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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Herz pochte bis zum Hals, wie damals, als sie ihn im nächtlichen Lateran aufgesucht hatte. Noch keiner hatte je so um sie gekämpft.
    »Agipert wird . . .«, keuchte Lando. »Er wird nichts hiervon erzählen. Um eine Niederlage einzuräumen, ist er zu stolz.«
    Damit konnte er Recht haben. Wieder einmal dachte er an alles.
    »Und nun?«, fragte sie.
    Er hatte sein verwegenes Lächeln wieder gefunden, das sie so anziehend fand. »Ich konnte dich doch nicht einfach so gehen lassen, meine Katze, nach unserem Streit und dem, was du am Garigliano erlebt hast.«
    Für ihn musste dieser Satz eine andere Bedeutung haben als für sie. Er wusste vom Tod ihres Bruders, vom Sarazenenüberfall, aber nichts vom Schlimmsten.
    Ehe sie sich’s versah, ergriff er sie an den Hüften und holte sie vom Pferd. In diesem Moment war sie unsagbar glücklich. Bilder von einem Leben, wie es sein könnte, überschwemmten sie: Seite an Seite mit Lando, herrliche Tage und Nächte, die nicht vergehen sollten, Liebe selbst im Streit, gemeinsames Lachen und Leiden, vereint in Licht und Schatten, verbunden durch Kinder, durch Pläne und Kämpfe und Ziele, eine Wellenfahrt durch Jahrzehnte. Sie sah sich mit ihm auf einem Pferd reiten, in einem See kühlen, in Laken gehüllt im Bett liegen, sah sich mit ihm tanzen, mit ihm Wortgefechte liefern, mit ihm versöhnen. Nichts mehr ersehnte sie sich, als ihn nahe bei sich zu haben; dann würde alles gut werden, dann ließen die Schwierigkeiten sich ertragen. Sie wünschte sich, dass Lando sie küsste – und in diesem Moment küsste er sie.
    Aber was geschah mit ihr? Statt weiter froh und glücklich zu sein, stiegen Angst und Beklemmung in ihr hoch. Ihre Kehle schnürte sich zu, und ihre Hände versuchten, den Mann wegzustoßen, dem sie eben noch nahe sein wollte. Sie fühlte sich benutzt und gefangen. Ihr Widerstand verstärkte sich, von Ekel getrieben. Sie sah nicht mehr den Mann vor sich, den sie liebte, sie spürte nur noch Hände, Lippen, einen Körper . . .
    »Nein!«, rief sie und stieß ihn mit aller Kraft fort.
    Lando sah sie verstört an. Er verstand nichts, konnte nichts verstehen. »Bitte, Marocia, lass uns doch den dummen Streit vergessen. Es tut mir Leid, wenn ich zu weit gegangen bin.«
    Er ging einen Schritt auf sie zu, doch das versetzte sie dermaßen in Angst, dass sie den Pfad verließ und ziellos ins trockene Strauchwerk rannte.
    Lando rannte hinter ihr her. »Warte!«, schrie er. »Marocia! Was habe ich denn getan?«
    Warum blieb sie nicht stehen? Sie konnte sich selbst nicht begreifen. Ein Teil von ihr wollte sich in Landos Arme retten, sich umklammern und beschützen lassen, alles vergessen, Berengar vergessen. Doch der andere Teil war stärker, der sie vor jeder Berührung flüchten ließ, jede Nähe verabscheute und die Liebe nicht ertrug.
    Als Lando sie einholte, an beiden Schultern festhielt und ihr in die Augen blickte, meinte sie, zerbrechen zu müssen.
    »Was ist passiert?«, fragte Lando ernst.
    Sie fühlte sich elend und erschöpft, wie vor einigen Jahren, als sie das Kind verloren hatte. Sie hatte damals Rache geschworen, hatte alle Stärke gesammelt, war aber gescheitert, und Sergius war sogar daran gestorben. Johannes war Papst und vermutlich glücklicher denn je, während sie von einer Demütigung in die andere geriet. So würde es jetzt wieder sein. Sie hatte nur noch die Kraft, sich damit abzufinden.
    »Lass mich in Ruhe«, bat sie.
    »Nicht, bevor ich alles verstehe. Was habe ich getan?«
    »Nichts«, spie sie ihm entgegen. »Du hast alles richtig gemacht. Du machst ja immer alles richtig, oder? Du wolltest Alberic dumm aussehen lassen, und das ist dir geglückt. Du wolltest schlauer als Berengar sein, stärker als Agipert und vernünftiger als ich und hast alles erreicht. ‹Bleib in Capua›, hast du gemahnt und Recht behalten. Ich wollte, ich wäre in Capua geblieben.«
    »Was ist am Garigliano passiert?«, fragte er skeptisch. »Ein paar Sarazenen können dich nicht dermaßen verändert haben. Auch der Tod deines Bruders nicht. Dafür kenne ich dich zu gut. Da ist noch mehr, stimmt’s?«
    Sie konnte nicht antworten, ihr fehlte buchstäblich die Kraft dazu.
    »Ich habe vom Tod deines Vaters gehört. Ist es das?«
    Sie schwieg.
    »Hat dein Mann dich bestraft? Hat er dich geschlagen?«
    Selbst die lächerliche Vorstellung, Alberic könnte die Hand gegen sie erheben, konnte ihr keine Reaktion abtrotzen.
    »Was es auch war – es muss furchtbar für dich sein. Wenn du

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