedingt... Egal, vergesst es.« Der Tribun schnippte mit den Fingern. »Rufus, hol mir eine Lampe.«
    Die Lampe kam schnell; eine beständige, von Öl gespeiste Flamme, die sauber brannte. Der Größere der beiden Gallier schob die Zeltklappe zurück und hielt die Lampe hoch, so dass sie ringsherum ihr Licht verströmen konnte. Bán kniff die Augen zu. Die Helligkeit der Flamme brannte sich durch seinen Schädel hindurch und drang bis in die weichen Teile seines Gehirns. Er knirschte mit den Zähnen, so heftig war der Schmerz, gab aber keinen Laut von sich.
    Der Offizier trat zwischen sie und schirmte die grelle Flamme mit seinem Körper ab, dann stellte er die Lampe auf eine Kiste mit Bettzeug am anderen Ende des Zelts. Auf Lateinisch sagte er: »Lasst uns jetzt allein. Aber entfernt euch nicht zu weit. Civilis, finde heraus, was mit den Wachen passiert ist. Ich hatte den Befehl erteilt, dass er bewacht werden sollte. Stell fest, wer Dienst hatte, und kümmere dich um die Sache.«
    Bán lag auf der Seite, gefesselt und zusammengeschnürt wie ein erlegter Keiler. Der hämmernde Schmerz in seinem Kopf machte jeden klaren Gedanken unmöglich. Verzweiflung nistete sich in seiner Brust ein und drückte wie eine tonnenschwere Last auf sein Herz, schnürte ihm die Luft ab und erstickte jeden Willen zu kämpfen. Er hörte, wie der Tribun die Lampe anhob und sie dann wieder auf dem Boden abstellte. Warmes Licht flackerte vor seinen geschlossenen Lidern. Eine kühle Hand berührte seine Stirn, strich sanft durch sein Haar, und eine trockene, feste Stimme sagte auf Eceni: »Bán mac Eburovic, wirst du für mich die Augen öffnen?«
    Visionen drängten sich gewaltsam in Báns Bewusstsein hinein: ein Hirschkalb, das in dem Wald in der Nähe des Großen Versammlungshauses äste; Eburovic, der auf einer sturmumtosten Landspitze neben einem Feuer stand, das an sich schon ein Wunder war; ein nackter Mann, der im Sand kniete, mit Breacas Schlangenspeer-Klinge an seiner Kehle;

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