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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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war.
    »Würdest du ab heute bitte in meinem Zelt schlafen, Damiane«, bat Marocia eines späten Abends. »Wir lassen gleich deine Sachen holen. Sieh, es ist genug Platz für zwei Betten.«
    »Ihr meint, der König könnte . . .« Damiane traute sich gar nicht, es auszusprechen.
    Marocia nickte und stützte ihr Kinn auf die Fingerspitzen. »Zum ersten Mal seit vier Jahren wäre ich froh, wenn Alberic jetzt hier wäre. Immerhin, nachdem er wochenlang vor einem Geisterheer davongelaufen ist, hat uns ein Bote heute die Nachricht gebracht, er stehe nur noch drei Tage entfernt. Gott gebe, er wäre schon . . .«
    In diesem Augenblick unterbrach ein entsetzlicher Schrei die nächtliche Stille, gleich darauf ein weiterer, und dann erbebte die Erde unter Pferdehufen.
    Von überall preschten Sarazenen heran und drangen ins Lager. Soldaten sackten unter tödlichen Pfeilschüssen zusammen, Schwerter blitzten, Zelte brannten, Kampfgeschrei übertönte die ordnenden Rufe der Offiziere, ein schreckliches Chaos brach aus. Es gab keine Front, keine einheitliche Linie, die in lange Tücher eingehüllten Ungläubigen waren überall und jagten mit Speeren und Säbeln hinter Flüchtenden her. Wer sich ihnen entgegenstellte, den zertrampelten die Rosse.
    Marocia rannte aus ihrem Zelt. Keine Wache zu sehen. Auf dem Dach lag eine Fackel und entzündete den Stoff. »Komm schnell heraus!«, rief sie gerade noch Damiane zu, dann griff ein Reiter sie am Nacken und schleifte sie ein Stück mit, ließ sie fallen. Als sie sich wieder zurechtgefunden hatte, kniete der Sarazene neben ihr. Sie wollte fliehen, doch er hielt sie fest. Vergeblich wehrte sie sich mit ihren Händen, der Sarazene packte ihren langen Haarschopf und hielt ihn fest wie ein Tau, schrie irgendetwas Unverständliches. Sie wusste später nicht mehr, woher, aber plötzlich kam ihren verzweifelt umhertastenden Händen ein Dolch unter. Sie stieß ihn in den Oberarm des Sarazenen, der zur Seite fiel und sich auf dem Boden wälzte. Dann lief sie davon; im Qualm der brennenden Zelte verlor sie jede Orientierung.
    Schließlich fand sie hinter einer Ladung umgestürzter Wasserfässer Schutz. Scheinbar eine Ewigkeit verging, bevor es ruhiger wurde. Die Reiter verschwanden, die lauten Schreie wichen einem elenden Gewimmer. Die Ungläubigen zogen sich offenbar zurück.
    Eine Hand packte sie von hinten und half ihr aufzustehen. »So ein Zufall«, keuchte Berengar. Er war blutverschmiert und ganz offensichtlich vom Kampf erschöpft. In seiner Linken hing das Schwert kraftlos herunter.
    »Seid Ihr verletzt?«, fragte Marocia in einer Anwandlung von Mitgefühl, doch sie erhielt nie eine Antwort. Er presste sich an sie und drückte ihr einen Kuss auf. Mit Mühe stieß sie ihn von sich, schrie, doch da traf sie ein Schlag ins Gesicht. Halb benommen lag sie am Boden, zu schwach, um sich weiter zu wehren, zu bewusst, um nicht seinen feuchten, blutenden Körper auf ihrem zu spüren. Sie war in diesem Moment der Gewalt nicht in der Lage, Abscheu zu empfinden oder Hass, sie fühlte nur eine große Übelkeit in sich.
    Als er fertig war, richtete er sich auf und blickte überlegen auf sein Opfer herab. »Ich habe dir gesagt, dass ich dich kriege«, stöhnte Berengar. »Du bist nur eine Hure, wann begreifst du das endlich?«
    Er sah aus, als wolle er sie gleich anspucken, und vielleicht hätte er es auch getan, doch da schrie eine Stimme hinter ihm auf.
    »Marocia! Ein Glück, du lebst!« Von irgendwoher aus dieser infernalischen Szenerie tauchte Leon auf und stürzte auf seine Schwester zu. »Aber – mein Gott – was ist mit dir passiert? Deine Lippen . . . du blutest . . . und weinst. Und dein Kleid ist zerrissen . . . ganz verschmiert.«
    »Ich . . . Berengar hat . . .«, stammelte sie und richtete sich etwas auf. Dann begriff sie die Situation. »Nein«, korrigierte sie. »Nein, da war so ein . . . ein Sarazene, und . . . ich habe ihn . . . ein Dolch. Irgendwo muss noch der Dolch sein.«
    Berengar entrang sich in diesem Moment ein kurzer Ausruf der Verachtung. Jetzt erst bemerkte Leon die Anwesenheit des Königs, der einige Meter abseits stand, halb nackt. Und plötzlich begriff er, was vorgegangen war.
    »Du Schwein!«, rief er und stürzte mit erhobenem Schwert auf Berengar zu.

    Der herbstliche Morgendunst über dem Garigliano verschleierte die Vorgänge auf dem anderen Ufer. Vergeblich versuchten die im Lager zurückgebliebenen Wachen etwas zu erspähen. Nur das Geklirr eiserner Waffen und das

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