Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
als dass so etwas gelingen könnte. Deine persönlichen Gefühle trüben dir den Verstand, das muss ich dir leider sagen.«
Sie blickte ihn immer zorniger an.
Lando bewunderte sie: funkelnde Augen, eine angespannte Stirn, ein entschlossen nach vorn gewölbter Mund, Arme, die sich trotzig in das Polster des Diwans stemmten. Sie konnte unabhängig sein und doch so zärtlich – wie eine Katze. Seit jenem warmen Juliabend in Rom, als sie erschöpft in den Gärten des pincischen Hügels lagen, ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf. Doch den schlimmsten Fehler, den man bei einer Frau wie ihr machen konnte, war, sich ihr geschlagen zu geben, ihr zu folgen wie ein Hund. Trotzdem spürte er, dass dieser heutigen Begegnung etwas fehlte, das in Rom noch vorhanden gewesen war: ein unschuldiger Zauber und das Gefühl, abseits von allem zu sein. Hier und jetzt waren sie mitten im Leben.
»Ich nehme dir deine Einstellung nicht übel, meine Katze«, sagte er ruhig. »Du bist wütend, weil meine Idee besser als deine ist und . . .«
»Das ist sie nicht . . .«
». . . und weil du es leid bist, einen devoten, frömmelnden, abergläubischen Mann zu haben. Seit Jahren versuchst du, ihn in so etwas wie einen Rebellen zu verwandeln, damit du ihn wenigstens respektieren kannst.«
Schlagartig stand sie auf. »Wir werden noch sehen, wessen Plan besser war«, sagte sie frostig. »Wenn Berengar nämlich vom Garigliano zurückkommt, wird er sich kaum von ein paar Holzpalisaden aufhalten lassen.«
»Er wird es sich dreimal überlegen, ob er seine Truppen, die hier heute eine überschwängliche Gastfreundschaft der Capuaner erleben, wenige Tage später gegen dieselben freundlichen Leute in Stellung bringen soll. Außerdem habe ich dafür gesorgt, dass die Hilfstruppen aus Salerno und Apulien, die in einer Woche hier eintreffen, von ihren Fürsten direkt meinem Kommando unterstellt werden. Du siehst, ich habe an alles gedacht.« Lando wollte nicht allzu arrogant wirken, darum fügte er noch sacht hinzu: »Ich würde mich freuen, wenn du bei mir in Capua bliebest. Mit den Sarazenen könnte es da draußen gefährlich werden und . . .«
»Danke für das Angebot«, sagte sie und stand auf. »Aber es wäre ja wohl unmöglich für mich, im gegnerischen Lager zu sein, wenn mein Mann doch noch aufkreuzt.«
Bei den vielen Leuten, die um sie herum tranken und tanzten, durfte Lando es nicht wagen, Marocia anzurühren, aber seine Augen drückten die Liebe aus, die er für sie empfand. »Bitte, Marocia, geh nicht. Ich gebe zu, selbstgefällig gewesen zu sein, aber sei deswegen jetzt nicht unvernünftig. Wir beide . . .«
Lando wurde von Marocias Bruder unterbrochen, der in diesem Augenblick zu den beiden trat. »Gut, dass du kommst«, sagte Marocia. »Ich wollte den Fürsten ohnehin gerade verlassen.«
Lando sah zu, wie sie sich von Leon wegbringen ließ. Keinen Moment wich sein Blick von Marocia, und als sie sich – bereits ein gutes Stück entfernt – noch einmal umwandte, schöpfte er Hoffnung, denn er spürte, wie Liebe und Stolz in ihr rangen. Doch sie verschwand, und Lando verfluchte den ganzen restlichen Abend lang diesen Käfig aus Politik und Gefühlen, in dem sie beide steckten.
Obwohl Lando sie noch mehrmals brieflich oder durch einen Boten gebeten hatte, in Capua zu bleiben, und obwohl auch alles dafür sprach, seiner Einladung zu folgen, zog Marocia wenig später mit dem abrückenden Heer weiter. Während des Marsches in Richtung Küste verbarg sie sich besser denn je vor dem König, und wenn sie doch einmal mit ihm zusammentraf, wandte sie ihren Kopf derart auffällig von ihm ab, dass einige der königlichen Truppenführer sehr schnell verstanden, was zwischen diesen beiden vorgefallen war. Bald witzelte das Heer hinter vorgehaltener Hand, der König verliere wohl mit zunehmendem Alter seine »Anziehungskraft«. Derartig doppeldeutige Spötteleien waren zwar geschmacklos, aber sie füllten die nervöse Leere vor einer bewaffneten Auseinandersetzung.
Die Sarazenen verschanzten sich hinter ihren gut ausgebauten Verteidigungsanlagen, und eine lange Belagerung begann. Nach vier Wochen bestand noch immer keine Aussicht auf eine Kapitulation der Ungläubigen, zudem erreichten Berengar die Nachrichten vom scheinbar unmotivierten und gegen jeden Befehl vor sich gehenden Rückzug Alberics und vom Ausbleiben der süditalienischen Hilfstruppen. Der König tobte, als er erkannte, von wem und auf welche Weise er überlistet worden
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