Die Herrin der Kelten
schütterem weizenblondem Haar und hellen Augen. Auf den ersten Blick sah er eher wie ein Mann aus, der Gefäße töpfern oder Pferdegeschirr ausbessern sollte, und er hatte sich auch mehr als einmal notgedrungen als ein solcher ausgegeben - in den Ländern Galliens und unter den Stämmen südlich des ins Meer mündenden Flusses, die sich von den Träumern und den Göttern abgewendet hatten. Auf Mona brauchte er nicht zu verbergen, wer er wirklich war, so dass Breaca, als sie jetzt unter seinem umherschweifenden Blick wartete, das gleiche Gefühl ehrfürchtiger Scheu empfand, das sie beim Anblick der aufrecht stehenden Steine der Ahnen überkam. Ein Schauder rieselte über ihr Rückgrat, und ein hoher Summton, ähnlich wie das Summen von Bienen im Sommer, nistete sich in ihren Ohren ein. Sie sah sich suchend nach Gunovic um und entdeckte ihn schließlich weit hinten auf der anderen Seite unter den Sängern. Er starrte sie direkt an. Sie lächelte, sah aber keine Reaktion auf seinem Gesicht.
Maroc gab irgendjemandem hinter ihm ein Zeichen. Zwei der angehenden Sänger schleppten ein in Leder eingehülltes Gefäß herbei und stellten es auf eine Schieferplatte auf der Träumerseite der Feuergrube. Angesichts des Gefäßes veränderte sich die Art des Schweigens in der Halle schlagartig. Breaca spürte, wie die Spannung um sie herum einen solchen Grad erreichte, dass sie der fieberhaften Erregung vor einer Schlacht glich. Keiner der anderen hatte Narben auf den Händen, die von einer Schlacht zeugten, doch jeder von ihnen hatte sich auf dem Erprobungsgelände der verschiedenen Stämme als der Beste erwiesen, und keiner war ohne ausreichende Kampferfahrung nach Mona gekommen, um nicht die Veränderung in der Luft zu spüren. Sie hielten sich bereit, so wie Hunde, die an einer Leine zerren, und jeder Einzelne empfand die gleiche atemlose Spannung wie ein Krieger in den letzten Augenblicken vor Beginn einer Schlacht, bevor die Speere geschleudert werden, wenn das Leben am süßesten ist und Briga die Luft mit Todesahnungen erfüllt. Breaca schluckte trocken und streckte unwillkürlich die Hand nach Hail aus, der gar nicht da war.
»Kriegerinnen und Krieger von Mona!« Tallas Stimme war so dünn wie ein hohler Schilfhalm. In der Luft über den Köpfen der Krieger gewann sie an Kraft und hallte von der Rückwand des Versammlungshauses wider. »Kriegerinnen und Krieger von Mona, ihr wisst inzwischen, dass Venutios, der bisher euer Anführer gewesen ist, der Bedeutendste seiner Generation, von seinem Volk in die Heimat zurückgerufen worden ist. Er geht in Ehren und mit dem Segen der Ältesten. Er hat nach seiner zehnjährigen Ausbildungszeit noch weitere zwölf Jahre lang Dienst getan, und seine Ehrengarde hat mit ihm gedient. Ihnen allen steht es jetzt frei, wieder zu ihren Stämmen zurückzukehren, aber vorher möchte er sie noch um einen letzten Dienst bitten.«
Talla wies mit einer Handbewegung auf eine Gestalt zu ihrer Rechten. Venutios stand im Schatten, und keiner hatte ihn bisher gesehen. Er hatte die formelle Kleidung des Empfangskomitees inzwischen gegen eine kurze Jagdtunika von der Farbe vertrockneten Adlerfarns vertauscht. An einer Schnur um seinen Hals hing jetzt ein aus blauem Stein gemeißelter springender Lachs, und an seiner Hüfte baumelte ein Bullenhorn. Dieses Letztere war vor allem anderen das Symbol des ranghöchsten Kriegers von Mona, das Rangabzeichen, das einen aus der Schar der Übrigen hervorhob. Man konnte sich nur schwer vorstellen, dass dieses Abzeichen bald von irgendjemand anderem getragen werden würde.
Talla begrüßte Venutios mit einem Nicken und fuhr dann fort: »Genauso wie mit dem Ratsältesten, so verhält es sich auch mit dem Anführer der Kriegerverbände - ohne diese beiden kann Mona niemals bestehen. Bevor Venutios fortgeht, muss daher also einer unter den zweitausend Kriegerinnen und Kriegern der Schule ausgewählt werden, der seine Nachfolge antreten wird. Die Auswahl erfolgt nach Gesetzen, die noch von den Ahnen stammen. Ihr braucht diese Gesetze nicht zu kennen, außer wenn sie euch direkt betreffen. Maroc wird euch die ersten Schritte erklären und euch anleiten.«
Die Ratsälteste stand jetzt nicht mehr so aufrecht da wie noch wenige Augenblicke zuvor. Maroc nahm ihren Platz am Rande der Feuergrube ein. Die Holzscheite zu seinen Füßen brannten rot glühend und warfen seinen Schatten empor, so dass er sehr viel größer wirkte, als er in Wirklichkeit war. Seine Stimme
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