Die Herrin der Kelten
wohl oder übel daran gewöhnen müssen, der Gegenstand von Klatsch, Spott und Gelächter zu sein. Sonst wird dein Stolz tagtäglich Schaden erleiden. Und was das andere angeht - du solltest dich lieber nicht nach einem solchen Tod sehnen, wie Gaius ihn seinen Opfern zufügt, solange du noch nie bei einer solchen Folterung hast zuschauen müssen. Wenn du so unbedingt sterben willst, werde ich dir eine Infusion geben, die drei Tage brauchen wird, um dich umzubringen, und du kannst von mir aus jeden Augenblick deines Todeskampfes in vollen Zügen genießen; aber nicht in der Öffentlichkeit, nicht vor den Augen derer, die dich gern haben.«
Bán hatte bitter erwidert: »Und glaubt Ihr allen Ernstes, der Kaiser würde Euch danach am Leben lassen? Oder Corvus?«
»Bedeutet er dir etwas?«
Es war eine Frage gewesen, die er nicht hatte beantworten können, auf die er auch jetzt noch keine Antwort wusste. Ein plötzlicher Luftzug von der Tür her brachte die Lampe zum Flackern und ließ einen dreifachen Schatten über die Zimmerdecke huschen. Bán hob den Kopf. Corvus stand neben dem Bett. Sein Ausdruck hatte sich verändert und auch die Art, wie er dastand. Die Maske der Verstellung, die er den Tag über hatte tragen müssen, war von ihm abgeglitten, und jetzt zeichneten sich nur noch die Spuren der Erschöpfung und der Anspannung auf seinen Zügen ab. Er holte tief Luft. »Du kannst dich entspannen«, sagte er. »Es ist vorbei.«
»Was ist vorbei?«
»Die Farce. Das eben war Civilis. Er hatte dringende Nachrichten für mich, die nicht bis morgen früh warten konnten. Er hat seinen Spürhund mitgebracht. Der Hund kann es zwar nicht mit Hail aufnehmen, aber er ist gut genug, um uns wissen zu lassen, ob die Lauscher abgelöst wurden.«
»War denn mehr als einer da?«
»Ja. Das war die Nachricht, oder zumindest ein Teil davon. Einer der freigelassenen Sklaven des Kaisers hat das Haus nebenan bei der Wachablösung verlassen. Rufus hat draußen alles überprüft. Am Fenster war noch einer, aber der ist zur gleichen Zeit gegangen. Das Dach ist flach und hat keine Aufbauten, hinter denen sich jemand verstecken könnte, und einen anderen geeigneten Ort gibt es auch nicht. Wir sind also jetzt allein, wirklich allein.« Corvus stand linkisch neben dem Bett. Drei flackernde Flammen spiegelten sich in jedem seiner Augen, machten es unmöglich, ihren Ausdruck zu entziffern. »Ich glaube nicht, dass du jetzt schon gehen solltest, aber du kannst im Morgengrauen gehen, und du brauchst auch nicht wieder zurückzukommen. Gaius reist morgen Mittag nach Rom ab. Ich bezweifle doch stark, dass er Spione damit beauftragt hat, ihm über etwas so Belangloses Bericht zu erstatten wie die Beziehung zwischen dem Kommandanten eines Kavallerieflügels und seinem Oberstallmeister.«
»Seinem was ?«
»Oberstallmeister. Adiutor equitum. Das war die andere Sache, von der Civilis mir berichtet hat. Gaius hat das gestern Abend entschieden. Du bist befördert worden. Du stehst zwar rangmäßig nicht so hoch wie ein Dekurio, aber du wirst nicht länger Wache schieben müssen, und du brauchst auch nicht mehr die Latrinengruben auszuheben. Und noch wichtiger - es bedeutet, dass du nicht länger ein Zelt mit sieben Galliern teilen musst.« Über sein Gesicht huschte ein schwaches Lächeln und etwas, das eine Entschuldigung hätte sein können. »Ich schätze, nach dieser Sache hier ist das vielleicht auch gut so.«
Bán setzte sich abrupt auf. Die Bettdecke bildete einen Wulst um seine Taille. Ihm war weh ums Herz. »Gaius wird morgen früh gleich als Erstes die Berichte seiner Spitzel lesen. Und wenn er glaubt, dass er getäuscht worden ist, wird er womöglich etwas ganz anderes verfügen. Hast du ein Messer, falls sie kommen, um uns zu holen?«
»Ja.« Es war ein Dolch, der zu Corvus’ Paradeuniform gehörte, die Klinge einen Fuß lang und auf beiden Seiten scharf geschliffen. Der Dolch hatte die ganze Zeit über auf dem gefliesten Fußboden unter dem Bett gelegen. Corvus holte ihn hervor und hielt ihn flach auf beiden Händen. »Es steht dir frei, ihn zu benutzen. Das ist schon immer so gewesen, aber wir werden ihn nicht brauchen, zumindest nicht Gaius’ wegen. Er ist nämlich die Nacht über aufgeblieben und hat auf die Berichte gewartet. Wenn er wirklich die Absicht hätte, Maßnahmen zu ergreifen, dann hätte er es inzwischen getan. Er reist morgen ab, und er würde zweifellos noch hier bleiben wollen, um zuzuschauen; er hat es noch nie
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